Ich habe bereits mehrfach die aktuelle Ausgabe des Finanztest (September 09) kritisiert. Der Finanztest schreibt darin sehr plakativ:

  • „Immobilien lohnen sich“ (Titelseite)
  • „Wohneigentümer brauchen viel Durchhaltevermögen. Auf Dauer lohnt sich der Kauf aber fast immer.“ (S. 42)
  • „Ja, die Chancen, dass sich das Eigenheim auf Dauer rechnet, ist groß.“

Ich halte den Finanztest im Allgemeinen für eine sehr gute Zeitschrift, auch der Artikel auf den Seiten 46 bis 49 über Eigentumswohnungen zum Vermieten informiert differenziert. Dennoch, und das kritisiere ich am Finanztest, wird insgesamt suggeriert (vor allem durch den Titel und die oben zitierten allgemeinen Aussagaen), dass Immobilien insgesamt eine gute Anlageform darstellen.

Das Schlimme an solch allgemeinen Aussagen besteht darin, dass sie umgehend von dubiosen Vermögensberatern nutzbar gemacht werden können. Dort wird dann schnell so argumentiert: „Der Finanztest hat ja auch berechnet, dass es sich lohnt eine Immobilie zu kaufen.“ Und schneller als man denkt, hat man sich eine Schrottimmobilie angelacht, die mit Verlusten und viel Ärger verbunden ist. Ich denke, eine so renommierte Zeitschrift wie der Finanztest hat eine sehr hohe Verantwortung und sollte zurückhaltender mit plakativen Aussagen umgehen.

Nachfolgende ARD-Reportage zeigt, wie fatal und desaströs Immobilien-Investments sein können …
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Die Finanzkrise, das ist unstrittig, hatte ihren Ausgang von Hypothekenfinanzierungen amerikanischer Immobilien. Unstrittig ist weiter, dass es politisch gewollt war, auch ärmere Bevölkerungsschichten über Kreditfinanzierungen zu Hausbesitzern zu machen.

Rätselhaft für mich ist, warum US-Banken schlechten Schuldnern eine Immobilie bis zu 100% und darüber hinaus finanzierten. Prof. Sinn vermutet, dass hier die Haftungsbeschränkung moderner Kapitalgesellschaften eine Rolle gespielt hat . Aktionäre von Bank-Aktiengesellschaften verlieren maximal ihre Einlagen, können aber nicht darüber hinaus mit ihrem sonstigen Privatvermögen zur Rechenschaft gezogen werden. Dies, so Sinn, verleitet Banken dazu, ihre Geschäfte erstens mit einem möglichst hohen Fremdkapitalhebel zu versehen und zweitens eine möglichst renditestarke und somit riskante Geschäftspolitik zu wählen. (mehr dazu hier)

Interessant ist, wie es möglich war, dass schlechte amerikanische Hypotheken das globale Finanzsystem zum Schwanken bringen konnte. Hier spielen Mortgage-Backed Securities, CDOs (collaterized debt obligations) und Kreditausfallversicherungen (engl. Credit Default Swaps) eine wichtige Rolle. Sicherlich aber auch die sehr niedrige Eigenkapitalquoten von Banken (zum Teil 2-4%).

Der nachfolgende Beitrag erklärt Geschichte und Funktionsweise US-amerikanischer Mortgage-Backed Securities

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In seinem Buch „Kasino-Kapitalismus“ erörtert Prof. Sinn den Hergang der Finanzkrise. Ein wichtiger Faktor hierbei ist, dass amerikanische Hypotheken regressfrei sind. D.h. ein amerikanischer Immobilienkäufer, der sein Häuschen fremdfinanziert, muss nur mit dieser Immobilie haften, darüber hinaus aber nicht. Ein amerikanischer Hauskäufer trägt somit weniger Risiko als beispielsweise ein deutscher Kollege. Letzterer wird im schlimmsten Fall auch mit seinem sonstigen Vermögen geradestehen müssen. (Hier mehr dazu)

Amerikanische Banken gehen bei der Vergabe von Hypothekendarlehen somit höhere Risiken ein als eine deutsches Kreditinstitut. Die Frage ist dann, warum amerikanische Banken überhaupt bereit sind, Hypotheken an Personen zu geben, die sich einen Hauskauf eigentlich nicht leisten können.

Prof. Sinn gab darauf zwei Antworten. Erstens weil amerikanische Banken seit 1995 durch eine Gesetzesnovelle von Bill Clinton gesetzlich dazu gezwungen wurden (hier mehr dazu). Und zweitens wegen der Bloos-Regel („blood out of the stone“).

Mit der Bloos-Regel ist folgendes gemeint: Wegen der Haftungsbeschränkung auf die Einlagen sind Aktionäre

  1. an einer möglichst hohen Fremdkapitalquote interessiert (um so höher ist der Hebel) und
  2. an einer möglichst riskanten Geschäftspolitik. Denn, so Prof. Sinn, alleine durch die Übernahme von Risiken steigt die zu erwartende Rendite der Aktionäre starkt. Im Zweifel sind die Fremdkapitalgeber die dummen. So lange alles in geordneten Bahnen verläuft, machen die Kapitalgesellschaften auf diese Weise bezogen aufs Eigenkapital am meisten Gewinn.

Dass Fremdkapitalgeber dieses Spiel in der Praxis überhaupt mitmachen, liegt nach Prof. Sinn daran, dass die meisten Menschen einfach nicht gut genug informiert sind, was die Banken so treiben.

Insgesamt halte ich diese Punkte für sehr interessant und aufschlussreich. Dennoch fällt es mir schwer, Prof. Sinns Argumentation 100%ig zu folgen. Irgendwo hakt es, meiner Meinung nach, noch…

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Ich habe dargelegt, dass US-Hypotheken regressfrei sind. D.h. ein amerikanischer Immobilienkäufer haftet nur mit der gekauften Immobilie, nicht aber darüber hinaus mit seinem sonstigen Privatvermögen. Dies hat zur Folge, dass seine Ertragschancen mit der Immobilie um so höher sind, je weniger er eigenes Kapital einbringt bzw. je höher die Fremdkapitalquote ist. Siehe dazu Finanzkrise Teil 1. Im Extremfall einer 100%igen Fremdfinanzierung, kann ein Amerikaner nur gewinnen, während die Bank ein erhöhtes Risiko eingeht.

Die Frage war dann: Warum lassen sich US-Banken dann überhaupt auf solche für sie schlechten Geschäfte ein?

Prof. Sinn antwortet, dass die US-Banken aus zwei Gründen mitmachen [„Kasino-Kapitalismus“, S. 118]:

  1. Wegen des gesetzlichen Zwangs resultierend aus Bill Clintons Gesetz von 1995. Siehe Finanzkrise Teil 2.
  2. Aufgrund der sog. Bloos-Regel: Da die Banken selbst nur ein Minimum an Eigenkapital einsetzen (2-8% der Bilanzsumme) haben sie eine künstliche Neigung, erhöhte Risiken einzugehen.

Mehr zur Bloos-Regel und deren Folgen in diesem Blog-Beitrag [oder bei Sinn S. 91 ff.] …

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j0305894Im letzten Blog-Beitrag habe ich dargelegt, dass US-Hypotheken regressfrei sind. D.h. ein amerikanischer Immobilienkäufer haftet nur mit der gekauften Immobilie, nicht aber darüber hinaus mit seinem sonstigen Privatvermögen. Dies hat zur Folge, dass seine Ertragschancen mit der Immobilie um so höher sind, je weniger eigenes Kapital er einbringt bzw. je höher die Fremdkapitalquote ist. Im Extremfall einer 100%igen Fremdfinanzierung (oder höher), kann ein Amerikaner nur gewinnen, während die Bank ein erhöhtes Verlustrisiko eingeht.

Die Frage war dann: Warum lassen sich US-Banken überhaupt auf solche für sie offensichtlich schlechten Geschäfte ein?

Prof. Sinn antwortet, dass die US-Banken aus zwei Gründen mitmachten [S. 118]:

  1. Wegen des gesetzlichen Zwangs resultierend aus einer Gesetzesnovelle von 1995.
  2. Aufgrund der sog. Bloos-Regel: Da die Banken selbst nur ein Minimum an Eigenkapital einsetzen (2-8% der Bilanzsumme) haben sie eine künstliche Neigung, erhöhte Risiken einzugehen.

Ich gehe zunächst auf die erwähnte Gesetzesnovelle von 1995 ein …

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Ich habe das Buch „Kasino-Kapitalismus“ von Prof. Hans-Werner Sinn über die Finanzkrise gelesen, um ein besseres Verständnis für die aktuelle Krise zu bekommen.

Das Buch von Prof. Sinn hat mich sicherlich weitergebracht, einiges ist mir aber nach wie vor nicht 100%ig klar. In den folgenden Blog-Beiträgen versuche ich verschiedene Aspekte zum Thema Finanzkrise zu beleuchten. Falls jemand etwas ergänzen oder richtig stellen möchte, freue ich mich über Kommentare.

In diesem Blog-Beitrag werde ich über die Besonderheiten US-amerikanischer Hypotheken schreiben. Insgesamt werde ich wohl  in den nächsten Tagen und Wochen 11 Beiträge zum Thema Finanzkrise veröffentlichen:

  • Teil 1: US-Hypotheken sind rgressfrei
  • Teil 2: Der Community Reinvestment Act von 1995
  • Teil 3: Die Bloos-Regel (nach Prof. Sinn)
  • Teil 4: Kritik an Prof. Sinns Erklärungen
  • Teil 5: Mortgage-Backed Securities (MBS)
  • Teil 6: Collaterized Debt Obligations (CDOs)
  • Teil 7: Bilanzregeln
  • Teil 8: Zweckgeselschaften und Hedgefonds
  • Teil 9: Chronologie der Finanzkrise (Daten und Fakten)
  • Teil 10: Zusammenfassung und Erklärungsversuch
  • Teil 11: Lehren für die Zukunft

Wie jeder weiß, hat die Finanzkrise ihren Ursprung in amerikanischen Hypothekenkrediten. Deswegen werde ich mit diesem Thema beginnen…

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Heute habe ich in der SZ gelesen, dass die Fachleute und Oekonomen darueber ueberrascht sind, wie schnell es mit der Wirtschaft in Deutschland wieder nach oben geht. Ich kann mich noch gut an den Mai 2008 erinnern. Da besuchte ich eine Veranstaltung, bei der einige sehr renommierte Volkswirte Vortraege hielten.

Damals hatte keiner geahnt, wie dramatisch sich die Situation ab September/Oktober 2008 verschlimmern wuerde. Fakt ist, dass damals fast alle (bis auf ein paar notorische Crash-Propheten) daneben lagen (und die Crash-Propheten sagen ja jedes Jahr aufs neue den Crash voraus; dass die irgendwann einmal einen Treffer haben, hat dann auch nichts mit Koennen zu tun).

Jetzt, wie gesagt, sind die Oekonomen ueberrascht, was die neueste Enticklung betrifft, genauso, wie sie vor im Herbst ueberrascht waren. Und im selbsten Atemzug scheuen sie nicht davor zurueck, Prognosen fuer die weitere wirtschaftliche Entwicklung zu geben.

Ich frage mich: Lernen diese Experten nichts dazu? Waere es nicht einfach besser zuzugeben, keine Ahnung zu haben, und sich weiterer Prognosen zu enthalten? Ich glaube, das waere uns Laien gegenueber das Ehrlichste und Fairste.

Nachfolgende ARD-Reportage berichtet darüber, wie Bankberater durch ihren Arbeitgeber regelrecht zu Falschberatungen getrieben werden. So werden Bankangestellte und Druck gesetzt, Finanzprodukte zu verkaufen, vollkommen egal, ob sie für den Kunden geeignet sind oder nicht. Ein Insider spricht über die Tricks …
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CB064942Ein guter Bekannter von mir, Herr F., reist beruflich alle paar Monate in die USA. Im Januar 2009 erzählte er mir, wie er durch einen Ort im Süden der USA gefahren ist. Fast an jedem Haus stand „For Sale“. Er dachte sich, das wird ewig dauern, bis sich diese Situation wieder bessert.

Interessant ist, was er ein paar Monate später sah …

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Im Handelsblatt gefunden: „Panikartige Käufe in Frankfurt „. Einige deutsche Großkonzerne, darunter Siemens und BASF, legten heute enttäuschende Zahlen vor. Dennoch erklommen die europäischen Börsen heute ihre bisherigen Jahreshochs.

Wieder einmal so ein Paradoxon, dass Kurse steigen trotz schlechter oder eher mäßiger Unternehmensnachrichten. Daher mein Credo: Mit Logik ist man bei der Böre verloren. 

Warum steigen dann die Kurse? Die wahrscheinlichste Antwort lautet: Die Leute kaufen Aktien, weil die Aktienkurse die Tage und Wochen zuvor bereits gestiegen sind. Das sind genau die Rückkoppelungseffekte, von denen Robert Shiller in seinem Buch „Irrationaler Überschwang“ spricht. Ich habe darüber schon einmal in meinem Beitrag „Was Börsenkurse bewegt“ geschrieben.