Finanzkrise Teil 5: Mortgage-Backed Securities (MBS)

Die Finanzkrise, das ist unstrittig, hatte ihren Ausgang von Hypothekenfinanzierungen amerikanischer Immobilien. Unstrittig ist weiter, dass es politisch gewollt war, auch ärmere Bevölkerungsschichten über Kreditfinanzierungen zu Hausbesitzern zu machen.

Rätselhaft für mich ist, warum US-Banken schlechten Schuldnern eine Immobilie bis zu 100% und darüber hinaus finanzierten. Prof. Sinn vermutet, dass hier die Haftungsbeschränkung moderner Kapitalgesellschaften eine Rolle gespielt hat . Aktionäre von Bank-Aktiengesellschaften verlieren maximal ihre Einlagen, können aber nicht darüber hinaus mit ihrem sonstigen Privatvermögen zur Rechenschaft gezogen werden. Dies, so Sinn, verleitet Banken dazu, ihre Geschäfte erstens mit einem möglichst hohen Fremdkapitalhebel zu versehen und zweitens eine möglichst renditestarke und somit riskante Geschäftspolitik zu wählen. (mehr dazu hier)

Interessant ist, wie es möglich war, dass schlechte amerikanische Hypotheken das globale Finanzsystem zum Schwanken bringen konnte. Hier spielen Mortgage-Backed Securities, CDOs (collaterized debt obligations) und Kreditausfallversicherungen (engl. Credit Default Swaps) eine wichtige Rolle. Sicherlich aber auch die sehr niedrige Eigenkapitalquoten von Banken (zum Teil 2-4%).

Der nachfolgende Beitrag erklärt Geschichte und Funktionsweise US-amerikanischer Mortgage-Backed Securities

MBS-Wertpapiere (Mortgage-Backed Securities, sprich „morgetsch …“) haben paradoxerweise ihren Ursprung in der großen Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre. Im Zuge der damaligen Krise kamen viele amerikanische Hausbesitzer mit ihren Hypotheken in Zahlungsverzug. Um massenhafte Zwangsversteigerungen zu vermeiden, griff die US-Regierung unter Roosevelt zu folgender Lösung. Sie gründete eine staatliche Organisation (namens HOLA), deren Auftrag darin bestand, Hypothekenkredite von Banken abzukaufen, um dann die Konditionen zugunsten der Hauseigentümer zu verbessern. Auf diese Weise konnten a) viele tausend Hauseigentümer vor Zwangsversteigerungen bewahrt werden, und b) Banken vor größeren Ausfällen.

Diese Organisation ging ab 1938 in die Federal National Mortgage Association über (FNMA oder auch „Fanny Mae“ genannt).

Inzwischen musste sie eine andere Aufgabe übernehmen, die mit einer Neuordnung des US-Bankensystems in den 1930er Jahren zu tun hatte. Ein Gesetz aus dem Jahr 1934 (dem McFadden Act) untersagte es Geschäftsbanken und Sparkassen, Geschäfte außerhalb einzelner US-Bundesstaaten zu betreiben. Das Ziel dieses Gesetzes war es, das US-Bankensystem weniger krisenanfällig zu machen.

Schnell merkte man aber, dass es manche Regionen der USA gab, in denen mehr Geld für die Investition in Immobilien benötigt wurde. Und andere (weiter entfernte) Regionen, die ein Überschuss an Geld zum Investieren hatten. Eine auf einen einzelnen US-Bundesstaat begrenzte Geschäftsbank konnte hier nicht für den notwendigen Kapitaltransfer sorgen. Das verhinderte das neue Gesetz.

Diese Aufgabe des Kapitaltransfers über US-Bundesgrenzen hinweg übernahm die Fannie Mae (später kamen noch Freddie Mac und Ginnie Mae dazu). Fannie Mae kaufte den Geschäftsbanken ihre Hypothekenforderungen ab, sofern sie gewisse Qualitätskriterien erfüllten. Diese Hypothekenforderungen bündelte Fannie Mae zu hypothekenbesicherten Anleihen, um sie an Investoren im ganzen Land weiterzuverkaufen. Damit waren die Mortgage-Backed Securities erfunden.

Als Deutscher fühlt man sich vielleicht an Hypothekenpfandbriefe erinnert. Der Unterschied ist jedoch, dass eine Mortgage-Backed Security so gut ist wie die Bonität der vielen kleinen Schuldner, die Bonität der emittierenden Bank spielt gar keine Rolle. Bei einem deutschen Pfandbrief hingegen steht zunächst die Bank für Zinsen und Tilgung grade. Erst wenn sie ausfällt, hat der Inhaber eines Pfandbriefs Durchgriff auf die zugrundeliegenden Hypotheken.

Anfangs übernahm der US-Staat die Garantie für dies Fannie-Mae-Anleihen, so dass sie die bestmögliche Bonität bekamen. Später wurde diese staatliche Garantie zwar abgeschafft, aber die hervorragenden Ratings blieben. Vielleicht auch wegen der restriktiven Qualitätskriterien, die Fannie Mae für Hypothekendarlehen hatte, um sie überhaupt den Geschäftsbanken abzukaufen:

  1. Die Höhe einer einzelnen Hypothek für ein Einfamilienhaus ist begrenzt (zuletzt auf 417.000 USD).
  2. Der Schuldner muss eine hohe Kreditwürdigkeit besitzen.
  3. Die Höhe des Kredits im Verhältnis zum Einkommen des Schuldners ist begrenzt.
  4. Der Schuldner muss mindestens 20% Eigenkapital mitbringen.

Die Ausfallquote solcher Kredite lag lange Zeit deutlich unter 1,0%. Und die USA können auf eine 70-jährige Tradition mit dieser Art von Anleihen zurückblicken. Von 1938 bis 2008 waren die MBS-Wertpapiere der halbstaatlichen Institutionen Fannie Mae, Freddie Mac und Ginnie Mae eine Erfolgsgeschichte.

Diesen Erfolg wollten auch die Investmentbanken der Wall Street kopieren. Da die besten Hypothekenkredite durch Fannie Mae etc. aufgekauft wurden, blieben den privaten Investmentbanken nur solche Hypotheken minderer Qualität. Aber sie griffen auf dieselbe bewährte Technik zurück: Sie bündelten Hypothekenkredite und reichten sie als MBS-Wertpapiere weiter. Weil die Qualitätskriterien hier aber deutlich niedriger waren, waren sie auch mit höheren Risiken verbunden. Dafür konnten die Investoren freilich auch höhere Zinserträge erwarten.

Damit war jedoch der erste Schritt in Richtung Intransparenz getan. Während man bei den Wertpapieren der halbstaatlichen Institute Fannie Mae etc. abschätzen konnte, was sich dahinter verbarg, war das bei den Mortgage-Backed Securities der privaten Investmentbanken kaum mehr möglich.

Eine Sache darf man natürlich nicht vergessen zu erwähnen. Warum haben Banken überhaupt Interesse daran, eigene Mortgage-Backed Securities zu emittieren? Antwort: Weil sie dabei an entsprechenden Emissionsgebühren nicht schlecht verdienen.

Weiterführende Literatur:

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