Manchmal höre ich von Anlegern: „In diesem Marktumfeld sollte man keine Aktien kaufen“ oder „Erst, wenn sich die Lage wieder entspannt hat, steige ich wieder in Aktien ein.“ Viele Menschen glauben an Timing, das heißt, dass es richtige und falsche Zeitpunkte gibt, um Aktien zu kaufen oder zu verkaufen.

Ich hingegen halte überhaupt nicht von Timing. Denn den richtigen Zeitpunkt erkennt man immer nur im Nachhinein, niemals in der Situation selbst oder im Vorhinein. Wenn man beispielsweise den Chart des DAX für die letzten 10 Jahre hat, dann kann man sehr gut Höchststände und Tiefpunkte erkennen. Anhand dieses Charts kann man sehr schön sehen, dass es sehr gut gewesen wäre, im August 2011 zu kaufen, im April 2015 zu verkaufen und wieder im März 2016 zu kaufen, etc. Man hätte immer zu den genau richtigen Zeitpunkten gekauft bzw. verkauft.

Es ist nur so: Im August 2011 war es alles andere als klar, dass die Börse wieder drehen würde und eine neue Hausse bevorstehen würde. Die meisten Anleger waren an diesem Zeitpunkt noch davon geschockt, dass der DAX von Mai bis August 2011 innerhalb von nur ein paar Monaten etwa um 25% gefallen ist. Wenn so etwas passiert, haben die meisten Menschen das Gefühl, dass der Kursverfall erst einmal ungebremst weitergeht. Und nur sehr wenige Anleger trauen sich, angesichts stark gefallener Kurse wieder mutig einzusteigen.

Und selbst die Tatsache, dass der DAX gefallen ist, ist ja für sich genommen noch kein Kaufsignal. Denn selbstverständlich können die Aktien immer noch weiter fallen.

Es ist einfach so. Wenn man in der konkreten Situation ist, weiß man schlicht nicht, ob die Aktienkurse in näherer Zukunft steigen oder fallen werden. Und dafür geben uns die jüngsten Kursentwicklungen keinerlei Anhaltpunkte. Auch wenn das Chartanalysten und andere angebliche „Experten“ immer wieder behaupten. Nein, wir müssen heute eine Anlageentscheidung treffen, und das basierend auf einem weitgehenden Nicht-Wissen über die nähere Zukunft.

Das Einzige was uns bleibt ist die Annahme, dass -langfristig- alles gut wird. Ich möchte mich einmal so salopp ausdrücken. Wenn man sich die vergangenen Marktentwicklungen ansieht, dann spricht viel dafür, dass man auf Sicht von 5-10 Jahren oder mehr, mit Aktien gute Renditen erzielen wird. Wenn man diese Annahme nicht teilt, naja, dann sollte man auch nicht in Aktien investieren.

Viel wichtiger als die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt, ist folgende Frage:

  • Was sind meine Anlageziele beim Geldanlegen?

Hierzu vielleicht zwei kleine Geschichten.

Herr X ist ein vermögender Herr, der vor ein paar Jahren zu mir in die Vermögensberatung gekommen ist. Er hatte sein Geld in Immobilien und Aktien angelegt. Die Börsenkurse verfolgte er täglich und reagierte ständig auf die Marktsituation. Die Verwaltung seiner Immobilien nahm ihm auch viel Zeit und Kraft. Nach eigener Aussage war er unzufrieden mit seinen Ergebnissen, die er an der Börse erzielte und die Immobilienverwaltung machte ihm auch zunehmend keinen Spaß mehr. Daher kam er zu mir, damit ich ihm etwas Arbeit abnehmen könnte.

Bislang lag das Augenmerk von Herrn X darauf, möglichst hohe Renditen zu erzielen. Im Zuge der Vermögensberatung stellte sich heraus, dass er aber nur eine Rendite von 2% braucht, um ohne Weiteres gut von seinem Vermögen leben zu können. Auf dieser Basis konnten wir sein Vermögen so umstrukturieren, dass es erstens risikoärmer angelegt was und zweitens deutlich weniger Arbeit verursachte.

Ein anderes Beispiel ist Frau Y. Als sie zu mir in die Vermögensberatung kommt, ist sie 35 Jahre alt, hat 70.000 Euro und kann 300 Euro im Monat ansparen. Ihr Anlageziel ist, mit 65 ein Vermögen von 700.000 Euro zu haben. Angesichts der aktuellen Börsensituation war sie stark verunsichert und war sich unsicher, ob sie risikoreich in Aktien oder sicherheitsorientiert anlegen sollte.

Rein finanzmathematisch ist es nun so, dass Frau Y ihr Anlageziel nur erreichen kann, wenn sie eine Rendite von mindestens 6% nach Steuern und Kosten erzielen wird. Letztlich bleibt Frau Y nichts anderes übrig, als aktiennah zu investieren und entsprechende Risiken einzugehen. Denn macht sie es nicht, ist eines mit Sicherheit klar: dass sie ihr Anlageziel nicht erreichen wird. Für Frau Y kommt noch hinzu, dass sie ja einen Anlagehorizont von 30 Jahren hat, so dass sie etwaige Kursrückgänge gut aussitzen kann.

In beiden Beispielen, sowohl bei Herrn X als auch bei Frau Y, spielte die aktuelle Marktlage für eine vernünftige Anlageentscheidung überhaupt keine Rolle. Vielmehr waren die jeweiligen Anlageziele entscheidend. Und genau so sollte es sein.

Viele Anleger meinen, dass sie täglich das Börsengeschehen beobachten müssen, wenn sie in Aktien einsteigen wollen. Manchmal höre ich Aussagen wie: „Ich kann nicht in Aktien investieren, weil ich nicht die Zeit habe, ständig nach den Kursen zu schauen.“

Man hat hier das Bild eines Traders vor Augen, der ständig vor dem Bildschirm sitzt, Charts und Börsennachrichten laufend überprüfend, mit einem nervösen Finger, jederzeit dazu bereit, kurzfristig und sehr schnell Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Viele meinen, dass man so am ehesten an der Börse reich wird.

Es ist wohl eher das Gegenteil der Fall. Ständig Börsenkurse zu beobachten, um ggf. schnelle Trading-Geschäfte machen zu können, ist einer der sichersten Methoden, viel Geld zu verlieren.

Daniel Kahnemann schreibt beispielsweise:

„…es ist eine sehr schlechte Idee, Aktienkurse ständig zu beobachten. Es ist das Schlimmste, was Sie machen können, weil der Mensch so empfindlich auf kurzfristige Verluste reagiert. Wenn Sie Ihr Geld jeden Tag nachzählen, machen Sie sich unglücklich.“

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen einhellig und ziemlich klar, dass Anleger, die zwanghaft die Kurse Ihrer Anlagen überwachen, die Wahrscheinlichkeit erhöhen, einen vorübergehenden Verlust oder einen vermeintlichen Trend zu bemerken und dann falsch darauf reagieren.

Es gibt ja das Sprichwort „Hin und Her macht Taschen leer“. Das bezieht sich natürlich zunächst auf die Kauf-/Verkaufgebühren, die beim ständigen Trading anfallen und sich summieren. Tatsächlich kann man dieses Sprichwort auch darauf beziehen, dass kurzfristiges, schnelles Trading schon für sich genommen nicht sinnvol ist und eher zu Verlusten als zu Gewinnen führt.

Viel zielführender hingegen ist ein Investieren mit ruhiger Hand. Langfristiges Anlegen schlägt hier ohne Frage kurzfristiges Spekulieren. Wer beispielsweise auf einen starken Kursabschwung schnell aussteigt, verpasst häufig den richtigen Zeitpunkt zum Wiedereinstieg.

Ein Kernproblem besteht auch schlicht darin, dass Börsennachrichten nicht monokausal zu verstehen sind. Damit meine ich, dass ein und dieselbe Meldung manchmal zu fallenden, manchmal zu steigenden Kursen führt. Und das kann für Anleger äußerst verwirrend sein. Man hört einmal die Meldung X und die Märkte fallen. Einige Zeit danach kommt wieder die Meldung X, als Anleger meint man, dass jetzt die Kurse wieder fallen müssten, positioniert sich vielleicht auch entsprechend. Und was passiert? Die Kurse steigen,

So schreibt Nassim Taleb in seinem Buch „Der schwarze Schwan“:

„… An einem Tag im Dezember 2003, als Saddam Hussein gefasst worden ist, verbreitet Bloomberg News um 13:01 Uhr die folgende Schlagzeile: US-STAATSANLEIHEN STEIGEN; ERGREIFUNG VON HUSSEIN WIRD DEN TERRORISMUS VIELLEICHT EINDÄMMEN…

Eine halbe Stunde später ist eine neue Schlagzeile nötig…: US-STAATSANLEIHEN FALLEN; ERGREIFUNG VON HUSSEIN STEIGERT ATTRAKTIVITÄT RISKANTER ANLAGEN.“

Leider ist das Börsengescheschehen alles andere als leicht zu verstehen. Wir können plausibel erscheinende Gründe für steigende oder fallende Kurse immer nur im Nachhinein erkennen. Im Vorhinein Entwicklungen zu prognostizieren ist, meiner Meinung nach, völlig unmöglich. Vernünftige Geldanlage jedenfalls muss versuchen, weitestgehend ohne Prognosen auszukommen.

Meiner Auffassung nach ist es ein Fehler, bei der Geldanlage ausschließlich auf Aktien bzw. Aktienfonds (oder natürlich Aktien-ETFs) zu setzen. Man erhält so ein nicht wirklich optimal strukturiertes Wertpapier-Portfolio. Und zwar optimal im Sinne eines guten Risiko-Rendite-Verhältnisses.

Viele Anleger verstehen nicht, wie wichtig eben dieses Risiko-Rendite-Verhältnis ist. Fast immer wird alleine auf die Rendite gesehen. Vergleicht ein Privatanleger zwei Fonds, dann geht es fast immer darum, welcher der beiden in einem bestimmten Zeitraum den höheren Wertzuwachs hatte.

Wie kurzsichtig diese Sichtweise ist, sieht man vielleicht an folgendem Extrembeispiel. Manchmal ist es gut, sich die Dinge anhand von Extremen klar zu machen. Nehmen wir einen Anleger A, der am 01.07.2005 ein Vermögen von insgesamt 100.000 Euro hat. Er überlegt sich, ob er dieses Geld in einen DAX-ETF gibt oder alles in die Adidas-Aktie. Da er sehr optimistisch ist, was die Adidas-Aktie betrifft, investiert er seine gesamten 100.000 Euro in diese eine Aktie. A hatte mit seiner Einschätzung recht und erzielte mit Adidas bis zum 31.12.2019 eine Rendite von 15,6% p.a. Aus seinen anfänglichen 100.000 Euro sind bis dahin 819.000 Euro geworden.

A ist deswegen der Überzeugung, dass es genau richtig war, alles auf diese eine Karte Adidas zu setzen, und auf eine Risikodiversifikation mittels eine DAX-ETFs zu verzichten. A verkennt aber, dass er schlicht Glück hatte. Auch wenn im Nachhinein alles gut gegangen ist, war es auch schon in 2005 falsch all sein Geld auf nur eine Aktie zu setzen. Das Totalverlustrisiko ist einfach viel zu hoch. Und ich denke, dass die allermeisten Anleger mir darin folgen, dass ein solche extrem einseitiges Investment ohne jegliche Risikostreuung unvernünftig ist.

Dass das so ist, sieht man auch an der jüngsten Entwicklung von Adidas. Nehmen wir an, A hätte seinem Freund Anfang 2020 empfohlen, auch alles auf Adidas zu setzen, dass hätte dieser Freund bis Ende März 2020 einen Verlust von -47% erlitten.

Rendite ist nicht alles. Das müsste eigentlich klar sein. Es kommt immer auch darauf an, mit welchem Risiko man eine bestimmte Rendite erzielt hat. Aus diesem Grunde halte ich eine Beimischung von Staatsanleihen-ETFs für sinnvoll. Man kann hier keine großen Renditen erwarten. In Crash-Zeiten hat man hier aber Sicherheit und eine Art Liquditätsreserve, – und zwar um nachkaufen zu können.

Wer nur Aktien-ETFs hat, ist in dramatischen Börsenzeiten normalerweise unfähig zu handeln. Hat man hingegen z.B. in Form von Renten-ETFs eine Reserve, dann kann man diese nutzen, um günstig neu einzusteigen.

Wie sinnvoll dies ist, zeigt das nachfolgende Rechenbeispiel. Nehmen wir einen Anleger B an, der seine 100.000 Euro so aufteilt: 50.000 Euro DAX-ETF, 50.000 Euro Renten-ETF. Nehmen wir nun eine Börsensituation an, in der der Index zunächst 20% fällt, während die Renten im Prinzip unverändert bleiben. Das DAX-ETF von B ist jetzt also nur noch 40.000 Euro wert und das Renten-ETF steht nach wie vor bei 50.000 Euro.

B beschließt nun, ein Rebalancing durchzuführen. Er hat mit einer Aktien-Renten-Quote von 50%/50% gestartet und hat jetzt aufgrund der Börsenlage eine Ist-Quote von 44,4%/55,6%. Um die ursprüngliche Quote wiederherzustellen verkauft er für 5000 Euro Renten-ETFs, um von diesem Betrag das DAX-ETF nachzukaufen.

Nach dem Rebalancing hat B also 45.000 Euro im DAX-ETF und 45.000 Euro im Renten-ETF.

Nehmen wir schließlich an, dass sich die Börsenlage wieder komplett normalisiert. D.h. der DAX ist wieder bei seinem anfänglichen Niveau. Das bedeutet, dass er 25% gestiegen ist (nicht 20%, sondern 25%, denn man rechne 100->80->100).

Die Aktienposition von B wird damit 56.250 Euro wert sein und der Renten-ETF nach wie vor unverändert bei 45.000 Euro. Insgesamt wird B somit, nach der Börsenerholung, ein Vermögen von 101.250 Euro haben. Das sind 1250 Euro mehr als am Anfang.

Das heißt: Obwohl der DAX nach dem Crash nur seinen ursprünglichen Wert wieder erreicht hat, hat B mittels des Rebalancing einen Gewinn von 1250 Euro gemacht. Hätte B all sein Geld nur in den DAX-ETF investiert, hätte er während des Crashs keine Liquidität zum Nachkaufen gehabt. Er hätte keine Rebalancing durchführen können, und wäre am Ende der Erholung einfach wieder bei +/- Null. Kein Gewinn, kein Verlust. Durch das Rebalancing konnte er aber einen Gewinn erzielen.

Meiner Meinung nach sorgt ein ausgewogenes Portfolio mit Rebalancing nicht nur zu einer besseren Risikostruktur. Es führt gerade auch in Krisensituationen zu klaren Zusatzerträgen – selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass sich die Dinge irgendwann wieder normalisieren.

Als Finanzberater oder Vermögensberater ist man in einem Dilemma. Einerseits sollte man dem Kunden gegenüber so etwas wie Sicherheit und Zuversicht ausstrahlen. Andererseits gibt es aber gerade im Finanzbereich und bei der Geldanlage nur sehr wenige Gewissheiten.

Zum ersten Punkt. Ich erlebe es immer wieder, dass die Tätigkeit eines Vermögensberaters oft einiges mit Psychologie zu tun hat. Immerhin ist für viele Menschen Geld und Vermögen ein existenzielles Anliegen, das nicht selten mit erheblichen Ängsten verbunden ist. Geld zu verlieren, bedeutet dann so viel, wie seine Lebensgrundlage zu verlieren. Der Vermögensaufbau ist eng verbunden mit so etwas wie einem langfristigen Lebensentwurf.

Insofern geht uns die Geldanlage gewissermaßen mehr unter die Haut als beispielsweise der Kauf eines Autos oder ein schöner Urlaub. Wird man bei solchen Dingen schlecht beraten, dann ist das sicherlich ärgerlich, aber gravierender ist eine Fehlberatung durch einen Vermögensberater oder Finanzberater. Normalerweise trifft es die Menschen tiefer.

Und genau deswegen wünscht man sich als Anleger gerne einen Vermögensberater, der Sicherheit ausstrahlt. Bei dem Ängste und Befürchtungen dahinschmelzen. Bei dem man das Gefühl hat, ihm einfach vertrauen zu können. Ich habe den Eindruck, dass es kaum in einer anderen Branche ein stärkeres Bedürfnis danach gibt. Und in kaum einer anderen Branche ist die Enttäuschung größer, wenn man hinterher feststellt, dass man dem Vermögensberater doch nicht vertrauen konnte, und dass die vermittelte Sicherheit nur Schein war.

Andererseits, und nun komme ich zum zweiten Punkt des Dilemmas, gibt es gerade bei der Geldanlage nur sehr wenig, was man tatsächlich mit 100%iger Gewissheit wissen kann. Keiner der noch so guten Experten weiß, wohin sich die Aktienmärkte bewegen werden, weder in den nächsten Monaten, noch in den nächsten Jahren. Niemand, auch wenn er sich noch so sehr damit beschäftigt, kann mit hinreichender Sicherheit bestimmen, welche genauen Aktien sich besonders gut entwickeln werden. Man kann noch nicht einmal die wirklich aussichtsreichsten Branchen bestimmen.

In ihrer Not greifen die (vermeintlichen) Experten dann gerne zu vergangenen Wertentwicklungen und Rating-Listen. Nach dem Motto: „Wenn der Fonds X bei Standard & Poors 5 Sterne bekommen hat, dann ist es eher unwahrscheinlich, mit diesem Fonds einen Fehlgriff zu tun.“ Oder: „Wenn sich die und die Aktie in den letzten 10 Jahren hervorragend entwickelt hat, dann müsste das doch ein Indikator dafür sein, dass das auch künftig so weitergeht.“

Das sind aber leider alles Täuschungen. Schein-Sicherheiten.

Und je größer die Not wird, umso mathematischer und angeblich wissenschaftlicher wird argumentiert. Ja, man müsse nur auf die und die Anlagestrategie achten, die sich in der Vergangenheit besonders gut bewährt hätte. Da wird mit Unternehmenszahlen um sich geschmissen, da werden Candle-Stick-Charts bearbeitet, KGVs und Dividendenrenditen werden miteinander verglichen, historische Parallelen gezogen, und so weiter und so weiter.

Letztlich werden hier Dinge gemacht, die kein Anleger mehr versteht, und der einzige Zweck besteht nur darin, den Anleger in der Schein-Sicherheit einzulullen, es hier mit „echten“ Experten zu tun zu haben, denen man vertrauen kann. Denn immerhin sprechen sie eine Fachsprache, die so kompliziert und abgehoben ist, dass darin doch nur ein tiefes Wissen verborgen sein kann.

Redet man umgekehrt offen und ehrlich mit einem Anleger, so kann es leicht sein, dass man den Anleger verunsichert. Ein ehrlicher Vermögensberater muss immer wieder zugeben, was er alles nicht mit präziser Sicherheit weiß. Er spricht von Wahrscheinlichkeiten, Ungewissheiten und Risiken. Nicht gerade beruhigend.

Es ist also kein Wunder, dass sich der eine oder andere Kunde tatsächlich wohler fühlt bei solchen Beratern, die vorgeben, Dinge zu wissen (die eigentlich niemand wissen kann). Das ist wirklich ein schwieriges Dilemma.

Viele Anleger wissen nicht, mit welchen enormen – gesetzlich vorgeschriebenen – Formalitäten Finanzdienstleistungen verbunden sind. Das gilt vor allem für die Anlageberatung und für die Vermögensverwaltung (gem. § 1 KWG). Die Absicht des Gesetzgebers ist natürlich, den Anlegerschutz zu verbessern. In der Praxis – so jedenfalls meine Erfahrung – fühlen sich viele Anleger überfordert durch die überbordende Bürokratie. So mancher Kunde hat mich schon gefragt, ob ich denn verrückt sei, ihn mit all diesen Dokumenten zu belasten. Dann muss ich sagen, dass das nicht an mir liegt, sondern an den gesetzlichen Vorschriften …

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In der Süddeutschen Zeitung vom 17.03.2014 stand ein interessanter Artikel: „Darf’s auch ein Riesenrad sein?“ (Autor: Oliver Hollenstein):

„Die Kurzfassung der Geschichte von Karl-Heinz Schneider, der aus juristischen Gründen in der Zeitung anders heißen muss als im wirklichen Leben, ist schnell erzählt. Vor 14 Jahren starb plötzlich seine Frau. Schneider musste sich allein um die beiden Söhne kümmern. Er bat seinen Bankberater, sein kleines Vermögen sicher anzulegen, um das Leben der Familie teilweise aus den Zinsen zu finanzieren. Der Berater lud ihn immer wieder zum Italiener ein, riet ihm, in Schiffe, Hochhäuser und Riesenräder zu investieren. Bombensicher sollte das sein. Am Ende verlor Schneider sein Vermögen. „

Der arme Herr Schneider ist einer von vielen Anlegern, die schmerzhaft gemerkt haben, dass man seinem Bankberater nicht blind vertrauen darf. Eigentlich schade, aber so ist es nun einmal. Wer Rat sucht in Sachen Geldanlage, sollte sich immer auch das hinterfragen, was ihm sein Berater sagt.

Und dennoch stellt sich die Frage: Wie kann man es erkennen, ob man mit einem vertrauenswürdigen Berater zu tun hat oder nicht?

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In meiner beruflichen Praxis als Anlageberater in München erlebe ich immer wieder Dinge, die mich regelrecht entsetzen.

Da kommen Anleger zu mir, die seit Jahren ihr Vermögen, wie sie meinten, professionell verwalten lassen. Das aber mit einer Gebühr von 2% p.a. und das mit Investmentfonds, die im Schnitt selbst wieder eine Kostenbelastung von 1,75 % p.a. haben. Die Anleger kommen also durchgerechnet auf 3,75 % Kostenbelastung. Bei solch unfairen Konditionen muss man sich nicht wundern, wenn am Ende für die Kunden nur Verluste entstanden sind.

Oder ein jemand anderes hat vor Jahren Kapitallebensversicherungen abgeschlossen. Sein jetziger Finanzberater rät ihm aber dazu alles zu kündigen, um mit dem Verkaufserlös in Infinus-Anlageprodukte zu investieren. Heute muss jeder um sein Geld bangen, der mit Infinus-Produkten zu tun hatte.

Immer und immer wieder erlebe ich also haarsträubend unfaire Beratung. Wie sieht faire Beratung meiner Meinung nach aus?

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Vor einigen Wochen habe ich in der Süddeutschen Zeitung einen Artikel gelesen mit dem Titel: „Mathe kann glücklich machen“ (SZ vom 27.7.13 Seite 2). Ich habe ja Mathematik studiert und freue mich naturgemäß über Zeitungsartikel, die dieses Fach positiv darstellen.

In dem Artikel wird das zwiespältige Verhältnis geschildert, das viele zur Mathematik haben. Einerseits läuft in unserer heutigen technisch-modernen Welt nichts ohne Zahlen und Formeln, auf der anderen Seite erinnern sich viele nur mit Schaudern an den Mathe-Unterricht ihrer Schulzeit. Der Autor des Artikels, der Mathematik-Professor Christian Hesse, findet es schade, dass Mathematik häufig so in der Schule gelehrt wird, dass es den Schülern keinen Spaß macht. Seiner Meinung nach ginge es auch anders.

Ich halte Mathematik auch für außerordentlich wichtig, gerade im Finanzbereich …

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Quirin Bank Honorarberatung Gewinnbeteiligung

Quirin Bank Honorarberatung Gewinnbeteiligung

Heute habe ich in Der Welt einen interessanten Artikel gelesen. Titel: „Wie Fondssparer abgezockt werden“. (S. 15) Darin wird aur eine Studie des Anaylsehauses Scope verwiesen. Scope hat den Einfluss sogenannter erfolgsabhängigen Managementgebühren bei Investmentfonds untersucht.

Viele Anleger halten es nämlich für ein gute Idee, wenn ein Vermögensverwalter oder Fondsmanager erfolgsabhängig entlohnt wird. Nach dem Motto: Wenn er gut gearbeitet hat, dann soll er auch mehr verdienen. Viele Leute glauben, dass sich durch ein solches Honorierungsmodell der Vermögensverwalter/Fondsmanager dazu motiviert wird, sich besonders anzustrengen. So dass am Ende davon – so meint man – auch der Anleger einen Mehrwert hätte. Auch ein Preismodell der Quirinbank ist erfolgsabhängig („VV-Preismodell 1 mit Erfolgsbeteiligung„). Über die Quirinbank habe ich schon einmal hier geschrieben.

In diesem Weblog habe ich bereits darauf hingewiesen, dass ein solches Vergütungsmodell lange nicht so fair ist, wie es den Anschein hat. Siehe z.B. den Artikel „Teil 3: Wie man den richtigen Vermögensverwalter findet„.

Interessant ist nun, dass die Scope-Studie meine Bedenken gegen eine erfolgsabhägige Honorierung absolut bestätigt …

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Ich habe heute in der Süddeutschen Zeitung einen Artikel auf Seite 64 gelesen. Ich zitiere:

„Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers 2008 verloren Tausende deutsche Sparer Geld, weil sie beim Kauf von Zertifikaten den Versprechen der Berater vertraut hatten …

Die Bundesregierung reagierte und stellte neue Regeln auf. Zum Schutz der Verbraucher müssen Bankberater heute ein Beratungsprotokoll ausfüllen. Kunden erhalten Beipackzettel, in denen die Finanzprodukte beschrieben sind. Hat das alles besser gemacht? ‚Da hat sich seit der Finanzkrise nichts verbessert, die Banken verdienen Geld auf Kosten ihrer Kunden, die ihnen vertrauen‘, klagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentale Baden-Württembert. Jeden Tag würden ihm neue Fälle schlimmsten Beratungsversagens vorgelegt. Berater rieten Kunden, alte Verträge zu kündigen und neue Verträge abzuschließen. Dabei würden lukrative Provisionen fällig …“

Erstaunlich ist, dass die Bürokratie (in Form von Beratungsprotokollen oder Beipackzetteln) immer größer wird, der Nutzen aber gegen Null geht. Und anstatt über die wahren Ursachen der schlechten Qualität in der Finanzberatung nachzudenken, wird nach immer mehr Bürokratie geschrien. Ist das nicht seltsam?

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