Wert und Werte

Family cuddling.Eben gelesen in dem Buch des Topp-Managers Ulrich Hemel: „Wert und Werte. Ethik für Manager – Ein Leitfaden für die Praxis„:

„Gute Unternehmen schaffen Wert, und wenn sie nicht nur ökonomischen, sondern auch ethischen Mehrwert schaffen, verbinden sie Wert und Werte. Es ist schließlich kein Zufall, dass in vielen Sprachen Wert und Werte im gleichen Wortsinn sowohl auf den wirtschaftlichen wie auch auf den ethischen Bereich verweisen. Dass es hier Gefährdungen und Risiken gibt, weiß jeder. Dennoch lohnt es sich, gerade in Zeiten großer wirtschaftlicher Umwälzungen die Frage nach Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit, Vertrauen und persönlicher Ver-antwortung zu stellen.“

Ja, das denke ich auch. Gerade als Finanzdienstleister sollte man immer beides im Blick haben. Erstens für seine Kunden einen wirtschaftlichen Mehrwert zu generieren. Und zweitens spielen moralische, ethische Werte eine wichtige Rolle. Für mich zählen vor allem:

  • Ehrlichkeit
  • Respekt und Höflichkeit
  • Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit
  • Hilfsbereitschaft.

Das Ergebnis ist eine starke, vertrauensvolle Kundenbeziehung. Und natürlich macht die Arbeit mehr Spaß, wenn man mit sich selbst im Einklang ist.

1 Kommentar
  1. TÜLAI
    TÜLAI sagte:

    Lieber Herr Peterreins,

    zum Buch „Fairness und Vertrauen in der Finanzberatung“, dessen Mitautor Sie sind, steht auf der Amazon-Seite die Kurzbeschreibung:
    „In drei Teilen gibt es Denkanstöße zu einem ethischen, … Umgang mit Kunden.“

    Auch in mehreren Ihrer eigenen Beiträge geben Sie zu erkennen, dass Ihnen an Ethik liegt. Zum Beispiel im Beitrag „Wert und Werte“ vom 04. August 2009:
    „Gerade als Finanzdienstleister sollte man immer beides im Blick haben. Erstens für seine Kunden einen wirtschaftlichen Mehrwert zu generieren. Und zweitens spielen moralische, ethische Werte eine wichtige Rolle. Für mich zählen vor allem:
    Ehrlichkeit, Respekt und Höflichkeit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, Hilfsbereitschaft.
    … Und natürlich macht die Arbeit mehr Spaß, wenn man mit sich selbst im Einklang ist.“

    Ich habe keinen Zweifel an Ernst und Aufrichtigkeit Ihrer Aussagen. In der Sache sehe ich eine Vielzahl schwerwiegender, ernster Probleme, die niemand gelöst hat.

    Um der Sache nach zweierlei Verschiedenes leichter auseinanderzuhalten, will ich dafür zwei verschiedene Ausdrücke verwenden:
    1.) Ich verwende den Ausdruck „Moralität“ so, dass er eine Lebensführung bezeichnet, die tatsächlich bestimmte, selber für richtig befundene Handlungsregeln im Umgang mit Mitmenschen befolgt.
    2.) Der Ausdruck „Ethik“ soll dagegen ein Nachdenken (=Reflektieren) beziehungsweise eine Theoriebildung über richtige, rechtfertigbare, verallgermeinerbare Regeln der Lebensführung bezeichnen.
    Man hätte die beiden Ausdrücke ebenso gut genau umgekehrt definieren können. Es kommt mir nur darauf an, einen Unterschied in der Sache kenntlich zu machen.
    Moralität und Ethik können in einer Person zusammen vorkommen, brauchen es aber nicht:
    Es ist gut möglich, dass eine Person hoch moralisch handelt, ohne auf Nachfrage ihre Grundsätze sprachlich / begrifflich gut erklären zu können.
    Umgekehrt kann es sein, dass jemand eine konsistente (= widerspruchsfreie), überzeugende Ethik entwickelt, die eigenen Regeln aber nicht befolgt.
    3.) Empörung ist weder Moralität noch Ethik. Aufrichtige, echte Empörung kann jedoch eine starke Triebfeder zum Nachdenken über die eigene Lebensführung und über gängige Handlungsweisen von Menschen sein.

    In Mathematik und mathematischer Logik lernt man, abstrakt zu denken. Man sieht bei der Behandlung von Fragestellungen ganz absichtsvoll von konkreten Inhalten ab. Zum Beispiel stehen Buchstaben als Variable für einzelne Zahlen. Im vorsätzlichen Außerachtlassen der konkreten Inhalte besteht ja gerade die Leistungsfähigkeit und allgemeine Reichweite dieser Methode. Anstatt nur einen einzelnen Fall zu bedenken, behandelt man eine unbegrenzte Anzahl strukturgleicher Fälle mit derselben Formel.
    Wenn man in solchen formalen Disziplinen ausgebildet und trainiert ist, dann fällt es leicht, diese Betrachtungsweise auf Aufgaben der Finanzplanung und Vermögensverwaltung zu übertragen:
    Das Ansparen einer Altersvorsorge nimmt die Gestalt eines Optimierungsproblems an. Es gilt, das individuell (= pro Mandantin) optimale Verhältnis zwischen erwartbarer Rendite und dafür einzugehendem Risiko zu finden. Dadurch schafft man für die Mandantin einen wirtschaftlichen Mehrwert. Insofern ist es moralisch im direkten Verhältnis gegenüber der Mandantin.

    Andererseits hat man bei der Auswahl der Investitionsobjekte inhaltliche Fragen völlig außer Acht gelassen:
    Die folgenden Punkte sind gleichermaßen Probleme für eine gelebte Moralität wie für eine Suche nach umfassenden, gerechtfertigten Handlungsprinzipien im Umgang miteinander:

    a.) Will man in Unternehmen investieren, die in der Rüstungsproduktion tätig sind?
    Ich konnte nicht einmal herausfinden, wieviel Prozent seines Jahresumsatzes Daimler mit Rüstungsprodukten erzielt:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Daimler_AG#Kritik
    http://www.wir-kaufen-keinen-mercedes.de/dokumente/Dokumentation-Tognum-Ruestungsprodukte-April-2010.pdf
    Wieviel schwieriger ist die Einschätzung von Unternehmen der Schwellenländer?

    b.) Wie behandelt ein Unternehmen seine Mitarbeiter?
    Beispiel: Einige Selbsttötungen bei Foxconn, das in Südchina unter anderem für Apple, DELL; Hewlett Packard und Acer fertigt. Oft erfährt man erst verzögert von solchen Ereignissen. Wie man Medienberichte darüber einschätzen soll, ist selber ein Problem:
    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32698/1.html
    Soll man nun Aktien und Anleihen von Foxconn verkaufen?

    c.) Sind die derzeitige Ausprägung des Finanzkapitalismus und die Globalisierung überhaupt langfristig im Weltmaßstab für die Mehrheit der einbezogenen Einzelmenschen und Gesellschaften gedeihlich? Sind sie naturverträglich (nachhaltig)? Niemand weiß es letztlich. Das eigene Urteil gerät zur Willkürentscheidung. Soll man sich im Zweifelsfall mit weltweitem Geldanlegen darauf einlassen, weil nichts eindeutig dagegen spricht, oder aber aus Vorsichts- und Rücksichtsgründen fernhalten, um nicht eventuell zu schaden?

    d.) Hedgefonds sind gekennzeichnet durch sehr hohe Kreditaufnahme zwecks Renditesteigerung (Leveraging) und intransparente Methoden. Wer ihnen Geld anvertraut, kann prinzipiell nicht wissen, was sie inhaltlich damit tun. Folglich weiß man nicht, was man selber tut, indem man ihnen Geld überlässt.

    e.) Selbst wenn man einer bei einer gewöhnlichen Geschäftsbank, Genossenschaftsbank oder Sparkasse ein Sparbuch und / oder Festgeldkonto führt, weiß man nicht für welche Zwecke die Bank damit Kredite vergibt.

    Die Beschäftigung mit inhaltlichen Fragen würde den Beratungs- und Entscheidungsprozess für Vermögensverwalter extrem verlangsamen oder zum Erliegen bringen, da man jedes Unternehmen, jeden Staat und jedes Wirtschaftsprojekt einzeln begutachten müsste.
    Aktien und Anleihen etliche Unternehmen und Staaten kämen je nach eigenem Maßstab nicht mehr in Betracht. Wie wäre dann noch breite Diversifizierung möglich?

    f.) Öfters dürfte man zu keinem eindeutigen Urteil über Vertretbarkeit oder Zweifelhaftigkeit einer Geldanlage finden:
    Beispiel: Buchrezension von Gerhard Klas im Deutschlandfunk
    Farooque Chowdhury: „Microcredits – Myth Manufactured“. Verlag Shrabon Prokashani
    http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/1212802/

    Fast alles wird irgendwie zweifelhaft, wenn der eigene Maßstab nur strenggenug gewählt wird.

    Gerade wenn man für sich in Anspruch nimmt, ethisch zu sein, darf man sich weder naiverweise unbesehen auf das verlassen, was irgendjemand mit eigenem Geschäftsinteresse aus unbekannten Gründen als „ethische Geldanlage“ ausgibt, noch auf das, was Medien als unmoralisch anklagen. Demnach müsste man selber langwierig recherchieren und prüfen. Doch das ist eine Überforderung. Im Zweifelsfalle müsste man sich gegen die allermeisten Anlagen entscheiden.

    g.) Von wirtschaftlichen Vorhaben, die sich strenge moralische Grundsätze auferlegen, sind – zumindest bei erträglichem Risiko – nicht unbedingt üppige Renditen zu erwarten.
    Beispiel: Umweltbank: Tagesgeld: 1,26% Rendite
    zweijähriger Sparbrief: 1,75% Zinsen
    http://www.umweltbank.de/anlagekonditionen/default.html

    GLS-Sparbrief ab 1.000,- Euro Anlagebetrag für zwei Jahre jährlich 1,70%:
    http://www.gls.de/unsere-angebote/geldanlagen/sparbrief.html
    Der Mindestanlagebetrag von 50.000,- Euro für ein einjähriges Festgeld dürfte für viele gewöhnliche Durchschnittsverdienerinnen bereits viel zu hoch sein. Seine 1% jährlichen Zinsen entsprechen faktisch etwa der derzeitigen Inflationsrate: http://www.gls.de/unsere-angebote/geldanlagen/festgeld.html

    h.) Eine Geldanlage zu diesen Bedingungen wäre ein freiwilliger Verzicht auf den von Ihnen erwähnten wirtschaftlichen Mehrwert, den Sie generieren wollen. Um die genannten Angebote wahrzunehmen, braucht man keine Vermögensberaterin. Wer als Vermögensberater zu solchen Anlagen rät, muss den Anspruch, einen wirtschaftlichen Mehrwert zu generieren, aufgeben.

    i.) Viele gewöhnliche Vorsorgesparerinnen in der BRD haben aber mehr als bloßen Kaufkrafterhalt nach Besteuerung und Inflation nötig, um eine drohende Versorgungslücke im Alter zu schließen. Anderenfalls müssten sie bereits heute ihren Lebensstandard freiwillig senken.
    Bleibt halbwegs moralische Geldanlage somit ein Privileg für Millionärinnen?

    j.) Wer wollte, könnte sich als Vermögensverwalter auf die Position zurückziehen, dass sein Anspruch auf moralisches Handeln nur formale Korrektheit im Umgang mit den Mandantinnen betrifft (die oben von Ihnen geschilderten). Altersvorsorge wird dann ein bloßes Optimierungsproblem von erwartbarer Rendite und einzugehendem Risiko Doch erkaufte man sich diese persönliche Lösung mit einem Verschließen seiner Augen vor den inhaltlichen Fragen nach Moralität. Man würde sich für unzuständig erklären. Die Anonymität des Geldanlegens an Börsen begünstigt diese Haltung.
    Ebenso können Vermögensverwalterinnen geltend machen, dass es ihnen nicht zusteht, ihren Mandantinnen bestimmte inhaltliche Einschränkungen vorzuschreiben.
    Welche Anlagen man für vertretbar hält, muss eben jede und jeder für sich selber ausmachen.
    Darüber, welche Handlungsweisen als moralisch gelten dürfen, besteht weit weniger Einigkeit als über die Grundlagen der Physik und Chemie.

    k.) Die von Ihnen geschätzten Werte / Tugenden Ehrlichkeit, Respekt, Höflichkeit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Hilfsbereitschaft lassen sich im Binnenverhältnis mit den eigenen Mandanten praktizieren. Dort sind Sie Herr Ihres eigenen Handelns. Doch sie erstrecken sich nicht auf die spezifischen inhaltlichen Probleme der Moralität und Ethik bei Geldanlagen. Der Anspruch, moralisch zu handeln, sollte sich meines Erachtens nicht nur auf den direkten Umgang mit Mandanten beschränken.
    Jede Ethik vom Typ Verantwortungsethik im Wortgebrauch Max Webers wird meines Erachtens zerschellen, weil niemand nur im Mindestens die Wirkungen des eigenen Handels abzuschätzen vermag. Demnach bleiben noch Ethiken vom Typ Gesinnungsethik (zum Beispiel von Kant entwickelt). Man könnte es auch mit Ethikkonzeptionen der Stoa versuchen.
    Wer darüber nachdenkt, dürfte innehalten und mit seinen Alltagshandlungen in Verzug geraten. Das ist nachteilig für das berufliche Vorankommen.

    Das formale Können, wie man es im Mathematik-Studium erwirbt, kann eine hohe Genugtuung bereiten, wenn man es auf Probleme der risikooptimierten Diversifizierung von Geldanlagen anwendet. Ich weiß nicht, wie es einem ergeht, wenn man sich auf die konkrete, inhaltliche Beschäftigung mit den Anlageobjekten einlässt. Alles wird unklarer, grauer und schmuddeliger. Empfindet man dann noch genauso viel Freude am formalen Können?

    Spielen inhaltliche Fragen der Moralität von Geldanlagen eine Rolle für Sie?
    Ihre Position interessiert mich sehr. Vielleicht schreiben Sie einmal ein Buch darüber. Umfänglich genug sind die Punkte a.) bis k.) bestimmt.

    Viele Grüße
    TÜLAI

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