Ist ein Eigenheim eine gute Geldanlage?

42-15560632Ich berate Menschen in Fragen ihrer Geldanlage. In diesen Beratungsgesprächen kommt sehr häufig die Sprache auf Immobilien. Viele wünschen sich ein Eigenheim und halten es auch für eine gute Geldanlage. Rückenwind haben sie erhalten durch einen aktuellen Artikel aus dem Finanztest. Leider glauben die meisten solchen Artikeln fast blind. Kaum jemand rechnet nach oder überprüft die Modellrechnung kritisch. Ich habe das in einem meiner Blog-Beiträge getan (Link dorthin).

Es stellt sich die Frage, wie man bei einem Eigenheim vernünftigerweise vorgehen sollte. Was meine Meinung dazu ist, erörtere ich in diesem Beitrag …

Die meisten Menschen kaufen sich eine Flasche Wein, um sie irgendwann vielleicht bei einem guten Essen zu leeren. Manche Leute kaufen sich aber auch Wein mit der Absicht, ihn später einmal mit Gewinn verkaufen zu können. So ist Wein ein Beispiel für etwas, das einerseits Konsumgegenstand, andererseits ein Investment sein kann.

Dasselbe gilt auch für Autos. Kaum jemand kommt auf die Idee, sich ein Auto anzuschaffen, um nach ein paar Jahren damit einen Gewinn zu erzielen. Die meisten kaufen sich ein Auto, einfach weil sie es brauchen, und sie wissen, dass es nach ein paar Jahren weniger wert sein wird. Einige wenige Kaufen aber beispielsweise Oldtimer und spekulieren auf eine Wertsteigerung.

Geldanlage oder Konsumgegenstand?

Und genau so ist es auch mit Immobilien. Wer unbedingt ein Eigenheim will, weil er/sie sich darin wohl fühlt und aus sonstigen emotionalen Gründen, der soll sich eine Immobilie kaufen. Das ist absolut OK. Man sollte sich aber nicht einbilden, damit auch eine gute Geldanlage zu haben. Das sind, ähnlich wie bei Wein oder Autos, zwei Paar Stiefel.

Natürlich KANN es sein, dass ein schönes Eigenheim (zufälligerweise) auch eine gute Geldanlage ist. Eine Immobilie für sich genommen ist aber nicht notwendigerweise eine lohnendes Investment. Umgkehrt, den Punkt versuche ich zu machen, ist es auch kein Argument gegen ein Eigenheim, wenn es keine gute Geldanlage ist. Genauso wenig wie es ein Argument gegen ein Auto ist, zu sagen, dass es nach ein paar Jahren weniger wert sein wird.

Ich halte es für sehr wichtig, dass man hier trennt. Und dass man sich klar darüber wird, was man selbst eigentlich will. Will man eine Immobilie aus emotionalen Gründen (was OK ist) oder will man sie als Geldanlage oder Altersvorsorge?

Meine Erfahrung ist, dass viele beides gedanklich vermengen. Das kann dann leicht zu Fehlentscheidungen führen.

Frau S. denkt über einen Immobilienkauf nach

Frau S. ist 32 Jahre alt, ist bei einem großen Unternehmen angestellt und verdient dort gut. Zur Zeit bewohnt sie eine 2-Zimmer-Wohung in München/Schwabing, wofür sie eine Kaltmiete von 850 Euro im Monat bezahlt.

Sie bekommt das Angebot, die Wohnung für 235.000 Euro zu kaufen. Zusammen mit den Kaufnebenkosten müsste sie ca. 245.000 Euro investieren. Das Angebot interessiert sie, zumal sie gerade 80.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto liegen hat und nicht weiß, wie sie dieses Geld anlegen soll.

Um die Wohnung kaufen zu können, benötigt sie einen Kredit in Höhe von 165.000 Euro. Die X-Bank ist bereit, ihr ein Darlehen zu geben mit folgenden Konditionen:

  • Kredithöhe: 165.000 Euro
  • Zinssatz: 4,3% + 1%ige Tilgung (Effektivzins: 4,39%) über 10 Jahre
  • Monatliche Rate: 729 Euro
  • Restschuld nach 10 Jahren: 144.430 Euro

Frau S. freut sich, denn aktuell zahlt sie ja eine Kaltmiete von 850 Euro monatlich. Mit dem fremdfinanzierten Wohnungskauf kommt sie stattdessen, so meint sie, auf eine monatliche Belastung in Höhe von 729 Euro. Also 121 Euro weniger als bisher.

Leider hat Frau S. die Kosten für Reparaturen, Instandhaltung und Verwaltung vergessen. Auch wenn hier unmittelbar nichts ansteht, sollte sie dennoch für größere Reparaturen in der Zukunft bereits heute Rückstellungen machen. Ich veranschlage dafür ganz grob etwa 1% des Kaufpreises pro Jahr.

Um entscheiden, ob sich die Immobilie für Frau S. als Geldanlage rechnet, muss man die beiden Alternativen vergleichen:

  1. Weiterhin zur Miete zu wohnen, und somit 12 x 850 = 10.200 Euro Miete auszugeben, oder
  2. Die Wohnung zu kaufen.

Wenn Frau S. die Wohnung kauft, spart sie sich also die jährlichen Mietausgaben in Höhe von 10.200 Euro. Da die Anschaffungskosten für die Wohung 245.000 Euro sind, entspricht dies einer (grob geschätzten Mietrendite) von 4,16%:

10.200 / 245.000 = 4,16%

Hier fehlen aber, wie gesagt, noch die Rückstellungen für Instandhaltungs- und Reparaturkosten. Angenommen diese liegen (nur) bei 0,7% pro Jahr, dann ergibt sich eine Mietrendite nach Kosten von etwa 3,46% (=4,16% -0,7%).

An dieser Stelle fällt eines schon einmal auf. Wenn sich diese grobe Rechnung stimmt, dann ist es natürlich Unsinn, eine Geldanlage, die schätzungsweise 3,46% an Rendite bringt, durch ein Darlehen zu finanzieren, das 4,3% Zinsen kostet.

Was ich natürlich bei diese groben Rechnung noch nicht berücksichtigt habe ist die voraussichtliche Wertsteigerung der Immobilie. Man könnte das Ganze auch so formulieren: Nur wenn die Wohnung, die sich Frau S. anschaffen möchte, mindestens 0,84% pro Jahr an Wert gewinnt, lohnt sich für sie der Immobilienkauf. Denn:

Kreditzinsen (4,30%) – Mietrendite nach Kosten (3,46%) = 0,84%

Frau S. steht letztlich vor der Frage, ob sie persönlich der Überzeugung ist, dass die Immobilienpreise in den nächsten Jahren steigen werden oder nicht. Alleine wenn sie stagnieren oder nur geringfügig steigen werden (wie in den letzten Jahren in Deutschland geschehen), wird der Eigenheimkauf für sie ein Verlustgeschäft sein.

Es ist also alles andere als eine ausgemachte Sache, dass sich für Frau S. der Kauf der Wohnung lohnt. Es kann, muss aber nicht.

Immobilie und Risikostreuung

Vom Standpunkt eines professionellen Geldanlegers aus, ergibt sich ein ganz massives Argument GEGEN den Immobilienkauf. Wenn nämlich Frau S. die Wohnung erwirbt, wird sie all ihr Geld auf eine einzige Sache setzen. Das widerspricht eklatant dem Prinzip der Risikostreuung.

Man stelle sich einmal vor, Frau S. käme mit der Idee, ihre gesamten 80.000 Euro in eine einzige Aktie zu invetieren, sagen wir einmal die Allianz-Aktie. Und nicht nur das, sie würde sogar noch einen Kredit aufnehmen, um noch weitere Allianz-Aktien zu kaufen.  Ich nehme an, dass fast jeder dies Frau S. dringend abraten würde. Tatächlich wäre das eine fast verrückte Wette auf ein einziges Investment.

Nur: Warum sollte das bei einer Immobilie anders sein? Ist es nicht genauso verrückt, all sein Geld in eine einzige Immobilie zu stecken? Jedefalls handelt es sich um eine sehr einseitige Wette, die vielleicht gut gehen kann, aber definitiv riskant ist und dem Grundstatz der Diversifikation widerspricht.

Durch eine Immobilie ist man stark gebunden

Aber dieses Argument ist genau dann irrelevant, wenn man ein Eigenheim nicht als gute Geldanlage kauft, sondern weil es einem eine Herzenssache ist. Das ist legitim. Dann sollte man sich aber auch darüber im Klaren sein, welche Konsequenzen eine Immobilie für das weitere Leben hat:

  • Eine Immobilie kann zu klein werden. Frau S. beispielsweise ist momentan alleintehend. Aber vielleicht will sie einmal heiraten und Kinder bekommen. Dann wird die 2-Zimmer-Wohnung sehr schnell zu klein sein.
  • Eine fremdfinanzierte Immobilie stellt eine hohe finanzielle Belastung dar. Sollte Frau S. aus irgendwelchen Gründen einmal weniger verdienen oder sonstwie in finanzielle Schwierigkeiten kommen, kann der monatliche Kapitaldienst für sie schnell zu einer großen Bürde werden. Lebt sie zur Miete, kann sie leicht in eine günstigere Wohnung umziehen.
  • Mit einer Immobilie ist man an die Wohngegend gebunden. Für Frau S. besteht das Risiko, dass sie möglicherweise irgendwann nicht mehr in München/Schwabing leben möchte, oder eine bessere Arbeitsstelle irgendwo ganz anders bekommt. Auch dann stellt das gekaufte Eigenheim eine Bürde dar.

Weitere Blog-Beiträge zum Thema:

Weitere Links:

5 Kommentare
  1. Mex Silver
    Mex Silver sagte:

    All ihre Punkte stimmen. Man muss jedoch auch sagen, dass es noch weitere Beispiele gibt.
    Nehmen wir mal an die Frau S. hat ein Vermögen von 1Mio Euro. Dann ändert sich folgendes:
    1. Sie kann Mietfrei wohnen und zahlt keine Darlehnszinsen.
    2. Sie kann wenn Sie mal Familie hat die Wohnung vermieten und erhält hieraus eine Rendite
    3. Wenn Die Mieteinnahmen z.B. 3% sind, kann die Immobilie jedes Jahr 3 % an Wert verlieren und Frau S. hat Kapitalerhalt.
    4. Sie hat Ihr kapital mit weniger als 1/3 Ihres Gesamtvermögens in der Investition Immobilie, was dem Gedanken des diversifizierens auch entgegen kommt

    Aber Sie haben recht: Es gibt eine Emotionale Komponente. Ein Bekannter von mir macht folgendes. Er hat sich eine große Immobilie gekauft in der er selber wohnt. Zudem hat er sich eine weitere kleinere Immobilie gekauft die er vermietet. So hat er erreicht, dass er Mietfrei wohnt und die Nebenkosten leicht durch die Mieteinnahmen der kleineren Wohnung decken kann. Beide Wohnungen sind schuldenfrei. Aus meiner Sicht ist er zu Immobilienlastig, jedoch für Ihn ist es das beste.

    Ein Argument gegen Immobilen, was Sie Herr Dr.Dr. Peterreins, nicht angesprochen haben ist ein evtl. Lastenausgleich seitens des Staates für Immobilienbesitzer im Falle einer Währungsreform.

    Antworten
  2. Florian Freyberg
    Florian Freyberg sagte:

    Hallo,
    seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit Geldanlagen, daher finde ich Ihren Blog sehr interessant. Auch dieser Beitrag vermittelt wieder sehr anschaulich viele Informationen.
    Ich verstehe hierbei nur eine Sache nicht: muss man in einem Vergleich von Wohnungsmiete und Kreditrate nicht auch berücksichtigen, dass das Geld bei der Miete am Ende einfach „verbraucht“ wurde, wohingegen man im anderen Fall die Wohnung und somit einen gewissen Wert besitzt?
    Es kann sein, dass ich etwas elementares bei dieser Betrachtung übersehe… Dennoch würde ich mich über eine Beantwortung der Frage freuen.

    Antworten
    • Peterreins
      Peterreins sagte:

      Nehmen wir einmal eine Person A an, die in 200.000 Euro besitzt und derzeit in einer Wohnung zur Miete lebt, die exakt 200.000 Euro wert ist. Für A gibt es zwei Möglichkeiten
      a) A lebt weiterhin zur Miete und legt seine 200.000 Euro am Kapitalmarkt an.
      b) A kauft für sein Geld die Wohnung und muss ab dann keine Miete mehr zahlen.
      Offenbar ist die Lösung a) für diese Person dann besser, wenn die Kapitalerträge, die er aus seinen 200.000 Euro erwirtschaftet höher sind als die Mietzahlungen. Anders formuliert: Wenn die Jahresmiete beispielsweise 4000 Euro beträgt, dann ist die Bruttomietrendite (überschlägig gerechnet) 2%. Wenn A aber 3% netto am Kapitalmarkt erhält, dann ist er schlauter, weiterhin zu mieten anstatt zu kaufen.

      Offenbar muss man die Mietrendite mit der Kapitalmarktrendite vergleichen, um zu einer rationalen Entscheidungsgrundlage zu kommen.

      Jetzt nehmen wir mal eine Person B an, die auch in einer Wohnung zur Miete lebt, die 200.000 Euro wert ist. Der Unterschied zu vorhin aber ist, dass B keinerlei Eigenkapital besitzt. Wenn B die Wohnung kaufen will, so komplett fremdkapitalfinanziert.

      Nehmen wir an, dass B eine Bank findet, die ihm die 200.000 Euro finanziert. Dafür wird eine Annuität festgelegt. Also ein monatlicher Betrag, der sich aus einem Zinsbetrag und einem Tilgungsbetrag zusammensetzt. Aufgrund der Tilgung wird mit der Zeit ein Vermögen aufgebaut. Die Zinsen hingegen stehen eins zu eins der Miete gegenüber, sozusagen als Geld das „verpufft“.

      Der Punkt ist: Würde B weiterhin zur Miete wohnen, denselben Betrag aber, den er bei einem Immobilienkauf über Jahre hinweg tilgen würde, am Kapitalmarkt anlegen, – so hat er am Ende genauso ein Vermögen aufgebaut wie der Immobilienkäufer.

      Es ist also ein Irrtum zu glauben, dass man sich beim Kauf einer Immobilie deswegen ein Vermögen schafft, weil man sich die Miete spart. Richtig ist vielmehr, dass man sich ein Vermögen aufbaut, weil man ständig tilgt. Leute übersehen sehr häufig die sogenannten Kapitalkosten. Und das bedeutet, dass (wie im Falle A) Eigenkapital, das nicht zum Immobilienkauf verwendet wird, normalerweise ja nicht einfach mit 0% Verzinsung herumliegt, sondern Kapitalerträge bringt. Und bemerkenswert häufig liegt das, was man relativ leicht am Kapitalmarkt an Renditen erzielen kann oberhalb dessen, was man an Mietrendite hätte. Insbesondere, wenn man noch die laufenden Kosten für Reparaturen und Instandhaltung an der gekauften Immobilien berücksichtigt

      Übrigens habe ich mich letztens mit einem Steuerberater über das Thema Immobilien unterhalten. Er sagte, dass er unter seinen vielen Mandanten, die sich eine Immobilie als Renditeobjekt erworben haben, keinen einzigen kennt, der unterm Strich damit Erfolg hatte. Interessant oder?

      Antworten
  3. Florian Freyberg
    Florian Freyberg sagte:

    Vielen Dank für die schnelle Antwort!
    Wenn ich das richtig verstehe, muss man zwei Fälle unterscheiden:

    1. Man nutzt die Immobilie als Geldanlage zum erwirtschaften einer Rendite, wie Sie es in Ihren Beispielen a&b beschrieben haben.
    2. Die Immobilie ist selbstgenutztes Wohneigentum. Durch den Wegfall der eigenen Miete kann meistens ein Großteil der Kredittilgung finanziert werden und ermöglicht vielen Menschen ja erst den Erwerb einer Immobilie. Wobei ich aber nicht weiß, wie hoch der Anteil der zu zahlenden Zinsen ist… Ich werde mir die Tage mal die ganze Sache durch den Kopf gehen lassen.

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