Törngren-Experiment: Das Ergebnis

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Vor einem Jahr hatte ich mit dem Blogger Sascha Huber eine Diskussion. Darüber nämlich, ob die Treffer, die manche Menschen mit ihren Kapitalmarktprognosen haben, möglicherweise nur auf Glück und Zufall beruhen, nicht aber auf Können (Link zu dieser Diskussion).

Meine Argumentation ging etwa so: Stellen Sie sich vor, jemand versucht 20 Mal hintereinander das Ergebnis eines Münzwurfs zu erraten. Dann kann es durchaus vorkommen, dass die Testperson die ersten 10 Mal – rein zufälligerweise – genau richtig geraten hat. Das ist aber noch lange kein Grund dafür anzunehmen, dass diese Testperson 10 weitere Male das Ergebnis eines Münzwurfes richtig voraussagt.

In etwa so ist es auch mich Kapitalmarktprognosen. Es kann durchaus vorkommen, dass jemand bei Kapitalmarktprognosen eine Zeitlang recht gute Treffer hat. Das könnten aber genauso reine Zufallstreffer gewesen sein. Langfristig – so meine These – liegt die Trefferquote jedes einzelnen von uns in etwa bei 50%. Das entspricht der Wahrscheinlichkeit, rein zufällig das Ergebnis eines Münzwurs richtig zu erraten.

 Daher ist auch das ganze Getue um Kapitalmarktprognosen vollkommen sinnlos. Ein Problem bei der Sache ist allerdings, so meine Meinung, dass sehr viele einfach ein schlechtes Gedächtnis haben, bzw. dass vielen die eigene Psyche das Ergebnis verfälscht. All die vergangenen Fehlprognosen vergessen wir oder verdrängen wir einfach. Wir wollen uns unsere Irrtümer und Fehleinschätzungen nicht eingestehen. Übrigens umso mehr, je mehr sich jemand für einen Experten hält. So kommt es, dass viele zwar tatsächlich in etwa der Hälfte der Fälle krass daneben liegen, sich selbst aber dennoch für sehr treffsicher halten.

Eine Möglichkeit, die Sache objektiv zu überprüfen, besteht darin, einen klar gesteckten Versuchsrahmen festzulegen. Genau das tat bereits einmal der schwedische Professor Törngren. Im Zuge unserer Diskussion vor einem Jahr, forderte ich Sascha Huber auf, dieses Törngren-Experiment zu wiederholen. Und Sascha Huber machte tatsächlich mit.

Um eine möglichst aussagekräftige Datenlage zu bekommen, bat ich so viele Menschen wie möglich, bei diesem Expereriment mitzumachen. Insgesamt machten genau 50 Personen mit. Hier das interessante Ergebnis …

Jede Testperson hat im Oktober 2009 zwanzig Fragen bekommen, immer der Art: „Welche der beiden Aktien, A oder B, denken Sie, wird in den nächsten 12 Monaten (vom 1.11.09 bis 31.10.10) besser performen?“ (Link dorthin)

Nachdem die Testperson den Fragebogen ausgefüllt hatte, musste sie auch ihre eigene Trefferquote einschätzen. Jemand der seine eigene Trefferquote auf50% oder weniger einschätzt, hält sich selbst offenbar für einen Laien, bei dem etwaige Treffer bloßer Zufall wären. Wer seine eigene Trefferquote jedoch auf größer als 50% einschätzt, traut sich offenbar zu, Prognosen abzugeben, die nicht nur auf Glück und Zufall beruhen. Solche Textpersonen nenne ich „Experten„.

Sascha Huber machte ja auch bei dem Test mit. Er selbst schätzte seine Trefferquote auf 60 Prozent. Denn er glaubte ja an seine Fähigkeit, richtige Kapitalmarktprogosen erstellen zu können.

Heute liegt uns das Ergebnis vor: Von den 20 Fragen, die Sasche Huber beantwortet hat, waren 11 richtig. Immerhin eine Trefferquote von 55%! Also knapp über 50%. Dennoch wurden die 60% nicht erreicht. Und die 11 Treffer sind bemerkenswert nach an dem, was man als zufälligen Wert erwarten würde, nämlich 10 Treffer.

Ich selbst habe mich übrigens auch als Testperson an dem Experiment beteiligt. Und ich hatte auch genau 11 Treffer.

Bildet man den Mittelwert über die Treffer, die alle 50 Personen hatten, dann ergibt sich eine allgemeine Trefferquote von 51%. Das ist ziemlich nah an dem Wert den ich im Vorhinein erwartet hatte: 50 Prozent.

Wie war aber das durchschnittliche Ergebnis der beiden Gruppen, die ich „Laien“ und „Experten“ nannte:

  • Mittlere Trefferquote der 29 „Laien“: 55,89%
  • Mittlere Trefferquote der 21 „Experten“: 44,29%

Das ist natürlich ein frappierendes Ergebnis. Diejenigen Personen, die ihre eigene Trefferquote deutlich höher als 50 Prozent schätzten, haben faktisch ein signifkant schlechteres Ergebnis erzielt als jene, die daran glauben, dass ihre Treffer nur auf Glück und Zufall beruhen.

Noch frappierender ist, dass bereits Prof. Törngren mit seinem ersten Experiment zu einem ähnlichem Ergebnis gekommen ist. Damals lagen die studentsichen Laien bei einer mittleren Trefferquote von 51% und die sog. Finanzexperten bei traurigen 40%. Schon damals konnte man zu dem Schluss kommen: Diejenigen Profis, die sich für besonders treffsicher halten, liegen besonders häufig daneben.

Wenn man ins Detail unseres aktuellen Experiments geht, so ist das Ranking etwa wie folgt:

  • 1 Person mit 15 Treffern (75% Trefferquote): Selbsteinschätzung 50% („Laie“).
  • 4 Personen mit 14 Treffern (70% Trefferquote): Selbsteinschätzung immer jeweils 50% (also alles „Laien“).
  • 1 Person mit 13 Treffern (65% Trefferquote): Selbsteinschätzung 60% („Experte“).
  • 4 Personen mit 13 Treffern (65% Trefferquote): Selbsteinschätzung 50% (also alles „Laien“).
  • 2 Personen mit 12 Treffern (60% Trefferquote): Selbsteinschätzung 50% (also alles „Laien“).
  •  Person mit 13 Treffern (65% Trefferquote): Selbsteinschätzung 60% („Experte“).
  • 4 Personen mit 11 Treffern (55% Trefferquote): Selbsteinschätzung über 50% (also „Experten“).
  • etc.

Unter den „Experten“ steht Sascha Huber also immerhin an zweiter Stelle. Deutlich vorher liegen aber eine Reihe solcher Testpersonen, die sich selbst eine gute Prognosefähigkeit gar nicht zutrauen. Ich finde, ein interessantes Ergebnis.

1 Kommentar
  1. Klaus
    Klaus sagte:

    Danke für die Dokumentation dieses interessanten Experiments! Dass die selbsterklärten Experten schlechter abschneiden, könnte vielleicht mit der Recognition Heuristic der genannten Aktien zusammenhängen. Gibt es denn bei den 20 Fragen welche, bei denen der Unterschied zwischen Experten und Laien besonders ausgeprägt war?

    Antworten

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