Papiergeld war früher Zahlungsmittel als Gold
Ich höre manchmal solche Sätze wie: „Gold war schon immer ein Zahlungsmittel“ oder „Schon immer konnte man sich für eine Unze Gold einen Anzug bzw. früher eben eine Toga kaufen.“ Bei solchen Aussagen habe ich immer das komische Gefühl, dass die betreffende Person noch nie in ein Geschichtsbuch zum Thema Geld geschaut hat.
Wenn man das nämlich tut, dann kann man zu sehr überraschenden Erkenntnissen gelangen…
In dem Buch „Der Afustieg des Geldes“ von Niall Ferguson steht beispielsweise, dass der früheste Nachweis von Münzgeld aus der Zeit um 600 v.Chr. zu datieren ist (S. 25). Eigentlich nicht besonders lange her.
Besonders aufschlussreich finde ich jedoch die nachfolgende Passage aus Fergusons Buch (S. 28 ff.):
„Tatsächlich gab es außer dem historischen Zufall keinen Grund dafür, dass Geld in der Vorstellung des Westens so lange mit Metall gleichgesetzt wurde. Im antiken Mesopotamien begannen die Menschen vor etwa 5000 Jahren, Geschäfte mit Landwirtschaftsprodukten wie Gerste und Wolle oder mit Metallen wie Silber auf Tontafeln festzuhalten. Ringe, Barren oder Blätter aus Silber dienten sicherlich als eine Art vorgefertigtes Geld (ebenso wie Getreide), aber die Tontafeln waren genauso wichtig, wenn nicht nohc wichtiger. Viele von ihnen sind erhalten geblieben…
Wenn man solche uralten Finanzinstrumente vor sich hat, verspürt man unwiegerlich Ehrfurcht. Obwohl aus bloßer Erde gemacht, haben sie länger überdauert als die silbernen Reales [eine spanische Währung aus dem 16. Jh.] aus der Münzanstalt von Potosi. Auf einer besonders gut erhaltenen Tafel aus der mgebung von Sippar (dem heutigen Abu Habbah im Irak), die in der Herrschaftzeit von König Ammi-ditana (1983-1647 v.Chr.) beschrieben wurde, ist zu lesen, dass ihr Besitzer zur Erntezeit eine bestimmte Menge Getreide erhalten solle…
Wenn uns das Grundkonzept bekannt vorkommt, dann deshalb, weil eine moderne Banknote Ähnliches leistet… Sie sind schlicht Zahlungsversprechen…“
Das Gleiche gilt für Münzen, die buchstäblich aus Abfall hergestell werden – Wertspeicher sind das nicht…
… Geld ist eine Frage des Vertrauens und sogar des Glaubens: in denjenigen, der uns bezahlt, in den Staat, der dieses Geld ausgegeben hat, und in die Institutionen, die Schecks oder Überweisungen unseres Geschäftspartners akzeptieren. Geld ist kein Metall, sondern aufgeprägtes Vertrauen. Das Trägermaterial schein kaum eine Rolle zu spielen: Ob es sich nun um Silber, Ton oder Papier oder um einen Monitor aus Flüssigkristallen handelt, alles kann als Geld dienen, von den Kaurimuscheln der Malediven bis zu den riesigen Steinscheibenm, die auf den Inseln von Yap im Pazifik benutzt wurden.“
Während also Münzgeld wohl erst um 600 v.Chr. in Erscheinung tritt, wurden im alten Mesopotamien bereits vor etwa 5000 Jahren Tontafeln als Zahlungsmittel benutzt. Eine Art Vorläufer unseres heutigen Papiergeldes. Das sind historische Tatsachen, die aufräumen mit der Vorstellung, Gold sei DAS Zahlungsmittel schlechthin. Diese Vorstellung ist schlicht falsch.
Richtig ist vielmehr, dass selbst Gold nur dann als Zahlungsmittel fungieren kann, wenn Menschen das Vertrauen und den Glauben daran haben, für Gold etwas zu bekommen. Auch unsere germanischen Vorfahren konnten nichts mit Gold anfangen. Wer im alten Germanien mit Gold versuchte, etwas einzukaufen, erntete nur verständnislose Blicke. Die Römer haben den Germanen den Gebrauch von Gold als Zahlungsmittel erst beigebracht.
Gibt es kein Vertrauen, für Gold etwas anderes zu bekommen, wird auch Gold als Zahlungsmittel unbrauchbar sein.
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Wichtig ist vor allem der letzte Absatz, denn selbst wenn Gold „schon immer“ Zahlungsmittel gewesen wäre, würde diese Feststellung nur einen sehr geringen Aussagewert bezüglich seiner Zahlungsmittelqualität (also letztlich des in es gesetzten Vertrauens) heutzutage aussagen. Und: „haben wir schon immer so gemacht“ war noch nie ein Garant für Zukunftsfähigkeit!