Manche raten zu Immobilien – und wissen nicht was sie tun

Ich hatte gestern ein Beratungsgespräch mit einem Unternehmer, der mir erlaubt hat anonymisiert über seinen Fall zu schreiben. Zitat: „Andere sollen aus meinen Fehlern lernen können.“ Nennen wir ihn Herrn A.

Herr A’s Geschäft lief Mitte der 1990er-Jahre nicht nur gut, sondern hervorragend. Sein Girokonto wuchs und wuchs, so dass er sich irgendwann fragte, wie dieses Geld am besten anzulegen sei. Ein Berater sagte ihm: „Das Beste, was Sie tun können, ist, in Immobilien zu investieren.“

Heute weiß er, dass das ein sehr schlechter Rat war…

Herr A. kaufte sich zwei Objekte. Ein sehr schönes, großzügiges Haus, in dem er seitdem selbst wohnt. Zweitens eine Wohnung, die er vermietet.

All sein Geld steckte er in diese zwei Immobilien, so wie ihm geraten wurde. Außerdem musste er aber zur Finanzierung Kredite aufnehmen. Kein Problem, dachte sich Herr A., Immobilien sind eine gute Sache, er verdient gut, um sich gut Tilgungen und Zinszahlungen leisten zu können.

Die Wohnung kaufte er in 1998 für rund 100.000 Euro. Die anfänglichen Mieteinnahmen beliefen sich auf 185 Euro pro Monat. Alleine die Zinszahlungen, die er für das zugehörige Darlehen aufbringen musste, betrugen etwa 500 Euro pro Monat.

Nach dieser Rechnung zahlte er also aus dem Stand jeden Monat 315 Euro für diese Wohnung drauf. Alles kein Problem, sagte ihm sein Berater, eine Immobilie ist eine gute Geldanlage, die sich langfristig rechnet.

Herr A. ist ja Unternehmer und da ist es normal, dass es bessere und schlechtere Zeiten gibt. Kaum hatte er seine Immobilien gekauft, begann für ihn tatsächlich eine schlechte Zeit. Die Geschäfte liefen nicht mehr so, wie noch ein paar Jahre zuvor.

Inzwischen bereute er schwer, die Immobilien gekauft zu haben. Denn jetzt hätte er dringend sein Geld als Reserve gebraucht. Sein Geld war aber sozusagen einbetoniert. Und nicht nur das. Nach wie vor belastete ihn insbesondere die vermietete Wohnung jeden Monat. Von guten Erträgen keine Spur.

Heute sind mehr als 10 Jahre seit seinen Immobilienkäufen vorbei. Und er will eigentlich nur noch raus. Ein Gutachter hat geschätzt, dass die vermietete Wohnung heute 70.000 Euro wert ist. Das ist bezogen auf seinen Einkaufspreis ein Minus von 30%. Und nach wie vor muss er jeden Monat  315 Euro draufzahlen. Eine Mieterhöhung konnte er nämlich bis heute nicht durchsetzen.

Auch das Haus, das er für sich selbst erworben hat, ist ihm heute zu groß dimensioniert und belastet ihn. Am klügsten, das weiß er jetzt, wäre es gewesen, wenn er weiter zur Miete geblieben wäre. Dann hätte er nämlich viel flexibler reagieren können entsprechend seiner aktuellen Einnahmesituation.

Heute kann Herr A nicht verstehen, wie ein Berater sagen kann: Eine Immobilie ist eine gute Geldanlage. Für ihn waren seine Immobilien ein einziges Desaster.

An dieser Stelle erinnere ich wieder an die fatale Ausgabe des Finanztest vom September 2009. Darin hieß es

„Immobilien lohnen sich“ (Titelseite)
„Wohneigentümer brauchen viel Durchhaltevermögen. Auf Dauer lohnt sich der Kauf aber fast immer.“ (S. 42)
„Ja, die Chancen, dass sich das Eigenheim auf Dauer rechnet, ist groß.“

Ich bin in bereits auf die Artikel in dieser Finanztest-Ausgabe eingegangen: „Der Finanztest empfiehlt Immobilien – eine schlechte Empfehlung.“ Ich werfe dem Finanztest vor, dass er durch seine September-Ausgabe viele Anleger in ähnliche finanzielle Desaster treiben wird, wie es eben Herr A durchgemacht hat. Wirklich sehr schade.

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3 Kommentare
  1. Klaus
    Klaus sagte:

    Hm, der Eindruck bestätigt sich. Aus mir unverständlichen Gründen werden Immobilien hier einseitig schlechtgeredet. Natürlich wurde der Unternehmer aus dem Beispiel schlecht beraten, das ist ja offensichtlich. Er hätte niemals auf Kredit eine Wohnung kaufen dürfen, die er nicht braucht. Das gleiche gilt aber für jede andere risikobehaftete Anlage.

    Sinnvoll wäre es gewesen, das große Haus nicht zu kaufen und stattdessen selbst in die 100.000-Euro Wohnung zu ziehen und sein übriges Geld schön auf Fonds und Tagesgeld zu verteilen.

    Antworten
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Um das zunächst einmal klarzustellen: Ich bin nicht prinzipiell gegen Immobilien. Vielmehr bin ich im Sinne eine guten Risikostreuung der Meinung, dass ein Teil des Vermögens tatsächlich vernünftigerweise in die Anlageklasse Immobilien angelegt werden sollte. Betonung liegt aber auf „Teil des Vermögens“.

      Dass der Eindruck entsteht, dass ich, wie Sie schreiben, einseitig Immobilien schelchtrede, kommt vielleicht aus folgendem Grund. Ich berate Anleger in Vermögensfragen. Und sehr, sehr häufig suchen Leute bei mir Rat, die durch ihre Immobilien-Investments in große Bedrängnis gekommen sind. Finanzielle Desaster, die ich dann zu lösen und zu entwirren habe, haben – interessanterweise – fast nie mit Aktien oder Aktienfonds zu tun, aber fast immer mit Immobilien oder Immobilienfonds. Deswegen verzeihen Sie es, wenn ich nicht gerade nett über diese Anlageklasse im allgemeinen schreibe. Und dennoch – um es noch einmal zu betonen – sind Immobilien ein wichtiger Teil innerhalb eines Gesamtvermögens.

      Damit kommen wir aber auch genau zu dem großen Problem bei Immobilien. Fast immer stecken Menschen ihre gesamten Ersparnisse plus Fremdkapital in eine einzige Immobilie. Und das bedeutet: Risikostreuung ist gleich Null. In einem Ihrer anderen Kommentare meinten Sie, dass es lächerlich sei, das Argument Krieg zu bringen. Ich finde es überhaupt nicht lächerlich. Denn es zeigt, dass es Risiken auch bei Immobilien gibt, an die man heute noch überhaupt nicht denken kann. Und es muss ja noch nicht einmal ein Krieg sein. Es kann ja beispielsweise eine neue Autobahn sein, die eine Immobilie entwertet oder dass die Region wirtschaftlich herunterkommt oder oder oder … Viele kaufen sich fremdfinanziert EINE Immobilie und meinen, dass da bestimmt nichts passieren wird. Wie kann man sich hier so sicher sein? Das war mein Punkt mit dem Krieg.

      Und jetzt komme ich zum Hauptproblem bei Immobilien. Nämlich dass regelmäßig die erzielbaren Erträge überschätzt werden (weil laufende Kosten und Instandhaltungskosten unterschätzt werden). Ferner wird regelmäßig die Sicherheit von Immobilien überschätzt. Manche Anleger glauben, dass eine Immobilie eine sichere Geldanlage sei. Das ist sie definitiv nicht. Eine Immobilie unterliegt Wertschwankungen und einer Reihe anderer Risiken, die man gut bedenken sollte, bevor man in eine Immobilie investiert.

      Die größte Gefahr besteht immer dann, wenn ein Anleger glaubt eine sichere Geldanlage zu haben, die es aber faktisch gar nicht ist. Aus dieser Täuschung heraus, so meine Erfahrung, schlittern viele Leute wegen ihrer Immobilien in ein finanzielles Desaster. Sie halten etwas für sicher, was dann Risiken mit sich bringt, mit denen sie überhaupt nicht gerechnet haben. Natürlich sind Aktien eine riskantere Anlageform, das weiß aber auch (fast) jeder. Deswegen unterliegen Anleger mit Aktien nicht dieser Täuschung, und genau deswegen treffe ich nur selten Leute, die wegen ihrer Aktieninvestments in große finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Bei Immobilien aber, wie gesagt, wirklich am laufenden Band.

      Nochmal: Ich bin nicht gegen die Anlageform Immobilien. Man soll aber wissen, worauf man sich einlässt. Und daher versuche ich mit meinen Blog-Beiträgen zum Thema Immobilien die Leute wach zu rütteln. Dabei nehme ich gerne in Kauf, dass vielleicht der Eindruck entsteht, ich zeichne hier ein zu negatives Bild.

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  2. Klaus
    Klaus sagte:

    Danke für die Klarstellung! Ich hatte mich schon gewundert, woher diese strikte Ablehnung von Immobilien kommen mag. Manchmal habe ich regelrecht den Eindruck, dass es um das Thema einen Kampf der Ideologien gibt. Ich bin froh, dass dies zumindest hier nicht der Fall ist. Wachrütteln ist gut und wichtig, aber es kann nur funktionieren wenn man sich dabei die Glaubwürdigkeit bewahrt, und bleibt schnell auf der Strecke wenn einseitig argumentiert wird.

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