AWD darf sich nicht mehr unabhängig nennen
Das Landgericht Hannover hat entschieden, dass der Finanzvertrieb AWD nicht unabhängig ist. AWD tituliert sich selbst gerne „Ihr unabhängiger Finanoptimierer“ oder „unabhängiger Finanzdienstleister“. Der Hintergrund ist, dass der Versicherungskonzern Swiss Life beherrschender Gesellschafter der Firma AWD ist.Mehr dazu in einem Handelsblatt-Artikel Wie ein Urteil ein Image zerstört oder einem Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 3. Juli (Link dorthin). Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig und der AWD wird wahrscheinlich dagegen vorgehen.
So oder so ist das, was viele Finanzvertriebe als „unabhängig“ bezeichnen, etwas völlig anderes, als die meisten Anleger darunter verstehen. Hier die Geschichte von Frau R. …
Frau R. hat Geld anzulegen und denkt dabei vor allem an ihre Altersversorgung. Ihr wird ein Finanzberater empfohlen, der damit wirbt unabhängig zu sein. Sie denkt sich, dass sie hier sicherlich besser beraten wird als bei ihrer Hausbank. Denn die Bank wird wohl nur die hauseigenen Finanzprodukte „an die Frau“ bringen wollen. So macht sie den ersten Termin mit diesem Finanzberater, Herrn X., aus.
Herr X. ist ein sympathischer, gut gekleideter Mann. Er nimmt sich Zeit für sie und am Ende schlägt er ihr vor, den gesamten Anlagebetrag in eine fondsgebundene Rentenversicherung einzuzahlen. Außerdem solle sie einen Rürup-Vertrag abschließen. Damit könne sie Steuern sparen.
Vom Gesamteindruck ist Frau R. sehr zufrieden. Sie liest nur regelmäßig einschlägige Finanzzeitschriften und beschäftigt sich auch sonst mit diesem Thema. Und von daher weiß sie, dass sowohl eine fondsgebundene Rentenversicherung als auch Rürup mit extrem hohen Kosten belastet sind.
Herr X. hat ihr auch brav genau gesagt, welche Provisionen er selbst bei Abschluss verdient (dazu ist er gesetzlich verpflichtet). Schon diese Provisionen findet sie bedenklich hoch. Als sie aber nachfragt, was die Gesamtkostenbelastung der vorgeschlagenen Vorsorgeprodukte sind, kommt Herr X. in Verlegenheit.
Frau R. sagt, dass sie schon häufig Positives über ETFs gelesen habe. Sie fragt Herrn X., ob nicht auch so etwas für sie in Frage käme. Mit etwas seltsamen Argumenten, die Frau R. nicht wirklich nachvollziehen kann, riet ihr Herr X. dringend davon ab. Frau R. konnte das Gefühl nicht loswerden, dass dieses Abwiegeln in erster Linie damit zu tun hat, dass Herr X. hier keine Provisionen kassieren könnte.
Und natürlich ist es genau so. „Unabhängig“ bedeutet bei vielen Finanzdienstleistern, dass sie nicht an eine bestimmte Fonds- oder Versicherungsgesellschaft gebunden sind, sondern mit einer Auswahl verschiedener Gesellschaften zusammenarbeiten.
Eine Auswahl umfasst aber erstens nicht unbedingt die Gesamtheit aller in Frage kommenden Produktanbieter. Sondern von vornherein nur solche, bei denen auch die Provision für den Berater stimmt. Produktanbieter, die entweder nur sehr wenig Provision oder gar keine Provision bezahlen, werden in diese Auswahl erst gar nicht aufgenommen. Unter „unabhängig“ verstehen die meisten Kunden etwas anderes.
Als unabhängig bezeichnen sich unter anderem die nachfolgenden Finanzdienstleister:
- AWD
- Adviva Finanz
- DVAG
- MLP
- Telis Finanz
- und viele mehr
Die genannten Finanzvertriebe können hervorragende Beratungskonzepte haben und für ihre Kunden Wertvolles leisten. Und ich weiß nicht, wie es um ihre Unabhängigkeit tatsächlich bestellt ist. Jeder Anleger sollte aber für sich selbst überprüfen, ob seine Vorstellung von „unabhängig“ mit dem übereinstimmt, was der Berater ihm gegenüber darunter versteht.
Ich selbst bin auch Vermögensberater, aber ich würde mich niemals unabhängig nennen. Ich ziehe es stattdessen vor, meinen Kunden offen und ehrlich meine Abhängigkeiten aufzuzeigen. Jedenfalls werbe ich nicht mit dem Wörtchen „unabhängig“, worunter ein Finanzberater möglicherweise etwas anderes versteht als seine Kunden.
Noch einmal zum Thema AWD. Hier eine Reportage des ORF:
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=7LGN_fbQ3ko&hl=de&fs=1&]
Ferner halte ich folgenden Artikel für lesenswert: „Landgericht Hannover: AWD nicht mehr ‚unabhängig‚“
Ist ja wirklich zum Tot-Lachen: Da wird dem „unabhängigen“ Strukturvertrieb AWD die Hose (der Unabhängigkeit) runtergezogen. Aber nicht, wie vielleicht zu erwarten, von besorgten Verbraucherschützern, oder gar unserer bayrischen Ministerin die dafür zuständig wäre! Nein, es ist die liebe Konkurrenz von der DVAG, natürlich auch ein „unabhängiger“ Strukturvertrieb! Und da sich das die streitbaren AWD´ler nicht gefallen lassen wollen ziehen sie dieser ebenfalls die „unabhängige“ Hose runter. Was nun für jedermann im Gerichtsbeschluß zu lesen ist: Zwischen den Beinen von AWD und DVAG baumeln im wesentlichen nur provisionsträchtige Früchtchen. Ob da dem Maschmeyer Carsten (Ex-AWD-Chef und Profi-Selbstdarsteller) noch danach ist seinen Ex-Kollegen die „Stange“ zu halten? Bemerkenswert positiv ist für mich auch, daß das Urteil vom Landgericht Hannover gefällt wurde, also quasi direkt vor der AWD-Haustüre, und quasi im Schatten der AWD-Arena! Respekt der (natürlich unabhängigen) Hannoveraner Justiz!
Danke für Ihren Kommentar. Hier übrigens ein aktueller Link zum Thema. Gruß Petrreins