Hohe Kurse machen einen Kursrückgang nicht wahrscheinlicher

Seit Jahren kennen die Kurse nur eine Richtung: nach oben. Die Börsenstände haben inzwischen Höchststände erreicht. Da machen sich einige Anleger Sorgen, wie man sein Geld vor eventuellen Kursrückgängen sichert.

Zunächst halte ich es für wichtig, dass man nicht anlegt je nach Börsenlage. Wir haben zwar aktuell Höchststände, kein Mensch aber weiß, ob die Kurse noch weiter deutlich steigen werden. Ich habe es schon oft genug erlebt, dass Anleger ausgestiegen sind mit dem Argument, die Kurse seien ja gerade so hoch, da könne es nur noch runter gehen.

In der Wissenschaft ist die sogenannte „Gambler’s Fallacy“ bekannt. Es ist nämlich so: Wenn ein Spieler im Kasino sieht, dass am Roulette-Tisch bereits 10 Mal Rot gekommen ist, dann neigt er zu der Annahme, dass jetzt irgendwann Schwarz kommen MÜSSE. Bzw. dass es nun wahrscheinlich sei, dass Schwarz kommen würde, und nicht Rot. Also setzt er auf Schwarz. Die Täuschung besteht darin, dass er verkennt, dass auch wenn z.B. 100 Mal Rot gekommen ist, beim nächsten Mal die Wahrscheinlichkeit für Rot wieder bei 50% liegt.

Ähnlich kann man bei Aktien argumentieren. Auch wenn immer wieder die Kurse gestiegen sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kurse als nächstes fallen werden, nicht höher.

Gerade bei Aktienkursen kommt sogar noch ein Faktor dazu. Wir haben ja einen langfristigen Trend nach oben. Das bedeutet aber, dass rein statistisch gesehen, die Wahrscheinlichkeit, dass wir in einem Jahr die Kurse gestiegen sein werden, höher ist als die Wahrscheinlichkeit, dass die Kurse nach einem Jahr gefallen sein werden. Es ist, also würde man ein Wettspiel mit einer „unfairen“ Münze machen, d.h. einer Münze, bei der die Wahrscheinlichkeit für Wapp bei 52% liegt, und die Wahrscheinlichkeit für Zahl bei 48%.

Nehmen wir nun an, dass mit dieser München 100 Mal hintereinander Wapp geworfen worden ist. Wenn man nun meint, dass doch jetzt endlich auch mal wieder Zahl kommen müsse, und deswegen auf Zahl wettet, dann fällt man erstens auf die „Gamblers’s Fallacy“ herein, zweitens sieht man aber nicht, dass auch jetzt beim 101. Mal die Wahrscheinlichkeit für Zahl nur bei 48% liegt. Es ist also unvernünftig, so zu wetten. Man wettet gegen die Wahrscheinlichkeit und nur aus einem dumpfen Gefühl heraus.

Genauso ist es im Prinzip, wenn man aus einem Gefühl heraus jetzt alles glattstellt mit der Erwartung, dass doch jetzt endlich mal die Kurse wieder fallen müssten. Ja, ich kann natürlich auch nicht in die Zukunft schauen. Aber ich betreue schon seit sehr, sehr langer Zeit Privatkunden. Und ich habe es wirklich häufig erlebt, dass Anleger aufgrund eines solchen Bauchgefühls Fehlentscheidungen getroffen haben. Die beste Anekdote in diesem Zusammenhang ist vielleicht, dass ich einmal auch eine Kundin hatte, die ihr Geld als Wahrsagerin verdient hat. Und eines Tages (vor mehr als 15 Jahren) ruft sie bei mir an und sagt, sie hätte ein Vision gehabt, dass die Kurse ins Bodenlose stürzen. Ich solle deswegen alles für sie verkaufen und auch ihre Depot auflösen. Das habe natürlich umgehend gemacht. Naja, und was machte die Börse: die Aktienkurse sind gestiegen und gestiegen.

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