Soros sieht eher Gefahr einer Deflation

Gestern habe ich folgenden Artikel auf Focus.online gelesen: „Star-Investor Soros geißelt deutsche Inflationsangst„. Darin wird der amerikanische Hedgefonds-Manager George Soros zitiert. Soros sieht aktuell eher die Gefahr einer Deflation als einer Inflation. Das ist deswegen so bemerkenswert, weil die meisten Privatanleger, mit denen ich spreche, meinen, dass sehr hohe Inflationsraten in der näheren Zukunft unausweichlich sind.

Auch ein Großteil der Medien stößt ins selbe Horn: Immer und immer wieder wird das Gespenst der Inflation gesehen. Das ist umso erstaunlicher, als wir aktuell faktisch definitiv keine überbordende Inflation haben. Nach Angaben der Bundesbank (siehe beispielsweise den letzten Monatsbericht Seite 67) liegt die Teuerungsrate akutell um die 3%.

Diese Inflationsangst wird in der Regel unterfüttert mit fehlerhaften „Geldtheorien“. Nachfolgend gehe ich auf diese, aus meiner Sicht, fehlerhaften „Geldtheorien“ kurz ein …

Viel Nebel um den Goldstandard

Ein Fehler ist zum Beispiel, dass viele meinen, dass ein Fehler des derzeitigen Geldsystems darin besteht, dass es vermehrbar ist. Gerne wird dann auf den guten alten Golstandard verwiesen. Nach dem Motto: Die Goldmenge ist nicht vermehrbar und gibt deswegen eine gute Basis für „echtes“ Geld ab.

Diese Theorie ist sehr leicht zu widerlegen, schlicht durch einen Blick in die Geschichte. Es ist nämlich eine historische Tatsache, dass sich der Goldstandard erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts durchsetzte. Vorreiter war Großbritannien um ca. 1810. Deutschland kam erst 1870 zum Goldstandard, die USA offiziell erst ab etwa 1898. Und der Grund, warum man in dieser Zeit Gold als Grundlage der Währung nehmen konnte, bestand darin, dass es um 1850 herum eine Reihe spektakulärer neuer Goldfunde gab (Kalifornien, Alaska und Südafrika). Erst dadurch, dass im großen Stile Jahr für Jahr die Goldmenge gewachsen ist, konnte man Gold als Basis für ein Währungssystem hernehmen.

Spätestens aber seit der Verwerfungen nach dem Ersten Weltkrieg und der Großen Depression in den 1930er-Jahren ist klar, dass Gold als Grundlage für ein modernes Währungssystem ungeeignet ist. Der große Ökonom John Maynard Keynes beispielsweise war ein strikter Gegner der Wiedereinführung des Goldstandards in Großbritannien 1925. Der damalige Finanzminister, Winston Churchill, der damals den Goldstandard – trotz der Warnungen von Keynes – wiedereingeführt hat, sagte später, dass das der größte Fehler seines Lebens war. Denn die Folge war ein massiver wirtschaftlicher Einbruch in Großbritannien.

Leider wischen all jene, die momentan den „Goldstandard“ für eine gute Idee halten, all diese historischen Tatsachen einfach beiseite. Sehr, sehr lesenswert in diesem Zusammenhang ist das Buch von Liaquat Ahamed: Die Herren des Geldes. Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben. Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand nach der Lektüre dieses Buches noch ernsthaft an den Goldstandard glauben kann.

Falsche Ansichten zur Geldmenge und Geldschöpfung

Ein weiteres Problem ist, dass viele Hobby-Geldtheoretiker bei den Begriffen Geldmenge und Geldschöpfung durcheinander geraten. Sehr häufig wird das Notenbank-Geld mit der Geldmenge insgesamt gleichgesetzt. Wenn also die Notenbank „Geld druckt“, dann befürchten viele einen exorbitanten Anstieg der Geldmenge, was dann, so die Meinung, unweigerlich zu einer Inflation führen müsse.

Tatsächlich ist das Notenbank-Geld nur ein Teil der gesamten Geldmenge. Schätzungeweise weniger als ein Drittel. Der Großteil der Geldmenge wird durch die Kreditinstitute (also die Banken) geschaffen. Wie die Banken Geld „schaffen“ ist zwar etwas verwirrend und genau das erzeugt tiefes Misstrauen – das ist aber ein sehr wesentlicher Faktor. Wichtiger jedenfalls als das, was in der Macht der Notenbank liegt.

Deswegen wird ja auch zwischen verschiedenen Geldmengenaggregaten unterschieden: M0, M1, M2 und M3. Siehe beispielsweise den sehr guten Wikipedia-Artikel zu diesem Thema.

Wie Geldschöpfung funktioniert, wird sehr gut in dem folgenden Video dargestellt.

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Anhand eines Rechenbeispiels wird hier gezeigt, wie aus einer Bareinlage von 1000 DM über vier Schritte insgesamt 2.361,60 DM neues Geld geschaffen wird. Das Ganze klingt sehr merkwürdig, ist aber eigentlich keine Hexerei.

Wenn man dieses Video ansieht, achte man bitte darauf, dass für die dargestellt Geldschöpfung keine Notenbank notwendig ist. Das ist deswegen so wichtig, weil es ja in den Medien häufig so dargestellt wird, als sei die Notenbank alleine für die Geldschöpfung verantwortlich. Das Video zeigt sehr schön, dass Geschäftsbanken einen großen Anteil an der Geldschöpfung mittels Kreditvergabe haben.

An dem Video kann man auch sehr schön sehen, dass dieses System der Geldschöpfung für sich genommen nichts komplett Unsolides oder Fragwürdiges ist. Das System steht und fällt vielmehr mit der Quote für die notwendige Barreserve. Hierfür gilt für normale Zeiten ein Erfahrungswert. So weiß man, dass im Normalfall eine Barreserve von 20% oder weniger genügen.

Klar wird so auch, warum ein Bankenansturm für das Bankensystem so gefährlich ist, wenn nämlich alle Einleger mit einem Schlag all ihr Geld abheben möchten. So etwas kann die solideste Bank umhauen.

Vielleicht noch ein kleiner Nachtrag dazu: Auf diese Weise Geld geschöpft haben die Banken auch zu Zeiten des Goldstandards. Womit man wieder sieht, dass mit einer Wiedereinführung des Goldstandards das Fiat-Geld-Thema noch lange nicht abgehakt wäre.

Inflation muss nicht schlecht sein

Zuletzt noch eine Bemerkung zum Schreckgespenst Inflation. Viele meinen, dass Inflation etwas ganz, ganz Schlimmes sei. Ich rede nicht von Hyperinfaltion, aber tatsächlich ist eine Geldentwertung sogar gut für die Wirtschaft. Und damit für uns alle.

Man sehe sich zu diesem Thema beispielsweise folgendes Video über die Regionalwährung „den Chiembauer“ an:

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Der Chiemgauer ist eine Erfolgsgeschichte. Interessant ist aber, dass er alle 3 Monate 2% an Wert verliert. Im Text heißt es: „Dadurch gibt man das Geld schneller aus und fördert die Geschäfte vor Ort.“ Eine Geldentwertung alle 3 Monate um 2%, das ist eine Inflationsrate von 4 x 2% = 8%. Ist das nicht genau das, wovor so viele Angst haben? Ist eine Geldentwertung von 8% nicht das große Schreckensgespenst?

In dem Videobeitrag jedenfalls wird der Chiemgauer als Erfolgsmodell dargestellt – trotz der offenbar hohen eingebauten Entwertung. Offenbar stimmt also etwas nicht mit der übertriebenen Infationsangst vieler Deutscher. (Wie gesagt ich spreche nicht von Hyperinflation, was ohne Zweifel Gift für eine Volkswirtschaft ist).

3 Kommentare
  1. Imeap
    Imeap sagte:

    Hallo,

    ein sehr lobenswerter Artikel; ich stimme fast allen Punkten vollständig zu. Aber entspricht eine Inflation von „alle 3 Monate 2% Wertverlust“ nicht auf das Jahr gerechnet einem Wertverlust von 7,76% (0,98^4=0,9224) und nicht 2%*4=8%?

    Grüße und vielen Dank für den Artikel, Imeap.

    PS: Die Mailadresse ist (w.z.e.) eine Fakeadresse. Ich halte nichts von Pflichtangaben bei Kommentaren…

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    • Peterreins
      Peterreins sagte:

      Es ist ja nicht so, dass 2% Inflation absolut pro Monat oder Quartal gemeldet werden, sondern -annualisierte- 2%. Nehmen wir beispielsweise an, dass man für einen festgelegten Warenkorb innerhalb eines Monats 0,15% mehr zahlen müsste. Dann würde es keine Mensch verstehen, wenn gemeldet würde: „Inflationsrate im Januar lag bei 0,15%“. Daher werden diese 0,15% aufs Jahr hochgerechnet, also annualisiert. Und dann heißt die Meldung: „Die Inflationsrate im Januar lag -annualisiert- bei 1,81 %.“ Das ist auch gut so, denn dann kann man diese Zahl besser einordnen. Man darf jetzt aber auch nicht den anderen Fehler begehen und glauben, dass der Warenkorb von einem Monat zum anderen tatsächlich insgesamt 1,81 % teurer geworden ist.

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