Die Geschichte der US-Staatsverschuldung der letzten 30 Jahre
Manche Leute behaupten, dass die Staatsverschuldung immer nur größer und größer wird. Manche behaupten sogar, dass die Staatsverschuldung notwendigerweise immer größer wird. Interessant ist daher ein Blick in die jüngere Geschichte.
Als Ronald Reagan 1981 US-Präsident wurde lag die US-Staatsverschuldung bei 1 Billion USD. Reagan meinte, mit Steuersenkungen die Wirtschaft in Schwung bringen zu können. Andererseits gab er viel Geld für Rüstung aus. Das Ergebnis am Ende seiner Amtszeit: Reagan verdreifachte fast die US-Staatsschulden auf 2,857 Billionen USD.
Auch unter seinem Nachfolger George Buch (senior) weitete sich die US-Staatsverschuldung aus.
Im Jahre 1993 wurde Bill Clinton US-Präsident. Zu dieser Zeit war Alan Greenspan schon 6 Jahre lang Chef der US-Notenbank. Greenspan legte Clinton dar, dass die hohe Staatsverschuldung (damals 4,4 Billionen USD) eines der wichtigsten Probleme der US-Politik darstellt. Clinton hatte während der Wahl das Versprechen abgegeben, die Sozialversicherungssysteme der Vereinigten Staaten zu reformieren. Das wäre aber nur gegangen, wenn Clinton noch mehr Schulden gemacht hätte.
Clinton sah sich also vor der Alternative: Entweder hält er sein Wahlversprechen und verschiebt das Schuldenproblem – oder er geht das Schuldenproblem an und verzichtet auf eine Reform der Sozialversicherungssysteme. Greenspan drängte natürllich darauf, das Schuldenproblem anzugehen.
Das Bemerkenswerte an Bill Clinton war, dass er nicht kurzsichtig handelte, sondern sich weitsichtig auf die Lösung des US-Schuldenproblems konzentrierte. Nur sehr wenige Politiker haben ein solches Format.
Clinton kam natürlich der Wirtschaftsaufschwung zu Hilfe, der ab Mitte der 1990er-Jahre einsetzte. Jedenfalls gelang ihm das Unglaubliche: Ab 1998 hatte die USA keine Staatsdefizite mehr sondern Überschüsse. Und zwar in Höhe von mehreren 100 Millarden USD.
Als 2001 Bill Clinton von George W. Busch (junior) abgelöst wurde, sah es so aus, als wäre der amerikanische Staat in ein paar Jahren komplett schuldenfrei. Alan Greenspan schreibt in seiner Autobiografie (S. 251):
„In seiner Begrüßung erwähnte der Ausschussvorsitzende Pete Domenici die beiden Schlüsselfragen: War der erwartete Überschuss vorübergehender oder dauerhafter Natur? Und wie sollte man reagieren, falls er weiter anstiege? … Doch die prognostizierten Überschüsse waren so gewaltig, dass die Schulden in wenigen Jahren abgebaut wären. Der Überschuss würde danach jedoch weiter wachsen. Die Senatsstatistiken sahen inzwischen folgende Zahlen voraus: 218 Millarden USD für das Jahr 2001, 313 Milliarden USD für das Jahr 2002 und 359 Milliarden USD für das Jahr 2003. Und so weiter. Der Senat rechnete damit, dass die Staatsschulden bei gleichbleibender Finanzpolitik bis zum Jahr 2006 abgebaut waren … Danach würden Jahr für Jahr mehr als eine halbe Billion USD zusätzlich in den Staatssäckel fließen.“
Ist das nicht interessant? Im Jahre 2001 rechneten viele Leute ernsthaft damit, dass die USA möglicherweise bis zum Jahre 2006 keine Staatsschulden mehr hätte. Und das ist gerade einmal 10 Jahre her.
Wir wissen natürlich, dass damals einiges anders lief als gedacht. Zunächst einmal senkte George W. Bush, ähnlich wie sein Vorbild Ronald Reagan, drastisch die Steuern. Das aber in einer Zeit, in der sowieso ein wirtschaftlicher Abschwung einsetzte.
Außerdem kam der 11. September und die anschließende Kriegspolitik George W. Bushs dazwischen. Mit rapider Geschindigkeits wandelten sich die prognostizierten Staatsüberschüsse in horrende Defizite. Schließlich kam noch die Finanzkrise dazu, in deren Folge die Belastung für den Staatshaushalt zusätzlich strapaziert wurde.
So kam es, dass sich die US-Staatsschulden – anstaat kleiner zu werden – unter Bush sich fast verdoppelten. Von etwa 5,8 Billionen USD auf 10 BIllionen USD.
Barak Obama hat im wesentlichen ein finanzpolitisches Desaster von George W. Busch geerbt. Umso mehr ist es, aus meiner Sicht, eine Schande, dass viele republikanische Politiker sich einer konstruktiven Politik versperren, was den US-Schuldenberg betrifft. Stattdessen werden kleinliche, partiepolitische Spielchen betrieben. Traurig, traurig, kann ich da nur sagen.
Interessant ist aber eben auch, wie schnell sich die Dinge ändern können. Vor zehn Jahren schien es eine ausgemachte Sache, dass die US-Staatsüberschüsse ungebrochen weitergehen. Heute scheint es so, als könnte der Schuldenberg nur wachsen und wachsen. So wie das eine eine Täuschung gewesen ist, so kann auch die heute allgemein gängige Meinung sich recht bald als Makulatur erweisen.
interessant wäre zu betrachten wie hoch die Privatverschuldung in den Zeiten der veringerten Staatsverschuldung war bzw. sich in begriff zu entwickeln befand? Denn, von nix kommt nix. Wo ein Plus ist, muss auch irgendwo ein Minus sein. Und da die USA – so glaub ich – sehr Binnenmarkt-orientiert war und ist, mag die pro-Kopf-Verschuldung äquivalent gewesen sein. Also die Frage wäre: was steht da wirklich unter dem Strich? Der Welt gehen die Schuldner aus, also müßen die Staaten ran?
Die Höhe der Privatverschuldung hat nichts mit der Höhe der Staatsverschuldung zu tun. Wenn der Staat seine Schulden abbaut, muss das nicht eine Erhöhung der Privatverschuldung zur Folge haben.
Hilft nichts – die USA muss schlechter bewertet werden. Alleine schon wegen den Politikern , nicht nur wegen den Schulden….eine Firma mit schlechtem Geschäftsführer und Angestellten wird auch schlecht bewertet….
Ein interessanter Beitrag. Ich sehe nur leider keine Lösung :-(!!!
Hinweis auf eine Buchrezension:
Erfindergeist und Niedergang – Eine kritische Bestandsaufnahme der USA
Thomas Friedman und Michael Mandelbaum: „That used to be us“, Farrar Straus & Giroux Verlag
Von Tobias Armbrüster
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/1592841/
Es geht in der Diskussion nach meiner Wahrnehmung nicht darum, ob die Staatsschuld tilgbar ist – sie ist es! Sondern ob die Gesamtschulden des Wirtschaftssystems tilgbar sind – sie sind es theoretisch wohl, allerdings praktisch kaum, da unser Geld ab dem ersten Euro aus Schulden besteht.
Fällt der Staat als Neuschuldener aus, sollte eigentlich der Privatsektor als Neuschuldner einspringen. Geschieht das nicht, kommt es zu einer Wirtschaftskontraktion – wie aktuell in Europa, wo überall die Zeichen auf Schuldenreduktion stehen.
Die Schulden werden auch nicht notwendigerweise „von selbst“ immer größer. Wenn wir aber an unserem derzeitigen (!) Geldsystem festhalten wollen, dann sollten sie es tunlichst.
Trotz aller Schelte sind Notenbanker und Politiker ja nicht doof: Die Insolvenz der PIGS-Staaten würde in unserem System Rezession bedeuten. Alte Schulden mit neuen Schulden zu „bekämpfen“ ist daher (im jetzigen Geldsystem!) nahezu alterntivlos.
VG