Finanztest checkt Fonds-Depots

Im Finanztest 08/2009 steht auf den Seiten 36-38  ein Artikel mit dem Titel „Leserdepots im Krisencheck“. An sich halte ich viel vom Finanztest. Aber dieser Beitrag ist wirklich unglaublich schlecht …

So fängt der Finanztest-Artikel an:

“ … Wir zeigen, wie Anleger mithilfe der monatlichen Finanztest-Bewertungen ihre Fondsanlagen gut durch die Krise bringen.“

Leider beruhen die Finanztest-Bewertungen ausschließlich auf Performance-Daten der Vergangenheit. Die Gestamtkostenbelastung eines Fonds oder die Art des Risikomanagements (also zwei äußerst relevante Kriterien) gehen nicht in die Finanztest-Bewertung ein. Offenbar haben sich solche Worte wie die von David Swensen beim Finanztest noch nicht herumgesprochen. Dessen Aussagen über das Fonds-Rating von Morningstar kann man eins zu eins auf das Finanztest-Rating übertragen (zitier aus dem Buch „Erfolgreich investieren“):

„Leider erhalten die Investoren keine hilfreiche Unterstützung von Morningstar, da sich deren Bewertungssystem als hoffnungslos naiv herausstellt. Historische Performancezahlen, kombiniert mit einem Instrument zur Risikobewertung, bilden die Grundlage für die Verteilung der Sterne … Morningstars offensichtlich fehlerhaftes System versagt, da es sich ausschließlich auf historische Daten bezieht … Morningstar erkennt nicht, dass Informationen über die historische Performance wenig hilfreich bei renditesteigernden Entscheidungen sind. Somit sind die regelmäßigen Versuche, das Bewertungssystem zu verändern, nicht sehr Erfolg versprechend … Kluge Investoren schenken dem nutzlosen Bewertungsschema von Morningstar keine Beachtung. [Meine Hervorhebungen]“

Finanztest legt also ein ähnlich nutzloses Bewertungsschema wie Morningstar oder FERI vor. Und danach sollen Anleger entscheiden? Schauen wir mal wie das in der Praxis dargestellt wird. Im Finanztest-Artikel heißt es weiter:

Dieter  Hartmann: Ich bin Rentner und habe gut ein Dutzend Fonds, darunter offene Immobilienfonds, Aktienfonds Welt und Rohstoffe sowie verschiedene Misch- und Dachfonds. Zurzeit sitze ich auf rund 20 Prozent Verlust. Stimmt etwas an meiner Mischung nicht? Soll ich lieber ETFs kaufen…?

Finanztest: Ihre Mischung passt gut. Es spricht nichts gegen aktiv gemanagte Fonds. Es gibt immer noch viele, die ihre Vergleichsindizes schalgen … Eine Umschichtung ist aus unserer Sicht nicht notwendig. Wenn Sie am Mix etwas ändern wollen, ollten Sie an Rentenfonds denken…“

Wie bitte? Gegen aktiv gemanagte Fonds ist nichts einzuwenden? Der Finanztest scheint die gesamte wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema zu ignorieren. Dazu aber gleich. 

Zunächst noch etwas anderes. Der Finanztest beurteilt, ob ein Fonds-Depot für einen Anleger passt, ohne einen Blick auf dessen Anlageziele oder Risikoneigung zu schmeißen. Vielleichtr waren für Herrn Hartmann schon immer Aktienfonds falsch, um seine Anlageziele zu erreichen. Wenn er beispielsweise nur eine Rendite von 2% p.a. braucht, um seine Anlageziele zu erreichen. Warum sollte er dann mit einem solchen Übergewicht in risikoreiche Aktien gehen. Zu dem Thema, was gute Anlageberatung ausmacht, verweise ich hier auf meinen Beitrag: „Was macht gute Anlageberatung aus?

Herr Hartmann erzählt von Dachfonds. Der Finanztest gibt keinerlei Hinweis darauf, mit welch exorbitant hohen Gebühren diese Anlageform versehen ist. Ferner hat Herr Hartmann offene Immobilienfonds. Auch hier keinen Hinweis auf die Risiken, die mit offenen Immobilienfonds verbunden sind und fast immer stark unterschätzt werden. (Siehe meine Beiträge dazu: Teil1 und Teil2).

Schließlich ist sehr bemerkenswert, dass der Finanztest kein Wort über ein Risikomanagement verliert, das Herr Hartmann machen sollte, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Wirkliche Experten wissen, dass ein gutes Risikomanagement der Erfolgsfaktor Nummer Eins bei der Geldanlage ist. Leider haben viele Privatanleger davon noch nichts gehört (was ein Grund dafür ist, dass die Geldanlage vieler Privatanleger so desolat ist), aber dass der Finanztest davon nichts gehört hat ist wirklich sehr traurig.

Nun zu dem Punkt, dass der Finanztest es schon in Ordnung findet, wenn Herr Harmann in aktiv gemanagten Fonds bleibt. Auch hier ist es die Regel, dass noch viele Privatanleger an die Mär erfolgreicher aktiv gemanagter Fonds glauben. Sowohl institutionelle Anleger, wirklich professionelle Anleger sowie die gesamte wissenschaftliche Forschung ist sich einig: dass passives Management besser ist (also Index-Produkte wie z.B. ETFs).

Erstens gibt es seit mehr als 100 Jahren stichhaltige theoretische Argumente gegen aktiv gemanagte Fonds (seit den Arbeiten des Mathematikers Louis Bachelier, 1870 – 1946). Außderdem wurde das in zahlreichen empirischen Studien untermauert. Beispielsweise:

  • Jensen (1968): aktiv gemanagte Fonds waren vor Kosten 1,1% schlechter als der Markt
  • Brinson, Hood, Beebower (1986): Aktienfonds waren nach Kosten 1,1% schlechter als der Markt
  • Malkiel (1995): Aktiensfonds waren nach Kosten 3,2% schlechter als der Markt (!!)
  • Griese, Kempf (2003): Aktienfonds waren bis zu 1,5% schlechter als der Markt.
  • etc. etc.

Vielleicht sollte der Finanztest-Redakteur einmal die entsprechende Fachliteratur lesen. Ich empfehle hier das Buch von Prof. Weber: „Genial einfach investieren.“

Wie kann der Finanztest eine solch eindeutige Sachlage einfach ignorieren? Und das mit einem so fadenscheinigen Argument, dass es „immer noch viele [Fonds gibt], die ihre Vergleichsindizes schlagen“? An dieser Stelle ist schon einmal wichtig zu wissen, dass diese Vergleichsindizes fast immer sogenannte Kursindizes sind, die von Natur aus in etwa 2 bis 3 % schlechter abschneiden als die korrekter berechneten Performance-Indizes.

Zweitens spricht die Wahrscheinlichkeitstheorie eine eindeutige Sprache. Und die sagt: Die Wahrscheinlichkeit aus (sagen wir) 5000 Investmentfonds im Nachhinein  einen Fonds zu finden, der 5 Jahre hintereinander jedes Jahr hervorragend abschneidet, und das rein aufgrund von Glück un Zufall, diese Wahrscheinlichkeit liegt bei 100,0%. Oder anders formuliert: es wäre sehr erstaunlich nicht mindestens einen solchen Fonds zu finden, dessen Performance aber dann nichts mit Können zu tun hat, sondern nur mit Glück und Zufall.

Selbst dafür, nach 10 Jahren einen solchen Glücks-Fonds aus 5000 Fonds im Nachhinein zu finden, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 99,2%.

Wenn man also im Nachhinein einen bestimmter Fonds findet, der über eine längere Zeitstrecke sehr gut abgeschnitten hat, muss das noch lange nichts mit der Güte des Managements zu tun haben, sondern ist ohne Weiteres mit Glück und Zufall erklärbar. Ähnlich wie es nichts über die Qualität einer Münze auszusagen braucht, wenn man mir ihr 5 Mal hintereinander Zahl geworfen hat. In diesem Zusammenhang empfehle ich dem Finanztest das Buch von Nassim Taleb: „Narren des Zufalls“ (die es nämlich gerade im Finanzbereich viel häufiger gibt, als man glaubt).

Was sind dann die wirklich guten Auswahlkriterien für Investmentfonds? Dazu möchte ich Jason Zweig zitieren (aus dessen Buch „Gier“ zitiert):

„Anlageberater haben kürzlich die Kosten als den 8-wichtigsten Faktor bei der Analyse eines Investmentfonds eingestuft, nach anderen Faktoren wie Performance, Risiko, Alter des Fonds und Dienstalter des aktuellen Fondsmanagers. Leider kann keiner dieser Faktoren diesen sogenannten Experten dabei helfen, diejenigen Fonds zu erkennen, die künftig Toprenditen erzielen werden. Jahrzehnte rigider Forschung haben gezeigt, dass der wichtigste einzelne Faktor für die zukünftige Performance eines Investmentfonds diese kleine, relativ statische Zahl ist: die Gebühren und Kosten.“

Wirklich schade, dass eine Zeitschrift mit einer so hohen Reputation wie der Finanztest einen solchen Unsinn mit Bezug auf Investmentfonds schreibt. Das wäre etwa damit vergleichbar, dass der Test Waschmaschinen testet, aber beim Test jegliches Ingenieurs-Wissen ignoriert bzw. sogar Dinge behauptet, von denen jeder Ingenieur weiß, dass sie falsch sind. Wie hilfreich wäre ein solcher Test? Ich denke: gar nicht. Gerade im Gegenteil, er kann nämlich zu schlimmen Fehlentscheidungen verleiten. Und genau das tut das sehr fragwürdige Fonds-Bewertungssystem von Finanztest.

1 Kommentar
  1. Handundstein
    Handundstein sagte:

    Sehr guter und interessanter Beitrag, grundsätzlich stimme ich auch völlig mit Ihnen überein. Ein Wort nur zur teilweisen Rettung der Ehre von Morningstar: In Ihr „qualitatives Rating“ (nicht die Sternchen-Bewertung) fließen, soweit ich weiß, auch die Kosten ein. Und zumindest in ausführlicheren Analysen werden die Kosten eines Fonds immer angesprochen – wenn sie auch für meinen Geschmack nicht ausreichend berücksichtigt werden.

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