Capital zu Börsengurus

In der Ausgabe 12/2014 des Wirtschaftsmagazins Capital steht ein ausführlicher Bericht zum Thema Börsengurus: “Guru oder Gaga” von Christian Kirchner. Viele Anleger glauben ja daran, dass bestimmte Menschen die besondere Fähigkeit haben, Kapitalmarktentwicklungen treffsicher vorhersagen zu können. Solche vermeintliche Börsengurus schreiben Bücher, schreiben Börsenbriefe, geben Interviews, treten in Talkshows auf oder treten sonstwie in den Medien auf.

Die Frage ist natürlich, was davon zu halten ist. Kann man sich wirklich als Anleger auf die Aussagen von Börsengurus verlassen? Darum geht der genannte Artikel im Capital.

Darin wird auch ein kurzes Interview mit dem Verhaltensökonom Joachim Goldberg veröffentlicht. Dieses Interview finde ich so gut, dass ich es an dieser Stelle eins zu eins zitieren möchte:

Capital: Herr Goldberg, was ist der Trick von erfolgreichen Börsengurus?

Goldberg: Die angeblich seherischen Fähigkeiten sind häufig das Produkt des blanken Zufalls. Jeden Tag geben zig Profis Markteinschätzungen ab. Manchmal auch radikale, zum Beispiel über den unmittelbar bevorstehenden Crash. Das heißt auch: Wenn es wirklich kracht wie etwas 2000 oder 2008, wird es immer kurz vorher auch einer gewusst haben. Aber was nutzt mir das? Nichts. Duplizieren können das die Experten auf Dauer nie.

Capital: Warum haben Gurus dennoch ein so großes Publikum?

Goldberg: Weil der Mensch ein natürliches Kontrollbedürfnis hat und die Marktschwingungen so komplex wirken. Da liegt der Versuch nah, sich nach Leuten zu richten, die vorgeben, sie wüssten, wo es langgeht. Es spart zudem Zeit. Und die Sucht nach Helden gibt es auch in anderen Lebensbereichen. Dabei kann man Gurus rasch demaskieren.

Capital: Wie soll das gehen?

Goldberg: Überraschenderweise nutzen selbst ernannte Experten ihr Wissen selten, um Geld einfach zu mehren, sondern verdienen stattdessen ihren Lebensunterhalt mit Seminaren, Börsenbriefen, Vorträgen oder heißen Tipps. Hinzu kommt die semantische Finte, sich nie festzulegen. “Kaufen Sie Aktien – aber seien Sie vorsichtig!” … Mit dem Satz können Sie natürlich immer sagen, dass Sie richtig lagen. Oder Sie ziehen sich darauf zurück, dass Sie zwar eine Prognose abgeben, aber den Zeitraum offenlasen.

Capital: Derzeit haben vor allem Crashgurus Konjunktur, in den Bestsellerlisten dominieren Pessimisten. Warum?

Goldberg: Sehen Sie sich die Aktionärszahlen an: Die meisten haben die Kursrally verpasst und misstrauen dem Aufschwung. Entsprechend lassen sich die Leute in der Meinung bestärken, dass ihre Skepsis berechtigt ist.

Capital: Bis sie einmal richtigliegen nach nunmehr sechs guten Börsenjahren.

Genau. Aber wann genau kracht es? Rechnerisch sehen sechsmal in Folgen Rot im Kasino unwahrscheinlich aus. In einer süddeutschen Spielbank kam aber einmal sogar 40-mal Rot hintereinander. Vergessen Sie einfach Crashgurus!

Da kann ich von meiner Seite eigentlich nichts hinzufügen. Außer vielleicht der Hinweis, dass angebliche Börsengurus den Anlegern regelmäßig sehr, sehr viel Geld kosten. Erstens mit überteuerten und vor allem nutzlosen Seminaren, Büchern, etc. Zweitens aber durch ihre falschen Prognosen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch folgender Hinweis in dem genannten Capital-Artikel:

So hat der US-Nobelpreisträger William Sharpe 1975 errechnet, welche Erfolgsquote ‘Markttimer’ benötigen, um besser abzuschneiden als der Markt…. Intuitiv würde man annehmen, dass eine Trefferquote von 51 Prozent ausreicht, um geduldige Anleger zu schlagen, die Aktien kaufen und halten. Tatsächlich brauchen Crashgurus aber eine Quote von 74 Prozent.

Der Grund: Tage mit starken Gewinnen und Verlusten liegen meist zeitlich nah beieinander, wer nur einige wenige starke Börsentage verpasst, hat kaum noch Chancen aufzuholen…

Aber selbst die besten Börsengurus kommen nicht einmal in die Nähe einer Trefferquote von 74 Prozent.

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