Finanztest: Schlechte Beurteilung der Anlageberatung durch Banken

Die Banken scheinen derzeit halbjährlich von der Stiftung Warentest getestet zu werden, was die Güte ihrer Anlageberatung betrifft. Gestern ist wieder das Ergebnis eines Tests veröffentlicht worden:

  • 146 Beratungsgespräche in verschiedensten Bankfilialen wurden geführt.
  • Von den getesteten Bankinstituten schnitt keines mit den Noten Gut oder Sehr Gut ab (!)
  • Nur drei von 21 Banken bekamen die Note Befriedigend, das sind 14,3%.
  • 12 Banken bekamen die Note Ausreichend, das sind 57,1%
  • 6 Banken schnitten sogar mangelhaft ab, das sind 28,6%.

Unter den mangelhaften Banken waren die Hypovereinsbank, die Postbank und die Targobank (vormals Citibank).

Dieses miserable Ergebnis geht gerade wie ein Aufschrei durch die Medien. Viele sind enttäuscht, weil man nach der Finanzkrise von den Banken Besserung erwartet hätte. Aus meiner Sicht ist dazu folgendes zu sagen …

Die Tester der Stiftung Warentest bemängelten vor allem drei Punkte:

  1. Mangelhafte Kundenbefragung. Analgeberater sind gesetzlich verpflichtet, gewissen Informationen vom Kunden zu erfragen, bevor sie eine konkrete Wertpapiere empfehlen. Darunter fallen Einkommens- udn Vermögensverhältnisse, die Ziele, die ein Anleger mit seiner Geldanlage verfolgt, aber auch dessen Erfahrungen und Kenntnisse mit Finanzprodukten. Viele Bankberater sind dieser gesetzlichen Pflicht nicht nachgekommen.
  2. Beratungsprotokoll. Seit Januar 2010 sind Anlageberater dazu gesetzlich verpflichtet, ein Protokoll über das Beratungsgespräch zu erstellen und es dem Kunden auszuhändigen. Auch das haben etwas die Hälfte der getesteten Bankberater versäumt.
  3. Verkaufen statt beraten. Im Finanztest heißt es: „Die größte Bedeutung für die qualität der Anlageberatung hat … das, was sie schließlich empfohlen haben… Erkennbar war, dass Bankberater Verkäufer sind…“ Viele Bankberater richten ihre Empfehlung also in erster Linie danach, wo am meisten Provision zu kassieren ist.

Was die Kundenbefragung betrifft, bin ich auch der Meinung, dass sie ein absolutes Muss ist. Anlageratung kann nicht gut sein, wenn sie nicht die konkrete Situation des Anlegers berücksichtigt. Dass sich viele Berater dafür nicht interessieren, unterstützt die These, dass es ihnen mehr ums Verkaufen als um die Beratung geht. Der Berater scheint zu denken: „Nerv mich nicht mit deinen persönlichen Details, ich möchte dir sowieso so schnell wie möglich das Anlageprodukt X verkaufen.“

Das mit dem Beratungsprotokoll ist inzwischen ein gesetzliches Muss. Ich für meinen Teil bin nicht davon überzeugt, dass die konkreten Details, wie sie der Gesetzgeber fordert, wirklich sinnvoll sind. In der Praxis ist die Erstellung eines solchen Protokolls häufig mit sehr hohem Aufwand verbunden. Ich habe darüber schon einmal hier geschrieben: „Viel Bürokratie, wenig Nutzen“ und „Wann ein Beratungsprotokoll notwendig ist“.

Auf der anderen Seite kann ich die Bankberater nicht verstehen. So lästig die Erstellung eines Protokolls ist, so ist das Protokoll doch vor allem eine Absicherung für den Berater selbst. Oder anders formuliert: Wenn er nach einem Beratungsgespräch kein Protokoll überreicht, ist die Gefahr hinterher haftungsrechtlich in die Mangel genommen zu werden, extrem hoch. Insofern müssen Banken schlicht dumm sein, wenn sie nicht tunlichst darauf achten, immer ein Beratungsprotokoll auszuhändigen.

Es nicht zu tun, wäre etwa so als würde ein Arzt vor einer Operation seinen Patienten nicht unterschreiben lassen, dass er über aller Risiken aufgeklärt worden ist. Wenn ein Arzt das versäumt, spielt er mit seiner eigenen beruflichen Existenz. Mir ist nicht klar, warum das vielen Bankberatern nicht bewusst ist, auf welche Risiken sie sich einlassen, wenn sie kein Protokoll aushändigen – und zwar selbst dann, wenn es zu keinem Abschluss kommt.

Das Thema „Verkaufen statt beraten“ ist natürlich uralt. Klar muss sein, dass ein Beratungsgespräch in irgendeiner Weise entlohnt werden muss. Das kann entweder a)  ein Stundenhonorar sein oder eben b) eine Provision, die bei Abschluss fällig ist.

Offenbar verdient der Berater im Fall b) nur dann, wenn es zum Abschluss kommt. Der Anlageberater hat in diesem Fall also ein Interesse an einem Abschluss. Käme es nämlich zu keinem, dann hat er möglicherweise stundenlang beraten, der Kunde bedankt sich höflich, der Berater verdient aber keinen Pfennig. Dass das so nicht funktionieren kann, ist offensichtlich.

Auf der anderen Seite sind sehr viele Anleger nicht bereit, für eine gute Beratung ein angemessenes Honorar zu bezahlen. Die Kunden erwarten eine „kostenlose“ Beratung. Ärgern sich dann aber, wenn sie schlechte Anlageprodukte angedreht bekommen, bei denen die Provisionen hoch sind. Hier liegt ein Grundwiderspruch beim Verbraucher.

Diesen Widerspruch kann man selbst bei dem aktuellen Bankentest feststellen. Wenn nämlich kritisiert wird, dass eher verkauft als beraten wird, bzw. dass der Bankberater vor allem auf die Provision achtet. Bei dem derzeit gängigen „kostenlosen“ Beratungsmodell, das die Verbraucher von Finanzberatern einfordern, wäre es erstaunlich, wenn der Berater anders handeln würde.

Solange sich das Beratungsmodell der Banken nicht grundsätzlich ändert, ist nicht zu erwarten, dass sich die Beratungsqualität dramatisch verbessern wird.

Was ist mein Lösungsvorschlag?

Ich denke, die Anleger sollten sich daran gewöhnen, dass sie für gute Anlageberatung ein Honorar bezahlen müssen. Nur dann ist gewährleistet, dass der Berater auch solche Anlageformen empfiehlt (ja überhaupt empfehlen kann), bei denen er keinerlei Provisionen verdient. Es wäre von Seiten der Banken vielleicht einmal eine Sache des Mutes, hier über neue – fairere –  Vergütungsmodelle nachzudenken und sie dann anzubieten. Der Kunde ist vielleicht auch deswegen nicht an die Honorarberatung gewöhnt, weil es zu wenige anbieten.

Wobei wir dann sofort zum nächsten Problem kommen: Denn eine Honorarberatung ist für sich genommen noch kein Garant für eine gute Beratung. Ich habe es in meiner beruflichen Praxis schon einige Male erlebt, dass ein Kunde zu mir kam, der zuvor bei einem Honorarberater war, und sehr unzufrieden mit der Beratung war. Also: Welche Vergütungsform auch gewählt wird, es bleibt die Frage, wie man einen kompetenten, guten Anlageberater erkennen kann. Für den normalen Anleger sehr, sehr schwierig. Und durch gesetzliche Vorschriften schon gar nicht lösbar.

Ich habe einmal hier ein paar Ideen aufgeschrieben, welche Kriterien es gibt, gute Anlageberatung zu erkennen.

Weiter Links zum Thema:

5 Kommentare
  1. Christian Schmidt
    Christian Schmidt sagte:

    Es war einmal… In den 80er Jahren lernte ich kennen, wie Banken auch funktionieren konnten. Meinem Großvater durfte ich bei der Führung seines Depots bei einer kleinen, feinen Privatbank zur Seite stehen. Gehandelt wurden in erster Linie Aktien und Optionen, und das Depot hatte eine sehr ertragsorientierte Handschrift. Mehr als 20 Jahre hatte mein Großvater den gleichen Ansprechpartner, von dem ich viel lernen durfte: Verluste begrenzen!!!, Diversifikation, klare Gedanken bei der Geldanlege, Disziplin und hanseatische Kaufmannsmentalität. Zum Schluß gehörte Herr Volkmann fast zur Familie. Gern hätte ich zumindest die Depotnummer geerbt, jedoch endete die Geschäftsbeziehung mit den Worten „Ach, Junior, Du kannst die Vorteile unseres Hauses noch gar nicht richtig nutzen und mit mir geht demnächst auch ein Fossil in Rente.“ bei einer guten Zigarre. Schlechte Beratung? Das hat der Kunde nicht verdient und sollte sich, bevor es heftig teuer wird, woanders umsehen. Wenn die Stiftung Warentest woanders getestet hätte (Vermögensverwalter, andere Banken) wäre das Ergebnis auch anders ausgefallen, denn es gibt nach wie vor sehr gute Adressen im Finanzbereich. Warum werden immer nur Banken getestet?

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  2. Netzjournalist
    Netzjournalist sagte:

    Das ist tatsächlich ein Manko des Tests… mich würde interessieren, wie ein solches Ergebnis nach den gleichen harten Kriterien bei den einschlägigen Beratern ausgefallen wäre. Auch dort habe ich nicht immer gute Erfahrungen gemacht (bislang allerdings nur bei Provisions-, nicht Honorarberatung). Auch dort geht’s in vielen Fällen eher ums Verkaufen.

    Übrigens kommt auch in der aktuellen Capital ein ähnlicher Test. Da liegen Deutsche Bank und Quirin vorne, ebenso mit Abstrichen die bei den Warentestern schlecht weggekommene Targo Bank. Ganz am Ende: Die Commerzbank. Das Thema Fallzahl kommt dort übrigens gar nicht zur Sprache, wenn ich es nicht überlesen habe.

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  3. Andrea Hermes
    Andrea Hermes sagte:

    Hallo,

    dass Banken nicht immer das Wohl des Kunden im Sinn habe – sondern eher ihr eigenes – ist ja hinreichend bekannt. Ich bin im Internet über eine ganz spannende Seite gestolpert, die Nutzer bei der Suche nach einem passenden Finanzexperten unterstützt. Das eigentlich Innovative an diesem Maklerportal ist, dass auch Kundenbewertungen angezeigt werden. Dadurch kann man sich schon vor der eigentlichen Beratung ein Bild von seinem Wunschberater machen und seine Qualität einschätzen. Ich habe mich schon vor einigen Jahren von meiner alten Hausbank getrennt. Der Grund war ebenfalls die mangelhafte Beratung.

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  4. TÜLAI
    TÜLAI sagte:

    Alexander Dill 21.07.2011
    Ein Lehrstück über Riester, Aktienfonds, Sparen und Rentenversicherungen. Was ist eigentlich Wirtschaft? Teil 3

    Als Teil seiner Serie Was ist eigentlich Wirtschaft? analysiert Alexander Dill vom Basel Institute of Commons and Economics das Depot einer alleinstehenden Mutter, der ein Berater der VR-Bank acht Finanzprodukte verkauft hat, darunter sieben verlustreiche.

    http://www.heise.de/tp/artikel/35/35140/1.html

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