Antwort auf die Leserfrage: Wie schützt man sich gegen eine Währungsreform/Hyperinflation?

Ein Leser dieses Weblogs stellte mir folgende drei Fragen:

1. Was sind Stragegien bei einer Währungsreform. Hat man mit Immobilien dann ein Klotz am Bein, da Lastenausgleich? Warum ist die Angst-getriebene Anlagen nicht gut?
2. Kann Griechenland (Spanien, Portugal) die EU und damit den EURO wirklich in eine unüberwindbare Krise treiben?
3. Staatsschulden und die gängige Aussage “wie können wir das jemals zurückzahlen. Das kann doch nur schief gehen” Herr Michael Grand schreibt sogar von der Möglichkeit “Bargeldabhebungen einzuschränken und Banken zu schließen, damit man nicht in eine andere Währung wechseln kann.” (Buch: Der Staatsbankrott kommt)

Hier meine Antwort auf die erste Frage…

Viele Anleger haben Angst vor Hyperinflation und Währungsreform

Ja, es gibt derzeit einige Anleger, die ihre Entscheidungen deswegen treffen, weil sie Angst vor einer Hyperinflation oder sogar Währungsreform haben. Die Argumentationskette scheint hier sehr logisch zu sein nämlich:

  1. In Folge der Finanzkrise verschulden sich die Staaten mehr als normal.
  2. Wenn die Staaten ihre Schulden nicht mehr in den Griff bekommen, dann bleibt ihnen keine andere Wahl als sich über eine hohe Inflation quasi zu entschulden.
  3. Im Extremfall ist es denkbar, dass sich die Staaten einfach über eine Währungsreform entschulden.

Dieses Angst-Szenario wird noch verstärkt durch den Eindruck, dass die Notenbanken gerade eine Politik des leichten Geldes verfolgen. Immer wieder kann man davon lesen, dass die „Notenpresse ohne Ende Geld drucken“ würde. Genau dieses Bild erinnert viele Deutsche an die Hyperinflastion 1923. Damals arbeiteten die Notenpressen tatsächlich ohne Unterbrechung und Geldscheine wurden teilweise in Schubkarren transportiert.

Das Bild von der „Notenpresse“ ist falsch

Lassen Sie mich hier gleich einmal einhaken. Denn das Bild von der Notenpresse stimmt nicht. Denn es werden ja derzeit keine Banknoten im Übermaß tatsächlich gedruckt. Das ist ja nur eine Metapher dafür, dass die Banken derzeit den Geschäftsbanken mehr Kredit geben zu sehr niedrigen Zinssätzen. Mittels dieser Kredite „schaffen“ die Notenbanken mehr Geld, aber nicht im physischen Sinne, dass mehr Geldscheine im Umlauf sind.

Und die gesamte Geldmenge hängt nicht nur von dem Geld der Notenbanken ab, sondern auch von dem Geld, das durch die Geschäftsbanken „geschaffen“ wird. Und wie „erzeugen“ private Geschäftsbanken Geld? Indem sie Kredite an Unternehmen oder Privatpersonen vergeben. Und wie wir alle wissen (Stichwort „Kreditklemme“) sind die Geschäftsbanken gerade restriktiver als sonst, was solche Kredite betrifft. Hier nimmt die Geldmenge sozusagen ab.

Oder anders formuliert: Die Geldmenge kann man sich vorstellen wie ein großes Wasserbecken, das durch zwei Wasserhähne befüllt wird. Einen öffentlichen Hahn, der durch die Notenbanken bedient wird, und einen privaten Hahn, der durch die Geschäftsbanken bedient wird. Der private Hahn wurde in Folge der Finanzkrise stark zugedreht. Er sprudelt nur noch sehr spärlich. Und um das Weniger an dieser Stelle auszugleichen, wird der öffentliche Hahn weiter aufgedreht als zuvor.

Nimmt man beide Hähne zusammen, fließt unterm Strich sogar weniger Wasser ins Becken als in normalen Zeiten. Die Geldmenge wächst derzeit so langsam wie schon lange nicht mehr. Daher auch die deflationären Tendenzen, die wir ja derzeit faktisc h haben. Im Moment droht ja faktisch keine Inflation, sondern das eigentliche Problem sind deflationäre Tendenzen. Also das genaue Gegenteil einer Inflation.

Das Publikum sieht aber nur auf den öffentlichen Hahn, der tatsächlich derzeit mehr aufgedreht ist als sonst. Und das erschreckt die Menschen – nach dem Motto: Der Hahn ist gerade so stark aufgedreht, dass es hier bald zu einer Überschwemmung kommen wird. Sie übersehen aber, dass der private Hahn auf der anderen Seite derzeit extrem spärlich tropft.

Die Kunst der Notenbanker wird in folgendem bestehen: Sobald die Geschäftsbanken wieder großzügiger Kredite vergeben, schnell den öffenlichen Hahn wieder zurückzudrehen. Wenn das nicht geschafft wird – ja, dann in diesem Falle droht Inflation. Aber derzeit alleine aus der Tatsache, dass der öffentliche Hahn aufgedreht ist, auf eine Inflation zu schließen, blendet ungefähr die Hälfte der Realität aus.

Hat eine hohe Staatsverschuldung eine Inflation zur Folge?

Im Zuge der Finanzkrise schätzt man, dass Deutschland auf eine Staatsverschuldung von etwa 85 %des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) kommen wird (vorher waren es vielleicht 60 %). Japan hat des längeren eine Staatsverschuldung in Höhe von c.a 160% des BIP. Und Japan hat seit vielen Jahren nicht mit einer Inflation zu kämpfen, sondern mit dem Gegenteil: einer Deflation.

Ich will damit sagen: Der Schluss „Hohe Staatsverschuldung = Inflation“, stimmt so einfach gar nicht. Es kann sein, muss aber nicht.

Wie steht es mit einer Währungsreform?

Ja, wir haben in Deutschland Währungsreformen erlebt. Aber ich bitte Sie, sich einmal die Situationen zu vergegenwärtigen, die wir damals hatten. Einmal hatte Deutschland den Ersten Weltkrieg verloren und hatte unter den Lasten der Reparationszahlungen an die Siegermächte zu leiden. Ferner wurde damals 1923 das Drucken von Banknoten sozusagen politisch eingesetzt, um das Rheinland unter französischer Besetzung zu unterstützen. Streikende Arbeiter wurden quasie über die Notenpresse bezahlt.

Das andere Mal hatte Deutschland gerade den Zweiten Weltkrieg verloren und stand vor dem wirtschaftlichen Nichts.

Wenn man sich diese beiden Situationen vergegenwärtigt in ihrer Dramatik, dann muss man zugeben, dass wir heute MEILENWEIT von solch katastrophalen Zuständen entfernt sind. Wir haben eben nicht gerade einen mörderischen Weltkrieg verloren. Die Wirtschaft ist gerade nicht zerbombt und wir stehen vor einem komplett ungewissen Zukunft. Ja, wir durchschreiten gerade eine konjunkturelle Durststrecke. Aber bitte: Das ist nicht einmal annhähernd mit dem zu vergleichen, was unsere Großeltern oder Urgroßeltern durchleben mussten.

Also ich halte es angesichts unserer derzeiten wirtschaftlichen Lage für regelrecht an den Haaren herbeigezogen, ernsthaft eine Währungsreform zu befürchten.

Und selbst wenn sie käme: Kein Mensch könnte heute abschätzen, was genau damit verbunden wäre. Die Währungsreform, die wir in den 1920er Jahren hatten, sah anders aus als die, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg hatten. Kein Mensch kann beispielsweise folgende Fragen beantworten:

  • Sollte bei einer befürchteten Währungsreform alle Euro-Geldbestände auf den Wert von Null fallen?
  • Oder wird vielleicht 1 zu 100 in eine neue Währung umgetauscht?
  • Oder werden alle Euro-Geldbestände 1 zu 1  umgetauscht aber nur pro Person maximal 100.000 Euro?

Un viele Fragen mehr. Und deswegen, weil kein Mensch weiß, wie genau eine befürchtete Währungsreform genau aussehen würde, kann man jetzt auch noch nicht sagen, wie man sich genau gegen sie schützen kann – sollte sie tatsächlich kommen.

  • Es könnte ja auch beispielsweise so sein, dass plötzlich es Privatleuten verboten wird Gold zu kaufen oder zu verkaufen (wie schon einmal geschehen in den USA der 1930er Jahre). In diesem Fall würde auch die Idee, sich heute mittels Goldbeständen gegen eine Währungsreform abzusichern, ins Leere laufen.

Richtige Prognosen bedeuten nicht immer: richtige Anlageentscheidungen

Und jetzt komme ich zum letzten Punkt. Selbst wenn es tatsächlich zu einer Hyperinflation oder Währungsreform käme: Kein Mensch weiß genau, wie man dann sein Vermögen retten können wird.

Oft genug habe ich es erlebt, dass Leute mit ihren Prognosen richtig lagen – und dennoch viel Geld verloren haben.

Bestes Beispiel ist vielleicht John M. Keynes, der berühmte britische Wirtschaftswissenschaftler. Keynes machte im Jahre 1918 die Prognose, dass es in Deutschland zu einer großenm Inflation kommen wird. Basierend auf dieser Prognose, sammelte er von Freunden und Bekannten viel Geld ein, um auf dieses Ereignis zu wetten. Und wie wir wissen, kam es ja tatsächlich in Deutschland zu einer Inflation – und trotzdem verspielte Keynes fast das gesamte eingesammelte Geld. Totlaverlust trotz richtiger Prognose.

Und wie gesagt, so etwas ist gar nciht so selten.

Daher warne ich Leute davor, sich zu sicher zu sein, was man tun sollte, um sich gegen Hypernflation oder Währungsreform abzusichern. Fast all diejenigen, die Angst davor haben, nennen im selbstn Atemzug Sachwerte, insbesonder Immobilien und Gold. Wie kann man sich hier so sicher sein? Könnte es nicht vielleicht sogar so kommen, dass es zwar zu einer Hyperinflation kommt, aber man dennoch mit Immobilien oder Gold große Verluste machen wird? Ja, das ist durchaus denkbar.

Es kann immer ganz anders kommen als man denkt

Leider denken viele Leute in Geldanlage-Dingen zu eindimensional. Wenn A, dann B. Aber so einfach ist es fast nie im wirtschaftlichen Bereich. Wirtschaft ist – mathematisch gesprochen – ein chaotisches System. Ähnlich dem Wetter. Beim Wetter kann man auch nicht sagen: Ein Hoch über den Azoren bedeutet notwendigerweise Regen in Deutschland (oder dergleichen). Es kann immer auch ganz anders kommen als man denkt.

Und hier genau setzt professionelle Vermögensberatung an. Nämlich:

  1. Ein Vermögen sollte gut diversifiziert sein. Nicht alles auf eine Karte setzen. Und genau diesen Fehler machen viele, die Angst vor einer Hyperinflation oder einer Währungsreform haben. Sie setzen alles auf die Karte Sachwerte (oder alles auf Immobilien, oder alles auf Gold). Und das ist schlicht unvernünftig. Unprofessionell sowieso.
  2. Was zählt ist vor allem eine klar festgelegt Risikomanagment-Strategie. Risikomanagment fängt mit dem Bewusstsein an, dass man sich möglicherweise irrt. Wer sich mit seinen Entscheidungen absolut sicher ist, braucht

Noch ein letztes, was ich aus meiner langjährigen Erfahrung im Anlagebereich sage. Wenn die große Masse sich sehr sicher ist, dass etwas bestimmtes im Finanzbereich passieren wird, dann kann man fast darauf wetten, dass das genau Gegenteil passieren wird.

  • In 1999 waren sich sehr, sehr viele Menschen einig, dass Neue Markt- oder Internet-Aktien eine glorreiche Zukunft haben werden. Das Gegenteil ist eingetreten.
  • Im März 2009 wurde man von fast jedem für verrückt erklärt, wenn man Aktien für ein gutes Investment hielt.
  • In 2006 glaubten (fast) alle, dass mit US-Immobilien ohne großes Risiko Renditen von 10% p.a. möglich sind
  • Wenn ich in 2007 Inhabern von Schiffsbeteiligungen sagte, es wäre klug, diese schnellstmöglich am Zweitmarkt zu verkaufen, dann hat mir JEDER geantwortet: „Aber warum? Gerade Schiffsbeteiligungen laufen doch gerade so gut.“
  • Und so weiter, und so weiter.

Tut mir leid, aber mein Eindruck ist, dass die große Mehrheit der Leute immer und immer wieder dieselben Fehler macht. Nämlich in das anzulegen, was gerade in Mode ist. Wirklich eine sehr gute Methode, um auf keinen grünen Zweig zu kommen.

3 Kommentare
  1. Daniel Bahrdt
    Daniel Bahrdt sagte:

    Hallo,
    Was mich noch interessieren würde, wären die weiteren Folgen einer hohen Verschuldung. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann wächst die Geldmenge entweder über Kredite (/Einräumen eines Guthabens bei der Bank) der Geschäftsbanken oder durch die Kreditvergabe bzw. Offenmarktpolitik der Notenbanken.
    Wächst die Geldmenge nun im Einklang mit dem Wirtschaftswachstum, sprich werden laufend neue Kredite aufgenommen? Womit werden die Kreditzinsen getilgt (hierfür muss doch auch Geld „erzeugt“ werden)?
    Wenn jegliche Geldschöpfung hauptsächlich über Kredite geschieht, dann ist doch ein Crash unvermeidlich? Crash in dem Sinne, dass keine neuen Kredite vergeben werden, da die Kreditgeber davon ausgehen, dass der Kreditnehmer denselben nicht zurückbezahlen kann.

    Antworten
  2. Jorge
    Jorge sagte:

    Danke für den Artikel. Zum letzten Abschnitt: Es ist schon faszinierend, dass man eigentlich stets weiß welche Anlagen man nicht tätigen sollte durch Betrachtung aktueller Trends etc. und es trotzdem so schwer ist es nicht zu tun (man könnte ja diesmal richtig liegen). Aber dies zu erkennen ist wie das Keynes-Beispiel zeigt eine Sache, darauf auf eine bessere Anlage zu schließen eine andere.

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