Bringen Aktien langfristig mehr Rendite als Anleihen?

j0399139Der Blog-Leser „Manfred“ hat folgenden Kommentar zu meinem Beitrag „Börsenunabhängig Anlegen (1)“ geschrieben: 

„… was halten Sie denn vom Artikel in der FAZ (Beilage Investmentfonds, S. 1) vom 28.05.? Dort steht, daß die höhere Rendite von Aktien gegenüber Anleihen ein Mythos sei.“

„Denn die Begründung dafür, daß mit Aktien eine höhere Rendite als mit Staatsanleihen zu erreichen sei, nämlich daß für Aktien aufgrund höheren Risikos eine Risikoprämie zu zahlen sei, sei nicht richtig. Was meinen Sie dazu?“

Hier meine Antwort: …

Sehr geehrter „Manfred“, vielen Dank für Ihre Frage.

Ich habe den Artikel in der FAZ „Der Mythos von der langen Frist“ gelesen. Der Autor ist der Vermögensverwalter Dr. Georg von Wallwitz.

Zunächst einmal finde ich diesen FAZ-Artikel sehr intelligent und fachkundig geschrieben. Er schreibt darin, dass manche Leute wohl folgendes glauben:

„Die Risikoprämie [bei Aktien]… ist der Grund, warum Aktien langfristig immer eine höhere Rendite abwerfen als Anleihen.“

Und dieser Glaube, so von Wallwitz, ist ein Mythos.

Das „immer“ habe ich hervorgehoben. Denn dieses Wörtchen macht die obige Aussage zu einer Verallgemeinerung. Ähnlich einer Aussage wie „Alle Männer interessieren sich für Autos.“ 

Eine verallgemeinerte Aussage zu widerlegen ist sehr, sehr einfach. Man muss nur ein einziges Gegenbeispiel finden. Es könnte beispielsweise Milliarden von Männern geben, die sich alle für Autos interessieren, und wenn es nur einen einzigen Mann gibt, der sich bei Autos zu Tode langweilt, ist die Aussage schon falsch. Oder, wenn man es so nennen will, ein Mythos.

Von Wallwitz bringt ein paar Zeiträume, in denen offenbar Aktien eine schlechtere Rendite erzielten als Anleihen. Und ja, dadurch ist die Aussage widerlegt (oder eben als „Mythos“ entlarvt): Zu JEDER Zeit für JEDEN langfristigen Zeitraum haben Aktien im Vergleich zu Anleihen eine akzeptable Überrendite erzielt.

Allerdings ist es (wie gesagt) kein besonderes Kunststück, eine solche gerneralisierte Aussage zu widerlegen. Insofern hätte sich von Wallwitz auch nicht so abmühen müssen, indem er mehrere verschiedene Zeiträume nannte, in denen Aktien vergleichsweise schlecht liefen. Oder wollte er vielleicht mit seinem Artikel nicht die obige Aussage widerlegen, sondern vielmehr eine ganz andere Aussage beweisen?  Die da hieße:

„Aktien waren immer langfristig schlechter als Anleihen.“

Wenn von Wallwitz dies behaupten wollte, dann wären wir wieder bei einer generalisierten Aussage. Und auch diese Aussage ist durch ein einziges Gegenbeispiel widerlegbar. Und es bereitet keinerlei besondere Mühe, Zeiträume zu finden, in denen Aktien tatsächlich um vieles besser rentierten als Anleihen. Beispielsweise in den 1920er Jahren, in den 1950er und 1960er Jahren oder in den 1990er Jahren.

Wir können also festhalten: Beide generell formulierten Aussagen sind falsch. Die Behauptung (a) „Aktien sind immer besser als Anleihen“ ist genauso falsch wie die Aussage (b) „Anleihen sind immer besser als Aktien“.

Oder anders formuliert. Es gibt Zeiträume, in denen mal Aktien besser waren, und es gibt andere Zeiträume, in denen mal Anleihen besser waren. Und das ist auch kein sonderlich überraschendes Ergebnis.

Womit wir wieder bei meinem Lieblingsthema wären, nämlich der Diversifikation. Genau deswegen, weil wir es nicht wissen, was  in den nächsten 10 Jahren besser sein wird, Aktien oder Anleihen (oder Immobilien oder Rohstoffe), ist jeder klug beraten, wenn er sich ein Portfolio zusammenstellt, in dem alle relevanten Anlageklassen bedacht werden.

Und so gewendet stimme ich auch mit Georg von Wallwitz absolut überein, wenn er in dem FAZ-Artikel schreibt:

„Es gibt keine vorherbestimmten Renditen und schon gar keine ehernen Überrenditen. Es sind immer Argumente von Verkäufern, wenn für Aktien geworben wird, weil man da langfristig nichts falsch machen kann, …, wenn für Staatsanleihen geworben wird, weil man damit nichts verlieren kann. Alles ist falsch. Es gibt keine einfachen Lösungen …“

6 Kommentare
  1. Mex
    Mex sagte:

    Danke für den Artikel.
    Doch eine kurze Frage habe ich noch. Sie haben nochmals die Diversifikation erwähnt. Dies sehen viele und ich auch so. Die Schwierigkeit ist nun welche inhalte und Quoten letztendlich ein „perfektes“ Portfolio haben sollte. Laut gängiger Meinung, sollten die Inhalte am besten negativ miteinander korrelieren. Doch was ist beispielsweise mit den Aussagen 1/4 Aktien, 1/4 Immobilien 1/4 Sachwerte und 1/4 Bargeld? Auch nannten sie in diesem Zusammenhang das Wort Portfolio. Stellt für Sie Portfolio das allumfassende Geldmanagment einer Person, einer Famile.. etc. dar oder beschränkt sich dies lediglich auf ein Depot?
    Und hierbei stellt sich dann die Frage ob beispielsweise Immobilen in Form von Immobilienfonds eingesetzt werden, bei gleichzeitiger Miete einer Wohnung zum leben, oder ob die Immobile beispielsweise käuflich erworben werden soll. Analog ist die Betrachtung z.B. bei Gold…eher physisch oder eher im Depot.

    Antworten
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Sehr geehrter „Mex“,

      vielen Dank für Ihre Fragen. Ich freue mich, dass Sie meine Einschätzung teilen, dass Diversifikation wichtig ist. Und es stimmt wahrscheinlich, dass viele das genauso sehen.

      In meiner Beratungspraxis ist allerdings eines sehr interessant: Fast jeder Kunde, der zu mir kommt, hat sein Vermögen tatsächlich alles andere als gut diversifiziert. Fast immer ist es sehr einseitig strukturiert. Entweder zu viel Immobilien, oder zu Aktien-lastig oder zu einseitig Pharma-Aktien oder Software-Aktien etc.

      Vielleicht ist es hier ähnlich wie bei Obst und Gemüse. Jeder weiß, dass es wichtig ist, viel Obst und Gemüse zu essen, aber die wenigsten machen es tatsächlich. Und wenn dann ein Ernährungswissenschaftler mal wieder sagt, wie gesundheitsfördernd Obst und Gemüse ist, sagen die meisten: „Wissen wir doch, so ein alter Hut. (Gäähn)“ – Aber tun, tuts keiner.

      Womit hängt das zusammen? Es hängt damit zusammen, dass sich die meisten zu sicher über künftige Kapitalmarktentwicklungen sind. Wer sich beispielsweise 100%ig sicher ist, dass Pharma die Zukunft ist, neigt dazu Pharma-Aktien über die Maßen überzugewichten. Deswegen sage ich immer wieder: Der größte Feind einer guten Diversifikation ist die Sicherheit bei Kapitalmarktprognosen.

      Und ja, Sie haben recht, dass man möglichst solche Anlageklassen kombinieren sollte, die möglichst gering oder negativ korreliert sind. Das ist übrigens der Grund, warum ich ein Anhänger von Hedgefonds bin. Denn kaum eine Anlageklasse entwickelt sich von allen anderen Anlageformen unabhängiger als (gute!!!) Hedgefonds. (Natürlich gibt es auch schlechte Hedgefonds, und von diesen liest man dann in der Zeitung).

      Ich definiere als Portfolio das Gesamtvermögen einer Person bzw. einer Familie. Und da sollten alle Vermögensgegenstände berücksichtigt werden. Auch die selbst bewohnte eigene Immobilie. Und übrigens auch der Wert der eigenen Arbeitskraft, auch Humankapital genannt. Hier gilt die Regel: Je unsicherer das Arbeitseinkommen ist (wie z.B. bei Selbständigen), um so sicherheitsorientierte sollte man anlegen. Auch das hat mit Diversifikation zu tun. Oder wenn das eigene Arbeitseinkommen vom Software-Sektor abhängig ist, möglichst keine Software-Aktien kaufen, denn sonst hat man wieder ein kumulatives Risiko.

      Eine einfache Regel, wie man diversifizieren soll, z.B. vierteln, wie Sie es erwähnt haben, kann ich nicht empfehlen. Das ist sehr individuell und hat mit persönlichen Anlagezielen, Risikoneigung und anderen Faktoren zu tun.

      Nun zu Ihrer letzten Frage: Ja, ich denke, dass man die Anlageklasse „Immobilien“ auch durch Immobilienfonds abdecken kann. Hier sollte man vor allem auf die Kosten achten. Und ja die Anlageklasse „Rohstoffe“ umfasst sowohl physisches Gold, als auch beispielsweise Gold-ETCs.

      Antworten
  2. marta salazar
    marta salazar sagte:

    so ist das!

    und weiter… „was auch immer es ist, man muss sich von einer Investition Gedanken machen, ob das Geld gut angelegt ist“,

    vielen Dank für ihren sehr guten Artikel!

    Antworten
  3. Konstantin
    Konstantin sagte:

    Hallo
    Danke für den interessanten Artikel!

    Ich vertrete ja seit Jahren die Meinung, das Gold so ziemlich das Einzige ist, das auf lange Sicht als Kapitalanlage geeignet ist und wohl am wenigsten von einem Preisverfall bedroht werden wird. Einzige Ausnahme, für die das ebenfalls gilt: Coca Cola – Aktien

    Grüße
    Konstantin

    Antworten
  4. Andi
    Andi sagte:

    Schöner Artikel, danke. Die Anlageempfehlungen zur Vermögensaufteilung sind wirklich super – in normalen Zeiten. Wir haben aber leider keine normalen Zeiten!
    Die Vergangenheitswerte lassen sich nicht 1 zu 1 in die Zukunft projizieren.

    1. Aktien werden von der Depotbank ohne das Wissen des Aktienbesitzers für ungedeckte Leerverkäufe verliehen, um zusätzliche Erträge durch die „Leihgebühr“ zu erwirtschaften.

    2. Immobilien sind schön und gut, solange die Grundsteuer nicht drastisch angehoben wird, was in den 1930er Jahren aufgrund der Weltwirtschaftskrise schon mal extrem getan wurde. Da sich der Mittelstand die stark angehobene Grundsteuer nicht leisten konnte, mussten die meisten ihre Immobilie verkaufen, wodurch die Preise um 90 Prozent fielen.

    3. Edelmetalle werden in der nächsten großen Krise nach der Währungsreform höchstwarscheinlich konfisziert, so wie es am 01. Mai 1933 in den USA getan wurde. Die Regierungen werden den Schritt damit begründen, das sie die Edelmetalle benötigen, um die neue Währung damit zu hinterlegen.

    4. Bargeld wird in der Hyperinflation / Währungsreform wertlos verfallen.

    Und die Moral von der Geschicht´:
    Sichere Geldanlagen gibt es nicht!

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