Volker Looman über Altersvorsorge und Barwert

Der Finanzanalytiker Volker Looman aus Reutlingen schreibt jeden Samstag in der FAZ über Geldanlagethemen. So auch dieses Wochende (19./20.3.11). Diesmal hat er die Frage behandelt, mit welcher Anlageform ein Anleger in 15 Jahren 500.000 Euro ansparen kann und welcher Aufwand dazu notwendig ist (Link zum FAZ-Artikel)

Dazu hat Looman drei Anlageformen miteinander verglichen:

  1. eine Rentenversicherung
  2. einen Sparplan mit Investmentfonds
  3. eine kreditfinanzierte Immobilie.

Die Barwertmethode hilft Anleger, Entscheidungen zu treffen

Der Anleger startet mit jeweils 100.000 Euro Eigenkapital, die er in eine dieser drei Anlageformen investiert. Mit jeder dieser drei Anlageformen kann er nach 15 Jahren ein Vermögen in Höhe von 500.000 Euro erreichen, muss jedoch unterschiedlich hohe Euro-Beträge monatlich dazusparen.

Nach Looman müssen über die 15 Jahre hinweg insgesamt folgende Beträge noch einbezahlt werden, damit der Anleger am Ende seine 500.000 Euro beisammen hat:

  1. Rentenversicherung: 400.742 Euro 
  2. Fonds-Sparplan: 363.293 Euro
  3. Eine kreditfinanzierte Immobilie: 286.796 Euro

Wenn man also insgesamt 400.742 Euro in eine RV einzahlen muss um am Ende 500.000 Euro zu haben, während bei einer Immobilie dazu nur 286.796 Euro notwendig sind, so ist der erste Eindruck gewiss so, dass die Immobilie attraktiver erscheint als die RV.

Volker Looman betont aber mit Recht, dass einfach die Summe der Einzahlung auch täuschen kann. Worauf es stattdessen ankommt, sind die sogenannten Barwerte. Denn beispielsweise 1000 Euro, die ich erst in 10 Jahren einzahle, sind sicherlich niedriger zu bewerten als 1000 Euro, die ich bereits heute einzahlen muss.

Die Barwerte der jeweiligen Einzahlungen, berechnen sich nach Looman wie folgt:  

  1. Rentenversicherung: 322.706 Euro 
  2. Fonds-Sparplan: 292.358 Euro
  3. Eine kreditfinanzierte Immobilie:236.549 Euro

Danach ist der Barwert aller Einzahlungen, die notwendig sind, um mit einer RV am Ende 500.000 Euro erreicht zu haben: 322.706 Euro. Wohingegen bei einer kreditfinanzierten Immobilie nach Loomans Berechnungen dazu nur 236.549 Euro notwendig seien. Auch hier muss man für eine Immobilie also deutlich weniger aufwenden im Vergleich zu einer RV – bei gleichem Endergebnis.

Also ist offenbar die Immobilie zielführender als eine RV. Das ist auch tatsächlich die Schlussfolgerung Loomans am Ende seines Artikels.

Herr Looman macht außrdem darauf aufmerksam, dass diese Berechnungen mit einiger Unsicherheit behaftet sind. Er schreibt:

„Umgekehrt ist natürlich auch die Aussage zulässig, dass die Immobilie auf Pump ein spekulatives Geschfät sei und der Vorteil … nur durch ‚waghalsige‘ Prognosen zustande komme.“

In Geldanlagefragen muss man sich vor Verallgemeinerungen hüten

Genau diesen letzten Punkt will ich ein wenig vertiefen. Wichtig ist nämlich, dass sich ein Leser durch das Ergebnis Loomans nicht zu falschen Verallgemeinerungen verleiten lässt. Der Artikel Loomans könnte nämlich möglicherweise so missverstanden werden, dass Immobilien generell eine bessere Geldanlage seien als Rentenversicherungen oder Fonds-Sparpläne.

Ich wette, dass Looman eine solche Verallgemeinerung auch nicht gutheißen würde. Ihm ging es, meine ich, in dem Artikel nur darum, die Bedeutung der Barwertmethode klar zu machen.

Um also einer solchen unzulässigen Generalisierung entgegenzuwirken meine nachfolgenden Hinweise.

Die laufenden Nebenkosten werden fast immer unterschätzt

Volker Looman gibt bei seiner Analyse nur die Miete nach Abzug der laufenden Kosten an, nicht aber die Brutto-Miete vor Kosten. Nun ist die Frage mit welchen Kosten, Looman hier gerechnet hat. Leider verschätzen sich die meisten Immobilienkäufer genau an dieser Stelle. Sie neigen dazu, die laufenden Instandhaltungs- und Reparaturkosten etc. zu unterschätzen.

Gerd Kommer berechnet in seinem sehr lesenswerten Buch Kaufen oder mieten? den überschlägigen Schätzwert für die gesatmen laufenden Nebenkosten einer Immobilie von 2,1% (bezogen auf den Wert der Immobilie).

Gehe ich einmal von laufenden Gesamtnebenkosten von „nur“ 1,5% aus, dann müssten die anfänglichen Nebenkosten in Loomans Beispiel 5.550 Euro betragen. Die Bruttomiete beliefe sich somit auf 20.550 Euro im ersten Jahr. Das wiederum entspräche einer Mietrendite (vor Kosten) von 5,55%.

Die Mietrenditen sind niedriger, als viele denken

Ich weiß es zumindest von München, dass man mit ziemlicher Sicherheit in München und in der Münchner Umgebung keine Immobilien finden kann, die eine so hohe Mietrendite aufweisen. Tatsächlich liegen die Mietrenditen derzeit zwischen 2,0% und 4,0% (maximal!). Klar ist, dass Looman zu einem ganz anderen Ergebnis, was die Barwerte betrifft, gekommen wäre, wenn er von einer Immobilie ausgegangen wäre, die nur eine Mietrendite von, sagen wir, 3% hat.

Auf Seite 44 seines Buches zitiert Gerd KOmmer eine Studie des Immobiliendienstleisters BulwienGesa. Danach lagen die Bruttomietrenditen neuer Eigentumswohnungen seit 1975 bis 20008 bei 3,9% p.a. Also weit entfernt von 5,5%.

Mieten steigen weniger stark als gedacht

Eine weitere sehr starke Annahme bei Looman ist, dass die Mieten jedes Jahr um 2% steigen. Die meisten Vermieter werden mir bestätigen können, das das in der Realtität kaum durchsetzbar ist. Auch hier gibt Gerd Kommer kompetent Auskunft. Gerd Kommer legt anhand umfangreichen statistischen Materials dar, dass die Mieten in Westdeutschland von 1970 bis 2008 jährlich real nur um 0,2% p.a. gestiegen sind (S. 96). Er schreibt ferner:

„Kumulativ stiegen die realen Löhne in Deutschland in den letzten 39 Jahrne um 110 Prozent, die Mieten jedoch nur um 9 Prozent.“

Immobilien sind alles andere als eine „sichere Geldanlage“

Von vielen wird ferner das Risiko eines Wertverfalls bei Immobilien unterschätzt. Gemeinhin gelten Immobilien als „sichere Geldanlage“. Dass sie das nicht sind, zeigt wiederum Gerd Kommer in seinem Buch.  Ich zitiere:

(S. 15): „Die durchschnittliche Wohnimmobilie ist, wenn man die Inflation berücksichtigt, in den 17 Jahren von 1993 bis 2009 in Detuschland um 19 Prozent gefallen, in Österreich um 20 Prozent und in der Schweiz um 6 Prozent. Es gabe im 20. Jahrhunder in allen westlichen Ländern, für die entsprechende historische Daten vorliegen, Perioden von über 50 Jahren, an deren Ende die realen Immobilienpreise niedriger waren als zu Beginn. Ferner existiert kein statistischer Beleg dafür, dass Preisrückgänge für qualtitativ überdurchschnittliche Immobilien generell schwächer ausfallen …“

Stattdessen hat es auch mit Immobilien überall in der Welt schon erhebliche Wertverluste gegeben. Die maximalen kumulativen (inflationsbereinigten) Verluste waren nach Kommer von 1970 bis 2009 beispielsweise:

  • in Deutschland: -22%.
  • in der Schweiz: -38%
  • in Österreich: -23%
  • in Spanien: -32%
  • in Frankreich: -18%
  • in den USA: -34%
  • in Japan: -45%

Eine Immobilie ist also alles andere als eine sichere Geldanlage. Ganz zu schweigen, dass man hier „sicher“ von einer jährlichen Wertsteigerung von 2% ausgehen könnte, wie es Looman in seiner Berechnung tut. Immerhin soll die Immobilie, die am Anfang für 370.000 Euro (ohne Anschaffungsnebenkosten) erworben sird, nach 15 Jahren 500.000 Euro wert sein. Dass das in der Realtität tatsächlich so funktioniert, ist zumindest mit beträchtlichen Risiken verbunden.

1 Kommentar
  1. A.Moor
    A.Moor sagte:

    In „Mieten steigen weniger stark als gedacht“ schreiben Sie:
    „eine weitere sehr starke Annahme bei Looman ist, dass die Mieten jedes Jahr um 2% steigen…“
    „Gerd Kommer legt … dar, dass die Mieten in Westdeutschland von 1970 bis 2008 jährlich real nur um 0,2% p.a. gestiegen sind“
    Beim Leser entsteht der Eindruck, dass die Annahme bei Looman um Faktor 10 verfehlt ist.
    Jedoch wenn wir von einer durchschnittlichen Inflation von nur 1,8% ausgehen, so trifft die Annahme voll ins Schwarze. Von welcher Inflationsrate von 1970 bis 2008 wird nun im Buch ausgegangen?
    Dass man die Mietsteigerung nicht jedes Jahr durchsetzen kann, ist auch unter dem gesetzlichen Aspekt verständlich. Die Tatsache ist – die Mieten steigen durchschnittlich um (von mir aus) 2% pro Jahr! Da es nicht gleichmäßig sondern stufenweise geschieht, mindert vielleicht die tatsächlich erzielte Mietsteigerung auf 1,9%, was das Gesamtbild nur geringfügig verzerrt.
    Allerdings kann der Vermieter bei den Erhöhungen nicht nur auf den aktuell mathematischen Wert erhöhen, sondern gleich etwas höher ansetzen, damit Durchschnittssteigerung gewährleistet wird
    (Also nach 2 Jahren nicht auf 0,02*0,02 erhöhen, damit hätte der Vermieter im 2 Jahr Unterperformance, sondern auf 0,02*0,03 um im dritten Jahr für Kompensation zu sorgen – mathematisch müssen andere Zahlen her, ich wollte nur andeuten, dass auch dieser Kritikpunkt mathematisch lösbar wäre ).

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