Honorarmodelle im Vergleich

Wenn man in die Presse schaut, stößt man immer wieder auf Artikel, die die herkömmliche Art der Bankberatung kritisiert. Hier einige Beispiele:

  • Finanztest vom August 2010: „Anlagebertung der Banken im Test – sechsmal mangelhaft.“
  • Captial 08/2010: „“Kommt ein Kunde zur Bank … Mit welch aberwitzigen Empfehlungen die Finanzberater Anleger abspeisen.“
  • Finanztest vom Januar 2010: „Die große Blamage – Bankberater im Test“
  • Focus Money vom April 2008: „Vorsicht Bank – faule Tipps, freche Provisionen, feige Auskünfte.“
  • Wirtschaftswoche vom Februar 2008: „Bankberatung – ‚Ich habe Sie betrogen'“
  • etc.

Kritisiert wird durchgängig das provisionsorientierte Beratungsmodell. Das Argument ist so:

Weil die Banken und auch viele freie Finanzberater dadurch ihr Geld verdienen, dass ein Produktanbieter ihnen eine Vermittlungsprovision zahlt, haben diese Berater eine Interesse daran, solche Anlageprodukte ihren Kunden schmackhaft zu machen, an denen sie selbst am meisten Provisionen verdienen. Ob das Finanzprodukte -so die Argumentation weiter – würde dem Kunden angedreht werden, vollkommen egal, ob es für ihn wirklich geeignet ist – Hauptsache der Vermittler erhält eine möglichst üppige Provision.

Es wird also herausgstellt, dass das Provisionsmodell häufig zu einem Interessenkonflikt zwischen Kunden und Finanzberater führt. Da ist es natürlich naheliegend, Alternativen zum Provisionsmodell zu finden. Klar muss natürlich sein, dass ein Finanzberater nicht kostenlos arbeiten kann. Das geht natürlich nicht. Denn wie jeder andere auch, muss eine Bank oder eine sonstiger Anlageberater von irgendetwas leben.

Die Frage ist also, ob es eine Alternative ist, wenn der Anlageberater sich nicht (sozusagen hintenherum) mittels Provisionen finanziert, sondern ganz offen dem Kunden eine Honorarrechnung stellt. So wird auch in der Presse nicht selten – unbesehen – die Honorarberatung als ideales Gegenmodell vorgestellt. Nach dem Motto: Beratung auf Provisionsbasis ist schlecht – Honorarberatung ist gut.

Das Problem an dieser Stelle ist schon einmal, dass es nicht DIE Honorarberatung gibt. Tatsächlich gibt es eine Reihe unterschiedlicher Modelle. Ich kenne mindestens vier Arten (wahrscheinlich gibt es noch mehr):

  1. Finanzberatung ausschließlich auf Basis eines Stundenhonorars,
  2. Umfassende Vermögensstrukturberatung, bei der z.B. einmalig 1% Honorar berechnet wird bezogen auf das strukturierte Gesamtvermögen,
  3. Klassische Vermögensverwaltung / honorarbasierte Anlageberat: z.B. 1,5% p.a. vom betreuten Vermögen,
  4. Mischformen: Stundenhonorar für Erstberatung und Provisionen für die Folgeberatung.

Ich werde diese Honorarmodelle in mehreren Beiträgen einzeln behandeln. Denn jedes Modell hat seine Vor- und Nachteile.

So oder so – egal ob Provisionsmodell oder Honorarmodell – steht die Honorierung eines Anlageberaters in dem Spannungsverhältnis zwischen

  • Kundenorientierung: dass der Berater nicht in den Widerspruch zum  Kundeninteresse gerät.
  • Wirtschaftlichkeit: dass der Berater von seiner Tätigkeit leben kann.
  • Praktikabilität: dass ein Modell auch in der praktischen Umsetzung funktioniert.

Im nächsten Beitrag beginne ich damit, das reine Stundenhonorar zu besprechen.

2 Kommentare
  1. Anonym
    Anonym sagte:

    Mich wundert, dass die Zulässigkeit dieser ganzen Provisionsmodelle nicht mal auf den Prüfstand gestellt wird.

    Man stelle sich mal einen Arzt vor, der seinen Patienten nur die Medikamente verschreibt, für die er die meiste Provision von der Pharmabranche bekommt…

    Antworten
    • Peterreins
      Peterreins sagte:

      Es gibt aber auch einen anderen Vergleich.

      Wer in ein Bekleidungsgeschäft geht, lässt sich von einer Verkäuferin beraten. Die Verkäuferin sagt, ja das und das passt zu Ihnen, das und das nicht. Die Qualität des Stoffes hier ist so und so, etc.

      Klar ist ja auch, dass die Verkäuferin ein Interesse hat irgendein Produkt zu verkaufen, denn nur so wird der Laden Geld verdienen. Man könnte jetzt auch argumentieren: Da kann ja keine gute Beratung sein, weil eine Verkäuferin ja nur darauf aus ist, Umsatz zu machen und eigentlich sollte man das verbieten. Stattdessen wäre ja auch ein Modell denkbar, dass Bekleidungsläden ihre Ware komplett ohne Marge verkaufen müssten, dafür aber ein Beratungshonorar bekämen.

      Weil Sie ein medizinisches Beispiel gewählt haben: Dasselbe könnte man auch von Apothekern sagen. Wenn Sie in eine Apotheke gehen und sagen, dass Sie einen kleinen Husten haben und ob der Apotheker Ihnen hier etwas empfehlen könnte, dann ist diese Beratung des Apothekers ja auch vordergründig kostenlos, auf der anderen Seite verdient der Apotheker eben sein Geld durch den Verkauf eines Medikaments.

      Das Provisionsmodell ist also in der Praxis gar nicht so unüblich. Tatsächlich findet man das sehr, sehr oft.

      Bis zu einem Grade ist es sogar umgekehrt ungewöhnlich, dass man ausgerechnet im Finanzbereich ein so großes Aufheben darum macht. Im Finanzbereich fordert der Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung ja schon jetzt, dass ein Vermittler alle Provisionen, die er verdient offenlegen muss. Wenn ein Bankberater oder Finanzvermittler das nicht tut, geht er erhebliche rechtliche Risiken ein.

      Wenn man das mal überträgt z.B. auf einen Apotheker, dann sieht das irgendwie seltsam aus. Dann müsste der Apotheker nämlich mit jedem Medikamentenverkauf seinem Kunden exakt mitteilen, wie viel er (der Apotheker) gerade daran verdient hat. Oder die Ladenverkäuferin müsste sagen: „Also, ich empfehle ihnen dieses Sakko, das 200 Euro kostet, und der Laden verdient daran 30 Euro.“

      Interessant ist – denke ich – die Frage:: Warum funktioniert das Provisionsmodell überall im Einzelhandel, warum aber wohl nicht im Finanzbereich? Oder anders formuliert: Vielleicht liegt es ja gar nicht am Provisionsmodell, sondern vielleicht hängt die katastrophal schlechte Beratungsqualität bei der Finanzberatung doch von etwas anderem ab?

      Ich denke tatsächlich: Ein Finanzberater wandelt sich nicht einfach dadurch von einem schlechten zu einem guten Berater, dass er vom Provisionsmodell aufs Honorarmodell umstellt. Das ist leider der Aberglaube, der derzeit durch die Presse geistert. Ich bin seit mehr als 20 Jahren im Finanzbereich tätig. Und ich kenne sehr seriöse, sicherlich kundenorientert beratende Berater, die nach dem Provisionsmodell arbeiten. Und ich kenne sehr schlechte Berater, die sich Honorarberater nennen.

      Die Frage ist und bleibt: Wie kann man einen guten Finanz- oder Anlageberater erkennen? (ähnlich wie die Frage: Wie kann man einen guten Apotheker erkennen?) Und die Leute lieben einfache Antworten. Und wenn jemand sagt: „Ja, das ist ganz einfach: Alle, die hintenherum eine Provision kassieren, sind schlecht. Alle, die ein Honorar in Rechnung stellen, sind gut.“, dann gibt er genau eine solche einfache Antwort. Aber diese Antwort stimmt leider nicht.

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