quirion – Anlageplattform für Online-Vermögensverwaltung

Ein Anleger hat mich auf quirion aufmerksam gemacht. Quirion ist eine Marke der quirin bank AG. Im Internet schreibt quirion über sich, die „erste Anlageplattform für Online-Vermögensverwaltung“ zu sein. Quirion würde ein professionelles Depotmanagement gegen Honorar anbieten.

Was mir gefällt, ist, dass quirion seine Finanzdienstleistung offenbar zu sehr günstigen Konditionen anbietet. Das finde ich lobenswert. Dann habe ich mir den Videoclip angeschaut, den quirion auf seine Homepage gestellt hat, und hier störe ich mich an ein paar Dingen…

In dem Videoclip heißt es sinngemäß:

  1.  „Aus einer Flut von Informationen helfen wir dir, dir ein Bild der Zukunft zu machen“
  2.  „Auf der Grundlage dieses Bildes von der Zukunft entwickeln die Quirion-Finanzingenieure die Anlagestrategie“

An diesen beiden Sätzen setzt meine Kritik an dem Quirion-Konzept an:

Online-Vermögensverwaltung Quirion und Prognosen

Es ist eine Tatsache, dass uns im Anlagebereich „Bilder von der Zukunft“, also Prognosen, nicht weiterführen. Das dürfte sich eigentlich schon herumgesprochen haben, dass die Trefferquote von Prognosen, egal ob von Laien oder angeblichen Profis erstellt, um die 50 % liegen. Manchmal sogar noch schlechter. Hierzu gibt es zahlreiche wissenschaftliche Studien. Wer etwas anderes behauptet oder eine Anlagestrategie basierend auf Prognosen propagiert, argumentiert offenbar nicht auf dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis.

Davon abgesehen, dass hier etwas viel Wichtigeres außer Acht gelassen wurde. Wichtiger als Prognosen sind immer die individuellen Anlageziele der Anleger. Darüber sind sich die allermeisten Anleger letztlich nicht im Klaren. Befrage ich Anleger nach ihren Zielen, so höre ich sehr oft: Viel Rendite bei minimalen Risiko. Das ist für sich genommen ein frommer (nicht-erfüllbarer) Wunsch, aber kein Anlageziel. Ein konkretes Anlageziel ist zum Beispiel „Um im Alter meine Rente aufzubessern, brauche ich bis 65 ein Vermögen von 500.000 Euro“. Das ist ein konkretes Ziel. Und ein guter Berater verhilft einem Anleger, ein solches Anlagezielt herauszuarbeiten.

Gute Vermögensverwaltung orientiert sich an Anlagezielen

Und anhand eines solchen Ziels kann man dann vernünftig arbeiten. Hat jemand beispielsweise das genannte Anlageziel und besitzt heute bereits 450.000 Euro und hat noch 10 Jahre Zeit, so ist es offensichtlich, dass er sein Anlageziel mit sehr geringen Zielrenditen erreichen kann, womöglich schlicht mit Tagesgeld. Warum sollte ein solcher Anleger dann  sein Geld mit einer Zielrendite von 7% p.a. anlegen? Was ja – logischerweise – mit entsprechend hohen Risiken verbunden ist.

Auch hier ein Kritikpunkt an quirion: Auf der Homepage kann man mit seiner Zielrendite herumspielen, und dann wird eine Grafik erstellt, mit „erwarteter Fall“, „bester Fall“ „schlechtester Fall“. Woher wollen die Mitarbeiter vvon quirion denn das wissen? Es liegt ja wohl in der Natur der Geldanlage mit Risiko, dass es auch viel dramatischer kommen könnte als gedacht. Ich will hier sicherlich keine Ängste schüren, gerade im Gegenteil, bin auch ich sogar eher optimistisch, was die weitere Kapitalmarktentwicklung betrifft. Aber solche Darstellungen suggerieren eine Beherrschung des Risikos, die nicht vorhanden ist.

Genau eine solche Darstellung verstellt den Blick dafür, was meiner Meinung nach essentiell ist für eine langfritig erfolgreiche Geldanlage: diszipliniertes und strukturiertes Risikomanagement.

Der nächste Kritikpunkt ist: Nehmen wir an, jemand macht sich ein „Bild von der Zukunft“ und daraufhin machen die „Finanzingenieure“ von quirion einen Anlagevorschlag. Der Anleger hat ja immer noch das nicht unerhebliche Risiko, dass diese „Finanzingenieuere“ etwas fehlerhaft berechnet haben. Man glaubt nicht, wie häufig es in der Praxis vorkommt, dass jemand mit richtigen Prognosen dennoch (paradoxerweise) ein Vermögen verloren hat. Einfach deswegen, weil er bei der Umsetzung Fehler gemacht hat.

Auch an diesem Wort „Finanzingenieure“ störe ich mich. Das suggeriert, als könnte man hier mathematisch genau etwas berechnen. In der Praxis werden hierfür fast immer Vergangenheitsdaten herangezogen. Es ist aber reine Tatsache, dass Vergangenheitsdaten so gut wie nichts über künftige Kapitalmarktentwicklungen aussagen. Ich habe also den Eindruck, dass hier eine Schein-Präzision vorgekaukelt wird, die es in der Geldanlage-Praxis gar nicht geben kann.

Klassische Vermögensverwaltung

Eine klassische Vermögensverwaltung orientiert sich an den individuellen Anlagezielen und der spezifischen Risikoneigung des Kunden. Dabei werden Anlagegrundsätze vereinbart, an die der Vermögensverwalter gebunden ist. Ein regelmäßiges Reporting erhöht die Transparenz für den Kunden. Weitere Informationen siehe hier:

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2 Kommentare
  1. postguru
    postguru sagte:

    ich habe mit Quirion Mailkontakt gehabt und dort gefragt, welchen Einfluss ich auf die Auswahl der genutzten Produkte habe. Es wird kein Fondsmantel verwendet!

    Antwort: keine Einflussmöglichkeit

    Meine Bedenken sind, dass ich mich zwar nicht mehr um 1000 Dinge der Finanzanlage kümmern muss, mich aber dann um 1000 Dinge in Sachen Steuerfragen kümmern muss.

    Hier habe ich keinen Einfluss auf den Ausschluss solcher Produkte.

    Antworten
  2. Madoff
    Madoff sagte:

    Spontan erinnern mich die Begriffe an die Werbekampagnen der Strukturvertriebe. Schlimm finde ich auch, dass der Nutzer der Website im besten IKEA-Stil dazu aufgefordert wird, eine Meinung der zukünftigen Weltwirtschaft abzugeben. Ich weiss nicht, was die Geschäftsführung der quirin-Bank erreichen wollen – oder müssen, auf diesem Wege werden den klugen do-it-yourself-Anlegern weitere Schäden zugefügt, für später keiner gerade stehen möchte. Zudem ist das Kostenvideo irreführend. Die beworbenen 0,38% vom Vermögen verstehe ich zuzüglich MwSt. Hinzu kommen noch die Produktkosten der verwendeten Fonds. Da hier DFA und iShares eingebaut werden, sollte der mittlere Wert bei 0,4% liegen. Irgendwann wird auch diese Bank erkennen, dass ein Bankinstitut keine Honorarberatung gewinnbringend anbieten kann, wenn FK-Geber eine Rendite fordern.

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