Immer wieder kommen Anleger zu mir und fragen sich, ob ihr Wertpapierdepot wirklich passt. Sie möchten einen Depotcheck. Was ist bei einem Depotcheck zu beachten?

Als erstes ist es wichtig, dass man sich darüber im Klaren wird, was mit dem Wertpapierdepot überhaupt erreicht werden soll. Ein Depot ist nicht für sich genommen gut oder schlecht, sondern vor allem bezogen auf ein Anlageziel. Mein Erfahrung ist, dass viele Anleger gerade diesen Punkt nicht hinreichend klären.

Die Idee ist oft, dass man eine gute Rendite haben möchte bei möglichst geringen Risiken. Das ist aber eigentlich gar nicht möglich. Wahr ist hingegen, dass gute Renditen immer mit entsprechenden Risiken zu haben sind. Die entscheidende Frage ist: Sind die eingegangenen Risiken wirklich notwendig – bezogen auf das zu erreichende Anlageziel? Oder schlummern im Depot Risiken, die nicht zu rechtfertigen sind?

Es gilt die Regel: So viel Risiko wie nötig, so wenig Risiko wie möglich. Das ist in jedem Fall ein wichtiges Prinzip für einen Depotcheck.

Meine Erfahrung ist übrigens, dass viele Depots eher zu riskant aufgestellt sind als umgekehrt.

Ein gutes Anlageziel ist übrigens vor allem ein Ziel folgender Art: Bis zum Jahr 2030 will ich ein Vermögen von 1 Mio Euro erreicht haben, um ab dann monatlich 1500 Euro aus dem Vermögen entnehmen zu können.

Ein schlechtes Anlageziel ist die Angabe einer Renditezahl. Also beispielsweise: Ich möchte 5% p.a. erzielen. Denn hier stellt sich sofort die Frage: 5% Rendite wozu?

Ein weiterer wichtiger Punkt beim Depotcheck sind die Gebühren und Kosten. Gerade bei Depots, die viele Investmentfonds enthalten, gibt es häufig eine sehr hohe Kostenbelastung durch versteckte Gebühren. Ein aktiv gemanagte Fonds hat in der Regel eine Gesamtkostenbelastung von 1,6 – 2,5% p.a. Das muss erst einmal erwirtschaftet werden.

Ein weiteres Problem beim Depotcheck ist, dass viele Depots sozusagen „zerfleddert“ sind. Das Stichwort ist hier auch: Schein-Diversifikation. Das heißt, dass der Schein einer Diversifikation da ist, einfach durch die Tatsache, dass das Depot viele verschiedene Wertpapiere enthält. Sind es aber beispielsweise nur viele Aktien deutscher Unternehmen, so ist vielleicht faktisch eben der Anlagebereich Deutschland übergewichtet, während z.B. USA, Asien oder die Emerging Markets fehlen.

Ähnliches kann passieren, wenn sehr viele Fonds einer einzigen Anlageklasse erworben worden sind. Beispielsweise lauter Europäische Aktienfonds.

So paradox es klingen mag, aber manchmal kann man mit einem einzigen Fonds eine größere Diversifikation erreichen als mit vielen einzelnen Investmentfonds. Ein Depot z.B., das nur aus einem einzigen weltweit anlegenden Fonds anlegt, ist besser diversifiziert als ein Depot, das 20 europäische Aktienfonds enthält. Zumal bei Investmentfonds ja das Emittentenrisiko keine Rolle spielt.

 

Seit über dreißig Jahren bin ich in der Finanzbranche tätig und fast wöchentlich werden mir Wertpapierdepots von Privatanlegern vorgelegt. Grob eingeteilt legen Privatanleger entweder bevorzugt in einzelne Aktien an oder in einer Auswahl von Investmentfonds.

Portfolio von einzelnen Aktien

Wenn ein Privatanleger in einzelne Aktien investiert, dann geht das fast immer auf eine frühere sehr gute Erfahrung zurück. Irgendwann in grauer Vergangenheit hat man selbst, ein Bekannter oder Verwandter, eine bestimmte Aktien gekauft und damit in kurzer Zeit sagenhafte Gewinne erzielt. Dieses positive Erlebnis sollte nun wiederholt werden, indem man sich eine Reihe von Aktien zulegt. In der Regel führt man dieses gute Initialerlebnis auf einen guten „Riecher“ oder besonders gute analytische Fähigkeiten zurück. Dass es schlicht Glück und Zufall (wie beim Glücksspiel) gewesen sein könnte, darauf kommt man in der Regel nicht.

Meistens studiert der Privatanleger dann Börsen-Zeitschriften oder lässt sich Börsenbriefe zuschicken. Immer auf der Suche nach vermeintlichen Geheimtipps.

Bei mir schlagen diese Anleger dann schließlich auf, weil sie irgendwann merken, dass sie auf keinen grünen Zweig kommen. Ja, da war einmal dieser schöne Gewinn viele Jahre her, aber irgendwie ist seitdem alles schief gelaufen.

Ich erkläre dann, dass die Geldanlage in einige wenige Einzelaktien eher einem Glücksspiel gleicht als professioneller, systematischer Geldanlage. Zumal fast immer der Punkt Risikodiversifikation zu kurz kommt. Letztlich gehen die Anleger mit ihren zehn bis zwanzig verschiedenen Werten Wetten ein, bei denen der zu erwartende Gewinn nicht im richtigen Verhältnis zu den eingegangenen Risiken stehen.

Auswahl von Investmentfonds

Eine andere Gruppe von Anlegern beachtet zumindest das Prinzip der Risikostreuung, indem sie vor allem Investmentfonds kaufen. Das Problem aber hier ist, dass sie nicht aufhören daran zu glauben, dass es ein paar Fonds-Manager gibt, die dauerhaft den Markt schlagen können. Und dass sie die Punkt Kosten sträflich unterschätzen.  Das Argument ist: Wenn ein Manager wirklich gut ist, bin ich auch bereit entsprechend hohe Gebühren zu bezahlen.

Nur wie erkennt man einen guten Fonds-Manager? Dazu greifen Anleger immer nur auf Vergangenheitsdaten zurück. Entweder indem Sie selbst Charts und vergangene Wertentwicklungen studieren oder indem sie auf Ranking-Listen zurückgreifen.

Dabei ist es mehr als auffällig, dass bei Ranking-Listen und dergleichen über die Jahre hinweg keine Konstanz da ist. 1999 waren beispielsweise Templeton Growth oder Fidelity European Growth die Renner. Ein paar Jahre später war es der Aktienfonds ULM. Wieder ein paar Jahre später wieder andere Fonds.

Wenn mir ein Depot von Investmentfonds vorgelegt wird, kann ich mit relativer guter Genauigkeit bestimmen, wann das Depot zusammengestellt wurde. Und zwar anhand den Fonds, die zu bestimmten Zeiten die Ranking-Listen anführten und gerade „in“ waren. Ähnlich wie eine Mode-Expertin anhand der Kleider in einem Schrank erkennen kann, wann alles gekauft wurde.

Fonds haben für ein paar Jahre eine gute Wertentwicklung, dann landen sie in den Ranking-Listen auf Top-Positionen, alle Anlageberater und Bankberater empfehlen sie jetzt. Immerhin führen sie ja gerade die Ranking-Listen an. Die Masse der Anleger steigt ein. Nur damit sie nach ein paar Jahren im großen Stil enttäuscht sind, wieder zu ihrem Anlageberater gehen, der dann wieder neue Investmentfonds aus dem Hut zaubert, die jetzt auf einmal ganz oben stehen. Und so geht das Spiel weiter und weiter.

Reich werden dabei vielleicht die Anlageberater, bestimmt aber nicht der Anleger.

Was ich vermisse ist eine klare Struktur, wobei der Kostenaspekt hinreichend berücksichtigt wird. Und hierbei sind ETFs das ideale Instrument.

Wer in die Anlageklasse Immobilien investieren möchte, tut sich schwer, ein passendes Investmentprodukt zu finden. Kauft man sich eine Wohnung oder ein Haus, dann reichen die vorhandenen Mittel in der Regel gerade einmal für eine Immobilie. Meistens müssen auch noch Kredite aufgenommen werden.

Sein ganzes Geld aber nur in ein einziges Objekt zu stecken widerspricht dem elementaren Prinzip der Risikodiversifikation. Wer würde, nur mal zum Vergleich, sein ganzes Vermögen nur in eine einzige Aktie geben? Das käme jedem höchst spekulativ vor. Warum soll dies bei einer Immobilie anders sein?

Für die allermeisten Menschen bleibt dann nur, in irgendeiner Form von Fonds zu investieren, sofern man unbedingt in Immobilien anlegen möchte. Naja, jetzt beginnen aber erst die Probleme. Denn was gibt es da so auf dem Markt?

Geschlossene Immobilienfonds haben normalerweise so extrem hohe Kosten, dass man als Anleger hierum einen großen Bogen machen sollte. Ferner schrecken die Intransparenz und die langen Haltedauern.

Das Hauptproblem bei offene Immobilienfonds ist, dass bei der Bewertung des Immobilienbestands nicht Marktpreis hergenommen werden, sondern Schätzungen von Gutachtern. Solche Schätzungen können sich bisweilen erheblich von den Marktpreisen entfernen. Sollten dann zu viele Anleger auf einmal auf die Idee kommen, Anteile an einem offenen Immobilienfonds zu verkaufen, dann kann das Management in Zugzwang kommen und Immobilien unter Wert verkaufen müssen. Zuletzt so geschehen in 2009. In Folge mussten ein paar offene Immobilienfonds abgewickelt werden mit zum Teil erheblichen Verlusten für die Privatanleger.

Bleibt noch die Idee, in REIT-ETFs zu investieren. REITs sind Unternehmen, die ihr Geschäft mit dem Handel und der Verwaltung von Immobilien machen. Dabei handelt es sich um herkömmliche Aktiengesellschaften, deren Anteile an der Börse gehandelt werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Aktien aber werden REITs steuerlich günstiger behandelt.

Das Problem mit REITs ist aber dass sie ebensowenig wirklich ein eins-zu-eins Investment in Immobilien darstellen, wie Minenaktien eins-zu-eins Investments sind die entsprechenden Rohstoffe. Sie sind vielmehr immer noch eine Spur riskanter und volatiler. Ich habe hier als beliebiges Beispiel den Verlauf der Affinity Goldminenaktie im Vergleich zum Goldpreis über die letzten 5 Jahre gewählt:

Man sieht zweierlei: Der Wertverlauf der Affinity Goldaktie war deutlich schwankungsreicher im Vergleich zum Goldpreis. Und zweitens hat die Goldaktie im Vergleich zu Gold einen deutlich höheren Wertverlust innerhalb der letzten 5 Jahre gehabt. Es kann keine Rede davon sein, dass die Goldaktie einen ähnlichen Kursverlauf hat wie der Gold Spot.

Ähnlich ist es mit REITs. Wer glaubt, sich mit einem REIT in die Anlageklasse Immobilien einkaufen zu können, täuscht sich. REITs sind in der Regel deutlich schwankungsreicher als Immobilien selbst. Außerdem kann es sein, dass die Immobilienpreis zwar steigen, ein REIT aber Verluste macht, möglicherweise sogar pleite geht. Selbstverständlich ist auch das umgekehrte denkbar: dass die Immobilienpreise fallen, ein REIT aber aufgrund eines besonders guten Managements an Wert gewinnen wird.

Eine graphische Darstellung eines REITs im Vergleich zum Immobilienmarkt ist aus einigen Gründen schwieriger als das obige Beispiel einer Goldaktie im Vergleich zu Gold. Die Sache ist aber, wie gesagt, ziemlich ähnlich. Hier nur als Beispiel die Wertentwicklung des Ventas REIT seit 2017:

Ich habe mir die Mühe gespart, einen Immobilienindex einzufügen. Aber ich denke, es dürfte jedem klar sein, dass die Immobilienpreis sich im Durchschnitt anders entwickelt haben als dieser Kursverlauf.

REITs können also eine komplett andere Wertentwicklung haben als die entsprechenden Immobilienmärkte. Mithin können REIT-ETFs nicht die Anlageklasse „Immobilien“ widerspiegeln. Das sind zwei verschiedene Dinge. Oder anders formuliert: So wie die Anlageklasse „Goldaktien“ eine andere Anlageklasse als „Gold“ ist, so ist sind „REITs“ eine andere Anlageklasse als „Immobilien“.

Selbstverständlich kann man, wenn man es für eine gute Idee hält, in die Anlageklasse „REITs“ investieren, man soll ich aber bitte nicht einbilden, damit die Anlageklasse „Immobilien“ zu bekommen.

Ein REIT-ETF ist somit weniger ein ETF in der Anlageklasse „Immobilien“. Vielmehr handelt es sich hier um eine Art Branchen-ETF, ähnlich wie es Chemie-ETFs, Healthcare-ETFs oder Automobil-ETFs gibt. Ein REIT-ETF bildet ein Segment innerhalb des Aktienmarkts nach.

Ich für meinen Teil rate generell von Branchen-ETFs ab. Das sind wieder Wetten auf die besondere Wertentwicklungen innerhalb der allgemeinen Wertentwicklung der Aktienmärkte. Eine Anlage in Branchen-ETFs kann man nur rechtfertigen, wenn man behauptet, Informationen hat, die darauf hinweisen, dass eine bestimmte Branche besser laufen wird im Vergleich zum Gesamtmarkt. Das sind wiederum aktive Anlageentscheidungen, die in der Praxis nur sehr selten funktionieren. Ich empfehle stattdessen, ganz einfach, in die allgemeinen Börsenindizes zu gehen, wie beispielsweise Stoxx Europe 600 oder S&P 500. Aber auf Einzelwetten auf bestimmte Branchen lieber zu verzichten.

Und diese Empfehlung gilt auch für REIT-ETFs.

Ich erlebe es sehr häufig, dass mir Anleger ihre Investments vorlegen, die sie im Laufe ihres Lebens so abgeschlossen haben, und mich fragen, ob sie gut sind. Dahinter steckt die Idee, dass es Anlageprodukte gibt, die an sich richtig oder falsch sind. Bis zu einem gewissen Grade kann man das tatsächlich sagen, nämlich vor allem bezogen auf die Kosten.

Ein Investment, das mit übermäßig hohen Kosten verbunden ist, ist für sich genommen einfach schlecht. Da muss man nicht lang weiter herummachen.

Liegen die Kosten aber im normalen Bereich, dann ist das Hauptkriterium, ob ein Investment gut oder schlecht ist, das jeweilige Anlageziel des Anlegers. Letztlich kommt es darauf, an was man mit der Geldanlage erreichen möchte. Um es einmal mit dem Autokauf zu vergleichen: Man kann nicht sagen, dass ein VW Touran an sich ein schlechteres Auto als ein Mercedes SL ist. Es kommt darauf an, wozu man das Auto verwenden will. Also Familienauto ist der Touran sicherlich besser, für den Fahrspaß der SL. Ähnlich ist es bei der Geldanlage. Man kann nicht sagen, dass ein Rentenfonds oder Tagesgeld an sich schlechter wäre als ein Aktienfonds, es kommt eben darauf an, was man damit erreichen will.

Ich muss also erst nach den Anlagezielen fragen, um beurteilen zu können, ob bestimmte Anlageprodukte für einen Kunden geeignet oder ungeeignet sind. Meiner Erfahrung nach ist das aber oft gerade ein blinder Fleck bei vielen Anlegern.

Wenn ich nach den Anlagezielen frage, dann bekomme ich nicht selten sinngemäß die Antwort: „Ich möchte möglichst viel Rendite bei möglichst geringem Risiko erreichen.“ Das ist kein Anlageziel, sondern ein frommer Wunsch. Natürlich wäre es schön, wenn es so etwas gäbe: Hohe Renditen bei minimalem Risiko. Man sollte sich aber realistischerweise darüber im Klaren sein, dass es so etwas nicht gibt. Entweder will ich hohe Renditen, dann muss ich in den sauren Apfel „Risiko“ beißen, oder mir ist Sicherheit wichtig, dann muss ich in den sauren Apfel „geringe Renditen“ beißen. Alles zusammen geht nicht.

Interessant ist ferner, dass es kein wirkliches Anlageziel ist, wenn man sagt: „Ich will hohe Renditen“. Die Frage hier ist sofort: „OK. Hohe Renditen. Aber für was? Zu welchem Zweck?“

Um im Autobeispiel zu bleiben: Das ist etwa so, als würde man sagen, dass man ein Auto will, das möglichst schnell fahren kann. Und auch hier stellt sich sofort die Frage: Wozu will man denn schnell fahren? Für den Nervenkitzel auf der Autobahn, oder weil man an Autorennen teilnehmen möchte, oder weil man beruflich viel unterwegs ist und es dabei bisweilen eilig hat.

Bei der Geldanlage sind meistens solche Dinge wichtig wie:

  • ab dem Jahre x will ich meinem Vermögen monatlich y Euro entnehmen können, um damit gut leben zu können; oder
  • in x Jahren will ich mir eine bestimmte Sache anschaffen, wofür ich y Euro benötige.

Das sind, ich möchte mal sagen, gute Anlageziele, mit denen man etwas anfangen kann. Denn dann kann man sozusagen finanzmathematisch weiter vorgehen. Ich muss nur wissen, wieviel der Anleger jetzt hat bzw. wie viel er in den nächsten Jahren zur Seite legen kann. Ich kenne das Ziel und kann dann ausrechnen, welche Zielrendite der Anleger benötigt, um sein Ziel zu erreichen.

Nehmen wir einen Anleger A, der heute 50 Jahre alt ist und sich fragt, wie er einen Geldbetrag in Höhe von 370.000 Euro anlegen soll. Wenn man seine Anlageziele klärt, so stellt sich heraus, dass er sich in 15 Jahre zur Ruhe setzen will. Dazu wird er dann 1500 Euro pro Monat zusätzlich neben seinen sonstigen Rentenbezügen brauchen. Die Frage ist nun, welches Vermögen er mit 65 benötigen wird, um diesen monatlichen Betrag regelmäßig entnehmen zu können.

Die Antwort lautet: Sofern er mit einem allmählichen Kapitalverzehr leben kann, wird er mit 65 ein Vermögen von etwa 550.000 Euro benötigen. Dann kann er einmal im Jahr seine Monatsentnahmen um 1,5% anheben und das Geld reicht mindestens bis zu seinem 95. Lebensjahr.

Bezogen auf dieses Vermögensziel von 550.000 Euro, kann man jetzt leicht berechnen, mit welcher Zielrendite A sein derzeitiges Vermögen von 370.000 Euro für die nächsten 15 Jahre anlegen muss. Er wird nämlich durchschnittlich eine Rendite von 2,7% p.a. benötigen.

Das ist nicht besonders viel, aber es ist auch nicht komplett risikolos zu erreichen. Der weitere Gang der Beratung kann dann so aussehen, dass man sich überlegt, wie man den Anlagebetrag auf verschiedene Anlageformen aufteilen muss, damit eine Zielrendite von 2,7% mit hoher Wahrscheinlichkeit erreichbar ist.

Das Gute an diesem Vorgehen ist, dass man mit konkreten Zahlen arbeiten kann. Man kann so sein Geld zielorientiert anlegen, und so wie es zur Erreichung konkret definierter Anlageziele wirklich notwendig ist. Ein Gerede ins Blaue entfällt dann.

Ein befreundeter Kunde wurde kürzlich zu einem Finanzvortrag eingeladen. Erst kurz nach Beginn des Vortrags stellte sich heraus, dass der Vortragende für einen Finanzvertrieb arbeitet.

Finanzvertriebe bewerben hochriskante Anlagemodelle, um Provisionen abzukassieren

Es wurde für folgendes Konzept geworben: Immobilien mit hoher Mietrendite zu kaufen und zu 100% fremd zu finanzieren, möglichst wenig zu tilgen und den positiven Cashflow (Miete abzgl. Zinsen und Tilgung) am Aktienmarkt zu investieren.

Der Kunde hat sehr gut erkannt, dass mit diesem Modell sehr hohe Risiken verbunden sind. Mich erinnert das Ganze an Modelle, wie sie auch bereits vor etwa 20 Jahren beworben wurden. Damals nur mit dem Unterschied, dass der Anleger keine Immobilie fremdfinanziert erwerben sollte, sondern eine Rentenversicherung mit Einmalbeitrag. Auch hier sollte der angebliche positive Cashflow (monatliche Rentenzahlungen abzgl. Zinsen und minimale Tilgung) in Aktienfonds angelegt werden. So etwas wie ein magisches Finanzkonzept, bei dem man ohne eigenen Aufwand wie aus dem Nichts reich werden könne – so die Finanzvertriebe damals wie heute.

Damals hatte ich allen Anlegern, die mit dieser Anlageidee zu mir kamen, dringend davon abgeraten. Inzwischen weiß ich, dass nicht eines dieser Modelle von damals funktioniert hat. Die Anleger sind auf zum Teil immensen Verlusten sitzen geblieben.

Die einzigen, die dabei verdient haben, waren die Finanzvermittler: Erstens eine Abschlussprovision für die vermittelte Rentenversicherung, zweitens eine Provision für den vermittelten Kredit, und drittens Ausgabeaufschlag und laufende Bestandsprovisionen für die empfohlenen Aktienfonds.

Mit Sicherheit kann man davon ausgehen, dass bei dem aktuell angebotenen Modell, fremdfinanzierte Immobilie plus Tilgung über Aktienfonds, auch die Provisionen für den Finanzvermittler gleich drei Mal üppig sprudeln werden. Dass das Modell für den Anleger aufgeht – gerade bei dieser hohen Gebührenbelastung – ist eher unwahrscheinlich.

Die Angst vor Inflation als Verkaufsargument

Wie gesagt, der Kunde, der mich darauf aufmerksam gemacht hat, war sich der hohen Risiken dieses Modell durchaus bewusst. Interessant für ihn war vor allem, auf welche Weise für dieses Modell geworben wurde. Der Finanzvermittler argumentierte nämlich mit der Inflation. Genau genommen mit etwas, das er „reale Inflation“ nannte.

Diese sogenannte „reale Inflation“ sei, diesem Finanzvermittler nach, deutlich höher als die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Inflation. Ein vom Amt veröffentlichter Verbraucherpreisindex hatte z.B. für September 2017 den Stand 109,6. Für den September 2018 lag dieser Index bei 112,1. Das ist ein Anstieg um 2,28%. Dies ist also die Inflation innerhalb der letzten zwölf Monate, … sofern man dem Statistischen Bundesamt trauen darf.

Genau daran zweifeln manche Leute, die dann die sogenannte „reale Inflation“ berechnen. Danach berechnet sich die „reale Inflation“ wie folgt:

„reale Inflation“ = Geldmengenwachstum – Wirtschaftswachstum.

Für Deutschland wäre diese „reale Inflation“ im letzten Jahr demnach 4,0%, denn:

Geldmengenwachstum von 5,3% – Wirtschaftswachstum von 1,3% = 4,0 %.

Natürlich kann man alles Mögliche berechnen, alle möglichen Formeln aufstellen und behaupten, dass sie zu einer wertvollen Erkenntnis führen. Nur zu welcher Erkenntnis soll bitteschön diese Formel zur Berechnung der „realen Inflation“ führen? Warum soll sie besser oder „realer“ sein, als das, was das Statistische Bundesamt veröffentlicht?

Gemessene Inflation und Theorien zur Inflation

Der Begriff „Inflation“ ist zunächst, wenn man wissenschaftlich argumentieren will, eine empirische Größe. Inflation misst den Wertverfall des Geldes in einem bestimmten Zeitraum. Um das messen zu können, hat man sich in den Wirtschaftswissenschaften darauf verständigt, einen sogenannten Warenkorb zusammenzustellen. Die Idee ist, dass man einen Korb von Waren festlegt, den deutsche Bürger typischerweise im Monat verbrauchen. Das werden also Lebensmittel sein, wie Fisch, Fleisch, Mehl, etc., aber auch Genussmittel, wie Zigaretten, Kaffee, Schokolade etc., ferner Ausgaben für Unterhaltung, für Miete, und so weiter und so weiter.

Hier fängt natürlich schon eine Schwierigkeit an, denn bei einem solchen Warenkorb kann es sich nur um einen allgemeinen Durchschnitt handeln. Wenn jemand beispielsweise nie Schokolade isst, dann wird er sich vielleicht nicht mit diesem Warenkorb „identifizieren“ können. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Annahme eines solchen Warenkorbs für sich genommen falsch wäre. Ein Durchschnitt passt sowieso fast nie. Wenn beispielsweise der durchschnittliche Mann (sagen wir) 1,79 cm groß ist, dann kann man schlecht argumentieren, dass das nicht stimmen könne, weil man ja selbst 1,81 cm groß ist. Das liegt nun einmal im Wesen eines Durchschnitts. Für den konkreten Einzelnen passt er zwar nicht, für die Deutschen insgesamt aber schon.

Und genauso ist es mit dem Warenkorb.

Und wenn man so einigermaßen vernünftig einen Warenkorb zusammengestellt hat, dann kann man ihn z.B. zum 1.1.2017 bewerten. Indem man einfach heraussucht, welche Preise ein Verbraucher gerade für die jeweiligen Waren bezahlen muss. Und genauso kann man es machen für den 31.12.2017. Setzt man beide ins Verhältnis, dann bekommt man die Inflationsrate fürs Jahr 2017.

Das ist ein empirischer Messwert. Ähnlich, wie man das Fieber eines Patienten misst, oder die Zeit, mit der ein Stein aus bestimmter Höhe zur Erde fällt und die man mit der Stoppuhr gemessen hat.

Auf der anderen Seite kann man versuchen, sich die Inflation theoretisch zu erklären. Man kann sich Gedanken machen, welche Faktoren wesentlich sind für die Geldentwertung. Ähnlich wie Ärzte Theorien darüber aufstellen, wie bei einem Patienten das gemessene Fieber zustande gekommen ist. Oder wie Physiker Formeln aufstellen, in denen Masse und Erdbeschleunigung vorkommen, um sich die Zeit zu erklären, die ein Stein zum Fallen braucht. Das sind theoretische Überlegungen, die man anstellt, um sich ein beobachtetes Phänomen zu erklären. Und solche Theorien können richtig oder falsch sein, je nachdem wie zutreffend sie das beobachtete Phänomen erklären.

Und so kann man sich auch eine Theorie zurecht legen, wie das beobachtete Phänomen Inflation zu erklären ist. Ein denkbarer Ansatz dabei ist, dass die Geldentwertung irgendwie mit dem Geldmengenwachstum  und dem Wirtschaftswachstum zu tun hat (beides auch beobachtbare Phänomene). Das kann stimmen, muss aber nicht. Die Geschichte ist voll von irrtümlichen Theorien.

Lächerlich wird es aber dann, wenn man die aufgestellte Theorie für wahrer hält, als das zu erklärende Phänomen. Wenn beispielsweise Ärzte zu dem Schluss kommen, dass gemäß ihres Erklärungsschemas der betreffende Patient gar kein Fieber haben dürfte. Und weil einem ja die eigene Theorie so heilig ist, dann schlicht leugnet, dass der Patient Fieber hat. Was nicht in die Theorie passt, wird einfach geleugnet.

Oder wenn ein Physiker eine Gravitationstheorie aufstellt, die ihm sehr gut und schlüssig erscheint. Leider aber die Zeit für den Fall eines Steines zur Erde anders berechnet, als es tatsächlich passiert. Wenn dann der Physiker behauptet, dass das nur Messfehler sein müssten, seine Theorie aber gewiss richtig wäre, kann man wohl an der Wissenschaftlichkeit dieses Physikers zweifeln.

Und ganz ähnlich ist es nun mit den Verfechtern der sogenannten „realen Inflation“. Da wird eine nette Theorie aufgestellt, die meinetwegen plausibel klingt, nur leider das Phänomen der Geldentwertung nicht so berechnet, wie man es tatsächlich beobachtet hat. Nun wird sich darauf verstiegen, dass die Theorie ja nicht falsch sein könne, sondern vielmehr diejenigen, die gemessen haben (das statistische Bundesamt) dunkle Absichten verfolgen würden. Die empirisch beobachtete Inflation von 2,28% könne ja nicht richtig sein, weil die theoretisch berechnete ja bei 4,0 % liegen müsse.

Das Gerede über Inflation dient nicht der Aufklärung, sondern dem Verkauf dubioser Anlageideen

Ich kann da nur sagen: Oje, oje, oje. Solche Leute haben offenbar von einer wissenschaftlich Vorgehensweise keine Ahnung, geschweige denn von dem Unterschied zwischen empirisch/beobachtet einerseits und theoretisch/berechnet auf der anderen Seite. Die theoretische Größe „reale Inflation“ wird dadurch nicht realer, dass ich ihr den Namen „real“ gebe. Was für eine Augenwischerei!

Letztlich ist sowieso eines klar. Solchen Leuten, die uns Angst vor einer Inflation machen wollen, liegt nichts an objektiver Aufklärung, sondern darum, erschreckte Menschen abzuzocken. Sie reden uns ein, dass wir uns dringend vor einer immensen Geldentwertung schützen müssen. Und wenn uns diese Geldentwertung noch nicht aufgefallen ist, dann fangen sie an, uns irgendetwas vorzurechnen. Dass wir – ohne es zu merken – jedes Jahr 4,0 % ärmer werden.

Und ja, genau diese Leute haben dann auch glücklicherweise genau das richtige Rezept, um uns vor dieser großen Inflation zu retten. Na Gott sei Dank! Dass sich diese Menschen an diesem Rezept dumm und dämlich verdienen, mittels Provisionen und dergleichen, soll nicht weiter beachtet werden.

Ich kann nur jedem den Rat geben, solchen Leuten nicht zu vertrauen. Sie machen Angst vor schleichenden Verlusten, die man nur entdeckt, wenn man von dem, was man hat, fiktiv Jahr für Jahr etwas abzieht. Nach dem Motto: „Deine 10.000 Euro, die du seit einem Jahr auf dem Girokonto hast, sind heute ‚real‘ 4% weniger wert, als nur noch 9.600 Euro. “ Ich sehe aber auf mein Konto, sehe keine 9.600 Euro, sondern nach wie vor 10.000 Euro. Das Sich-Ärmer-Rechnen geschieht also vor allem im Kopf.

Das alles aber nur, um den Anleger in Anlagemodelle hineinzutreiben, bei denen nach ein paar Jahren keine fiktiven Verluste da sind, sondern ein sehr reales, nominales Minus. Das heißt: das ach so geniale Investitionskonzept, in das ich einmal 10.000 Euro angelegt habe, ist nach, sagen wir, zehn Jahren faktisch nur noch 8.000 Euro wert. Die Angst vor einer kaum merkbaren Geldentwertung treibt Leute in reale, schmerzhafte Verluste.

Darum (ich wiederhole mich): Hört nicht auf die Inflations-Angstmacher!

Ich wurde auf einen Artikel auf tagesschau.de aufmerksam gemacht: „Neue Finanzkrise durch ETFs? – 10 Jahre Lehman-Pleite„, Autor: Andreas Braun, veröffentlicht am 13.09.2018.

Der Autor, Herr Braun, vergleicht ETFs mit den Hypothekenanleihen (CDOs) und Finanzderivaten, die mit der Finanzkrise ab 2008 in Verbindung gebracht werden. Ähnlich wie damals diese synthetischen Finanzprodukte für eine globale Finanzkrise gesorgt haben, würden jetzt ETFs unser Finanzsystem bedrohen, so suggeriert der Artikel.

Herr Braun schreibt:

„Deutliche Hinweise auf Gefahren, die vom Erfolg der Produkte [gemeint sind ETFs] ausgehen könnten, sammelten Beobachter in den vergangenen Jahren immer dann, wenn es an den Börsen einmal heftig abwärts ging. Berühmtes Beispiel ist ein Ein-Tages-Crash an der Wall Street im August 2015… Die ETFs auf die US-Indizes verloren zum Teil deutlich mehr an Wert und mussten massenweise vom Handel ausgesetzt werden. Zudem schafften es die Produkte nicht mehr, den ihnen zugrundliegenden Index abzubilden.“

Hier wird also Bezug genommen auf die Geschehnisse am 24. August 2015. Die Ereignisse und Hintergründe sind in dem SZ-Artikel „Was für ein Montag“ gut beschrieben.

Was geschah am schwarzen Montag, 24. August 2015? – Welche Rolle hatten ETFs?

An diesem Montag, 24. August 2015, gab es zunächst an den europäischen Aktienmärkten starke Kursturbulenzen. Die New Yorker Börse machte daraufhin von ihrer „Regel 48“ Gebrauch. Danach kann der Handel bestimmter Aktien ausgesetzt werden mit dem Ziel, unerwünschte übertriebene Kursausschläge zu verhindern. Als die New Yorker Börse an jenem Montagmorgen startete, konnten somit 35 Prozent der amerikanischen Aktien keine korrekten Kurse gestellt werden. Für Börsianer ist das als würde man ein Flugzeug blind steuern müssen.

Auf der anderen Seite mussten Kurse für die Aktien-ETFs gestellt werden. Wie soll man aber ein Gesamtportfolio von Aktien bewerten, wenn man die Kurse vieler enthaltener Aktien nicht kennt? Eine faire Bewertung von ETFs war zu diesem Zeitpunkt schlicht nicht möglich.

Hier zeigt sich übrigens ein wesentlicher Unterschied zwischen herkömmlichen Investmentfonds und ETFs. Wie der Name „exchange traded funds“ schon sagt, werden ETFs fortwährend an der Börse gehandelt. Sogenannte Market Maker müssen laufend Kauf- und Verkaufkurse für ETFs stellen, damit Anleger jederzeit ihre ETF-Anteile kaufen bzw. verkaufen können.

Die Preisfeststellung von herkömmlichen Fonds läuft hingegen nicht über eine Börse. Vielmehr wird einmal am Tag (meistens um die Mittagszeit herum) der fairer Preis eines Investmentfonds von der Depotbank des Fonds berechnet. Und zwar  wird der sogenannte Nettoinventarwert (Net Asset Value) auf der Basis der aktuellen Kurse der gehaltenen Wertpapiere festgestellt. Während sich also die Kurse eines ETFs nach Angebot und Nachfrage im Markt richten, ist der Kurs eines herkömmlichen Investmentfonds ein berechneter Wert, egal ob jemand kaufen oder verkaufen will.

Jedenfalls gerieten Anteilsinhaber von ETFs am Montagmorgen des 24.8.2015 in Panik und wollten unbedingt ihre Anteile verkaufen. Allerdings zu einem Zeitpunkt, als für ein Drittel der im ETF-Portfolio gehaltenen Aktien kein aktueller Kurs zur Verfügung stand. Während ein Inhaber von ETF-Anteilen jederzeit verkaufen kann, kann ein Inhaber von herkömmlichen Investmentfonds, wie gesagt, nur einmal am Tag zu einem klar berechneten Kurs verkaufen. Dei Verkauforder von herkömmlichen Fondsanteilen hat mithin keinerlei Einfluss auf die Kursfeststellung des Fonds selbst.

Haben die Market Maker für ETFs hingegen keinerlei Anhaltspunkte für den fairen Wert eines ETFs, weil zu viele Aktien gerade keinen aktuellen Kurs haben, und wollen gleichzeitig zu viele Anleger ihre ETFs verkaufen, so ist es logisch, dass die ETF-Kurse massiv fallen.

Klar ist auch, dass sich solche in Panik geratene Anleger, die in einer solchen Situation überstürzt ihre ETF-Anteile verkauft haben, hinterher massiv ärgern werden.

Jetzt aber noch einmal die Frage: Waren damals, am Montag des 24.08.2015, ETFs eine Bedrohung für das Finanzsystem? Hätte damals die Finanzkonstruktion eines ETFs als solches die Märkte zu Fall bringen können?

Ursache und Wirkung werden verwechselt. ETFs waren nicht das Problem.

Zunächst ist einmal festzustellen, dass hier offenbar Ursache und Wirkung verwechselt werden. Es ist eben NICHT so, dass an jenem Montagmorgen die Aktienkurse wegen ETFs gefallen wären. Es gab an den europäischen Börsen Kursturbulenzen, viele Stunden bevor in New York überstürzt verkaufende ETF-Inhaber zu hohe Verluste realisierten. Auch waren die ETFs für sich genommen nicht schuld daran, dass in New York für etwa ein Drittel der Aktien die Kursstellung ausgesetzt wurde. Die New Yorker Börse machte von Ihrer Möglichkeit Gebrauch, den Handel für bestimmte Aktien einzustellen – aber nicht wegen der ETFs, sondern um einen sich anbahnenden Börsencrash zu vermeiden. Wie sinnvoll diese Maßnahme damals war, darüber kann man diskutieren, sie hatte jedenfalls nichts, aber rein gar nicht mit der Finanzkonstruktion von ETFs zu tun.

Ja, in Folge dieser Ereignisse und Maßnahmen, fielen die ETF-Kurse über die Maßen. Und wer in dieser Situation verkaufte, bekam denkbar schlechte Kurse und durfte sich hinterher über seine Verluste ärgern.

Aber bitteschön: Niemand wurde damals am Montagmorgen des 24.08.2015 gezwungen, seine ETF-Anteile zu verkaufen. Und es waren auch nicht diese ETF-Verluste, die für die Börsenturbulenzen verantwortlich waren. Sondern umgekehrt, die Börsenturbulenzen waren die Ursache dafür, dass sich die Kurse bei den ETFs nur noch nach Angebot und Nachfrage richteten, und nicht mehr nach einem inneren fairen Wert.

Die Behauptung, dass am 24.08.2015 ETFs für sich genommen eine Gefahr für das Finanzsystem gewesen sein sollen, steht somit auf extrem wackeligen Beinen. Um nicht zu sagen, sie ist ziemlich haltlos.

Man hätte damals das Problem nicht gehabt, wenn man schlicht auch den Handel von ETFs ausgesetzt hätte. Und zwar so lange, bis wieder die Kursfeststellung für genügend Aktien funktioniert hätte.

Warum der Vergleich von ETFs mit CDOs hinkt

Der Vergleich mit den CDOs und Hypothekenanleihen, die während der Finanzkrise ab 2008 eine Rolle spielten, ist zudem völlig unzutreffend und vollkommen an den Haaren herbeigezogen. Ich frage mich wirklich, wie man so etwas ernsthaft behaupten kann.

CDOs waren damals extrem intransparente Anlageprodukte, deren Wert nach sehr komplizierten mathematischen Formeln berechnet wurden. In den 1990er Jahren musste ich mich einmal als Finazexperte mit der Frage beschäftigen, ob die Investition in ein bestimmtes CDO interessant wäre. Ich beschäftigte mich zwei Tage damit und konnte beim besten Willen nicht sagen, dass ich die Konstruktion verstanden hätte. Daraufhin war meine Empfehlung: Wenn ich nach zwei Tagen intensiver finanzmathematischer Arbeit das Produkt nicht verstehe, dann kann ich nur jedem Anleger raten, die Finger davon zu lassen.

ETFs hingegen sind extrem simpel. Insofern das genaue Gegenteil von CDOs oder Hypothekenanleihen.

Ein weiterer Unterschied ist, dass sich CDOs bei der Bewertung auf einen Portfolio von Hypothekendarlehen an Privatpersonen beziehen. Der Wert einer solchen Hypothek hängt wesentlich von zwei Dingen ab, a) von der Zahlungsfähigkeit der Privatperson, b) dem Wert der zugrundeliegenden Immobilie. Beides ist nicht auf die Schnelle herauszufinden, sondern bedarf normalerweise aufwendiger Recherche-Arbeit. Hat man nun Hunderte oder sogar Tausende solche Immobilien-Hypotheken gebündelt, so ist es extrem schwierig, zu beurteilen, wie viel das entsprechende Hypothekendarlehen gerade tatsächlich wert ist.

Und jetzt kommt ja eines noch dazu. Die Hypothekendarlehen und CDOs wurden dann ja noch weiter gestaffelt. Das heißt dass es Anleihen gab, die sich nicht auf Immobilien-Kredite bezogen, sondern auf andere Hypothekenanleihen. Und so weiter. Das war ein komplizierter Verhau an ineinander geschachtelter Wertpapiere, die sich am Ende auf etwas bezogen, was selbst extrem schwer zu bewerten war.

Und noch einmal: Wie einfach sind im Vergleich dazu ETFs? Sie beziehen sich ausschließlich auf Wertpapiere, zu denen – normalerweise – jederzeit Kurse gestellt werden. Es ist nichts verschachtelt, es ist einfach die Summe dieser Wertpapiere, die gemäß den Quoten eines bestimmten Index zusammengesetzt sind.

CDOs mit ETFs zu vergleicht ist etwa so, als würde man Infinitesimalrechnung mit dem kleinen Einmaleins vergleichen. Ok, manche finden vielleicht auch schon das kleine Einmaleins kompliziert genug.

Noch ein gravierender Unterschied. Die Rating-Agenturen hatten damals CDOs mit extrem guten Ratings versehen, AAA zum Beispiel. Die Banken fanden das damals toll, weil sie für solch gut gerateten Wertpapiere deutlich weniger Eigenkapital hinterlegen mussten. So sind die Bilanzierungsregeln für Banken. Je riskanter ein Wertpapier ist, das eine Bank erwirbt, umso mehr Eigenkapital muss dafür für etwaige Kursverluste hinterlegt werden. Was ja auch an sich vernünftig ist.

Das Problem ab 2008 war dann, dass diese wunderschönen mit AAA bewerteten Wertpapiere mit einem Schlag massive Kursabschläge hinnehmen mussten. Von Sicherheit war plötzlich keine Spur mehr. Genau das brachte Banken zum wackeln. Dass sie für als sicher eingestufte Wertpapiere nicht hinreichend Eigenkapital hinterlegt hatte, die sich von einem Tag zum anderen als hochriskant herausgestellt haben.

Man frage mal bei seinem Banker nach, in welche Risikoklasse beispielsweise ein DAX-ETF eingestuft wird. Man wird die Antwort erhalten: Hohes Risiko. Auf keinen Fall wird irgendjemand behaupten, dass ein Aktien-ETF eine sichere Wertanlage im Sinne einer AAA-Bundesanleihe ist.

Kauft sich also eine Bank ein ETF ins Portfolio, so wird sie dafür immer relativ viel Eigenkapital dafür hinterlegen müssen.

Es ist also ziemlich weit hergeholt, um nicht zu sagen unsinnig, CDOs mit ETFs zu vergleichen oder zu behaupten, ETFs könnten ähnlich wie CDOs einmal zu einer Finanzkrise führen. Bevor man solche Dinge leichtfertig behauptet, würde ich es gut finden, sich detailliert und tiefgehend mit dieser Materie zu beschäftigen.

Leider werden gerade im Finanzbereich bemerkenswerte häufig leichtfertig Dinge behauptet, bei denen man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass es vor allem um eines geht: um Angstmacherei.

 

Vermögensverwaltung München

Das große Zauberwort im Finanzbereich lautet derzeit „ETFs“ (exchange traded funds). In den Medien werden sie hochgejubelt und es erscheinen immer wieder Beiträge darüber. Noch vor ein paar Jahren waren die Finanzdienstleister, vorneweg die Banken, auf sogenannte aktiv gemanagte Fonds fixiert. Kam ein Kunde mit der Idee, Geld in ETFs anlegen zu wollen, so wurde ihm das fast immer schlechtgeredet.

Vermeintliche Argumente für aktives Management und gegen ETFs

Das Argument war zumeist, dass bei einem aktiv gemanagten Investmentfonds ein professioneller Manager ständig die Märkte beobachtet. Im entscheidenden Moment, so wurde behauptet, hätte ein solcher Manager die Freiheit, aktiv gegenzusteuern. Würde sich also ein Crash ankündigen, so könnte ein aktiver Manager seine Aktienpositionen reduzieren. Bzw. umgekehrt, wenn er das Gefühl hätte, die Märkte würden in nächster Zeit gut laufen, könnte er noch eine Schippe dazulegen. Ein ETF hingegen hat immer exakt dieselbe Investitionsquote. Niemand trifft hier eine Entscheidung, wie man sich in welcher Marktsituation zu verhalten hat.

Ein weiteres Argument war folgendes. Ein ETF hat einfach alle Aktien eines bestimmten Börsenindex im Portfolio. Wenn man sich den einen oder anderen Wert genauer ansieht, dann könnte man schon zu dem Schluss kommen, dass man gerade diesen nicht so gerne besitzen würde. Man zweifelt möglicherweise an der Geschäftsstrategie dieses Unternehmens, oder es ist sonstwie negativ in den Schlagzeilen.

Ein aktiver Manager, so argumentieren Bankberater gerne, könne hier eine Auswahl treffen und die schlecht erscheinenden Aktien aussondern, und vielmehr nur solche Wertpapiere kaufen, bei denen die Analysten und sonstige Experten eine positive Meinung haben.

Ein drittes sehr beliebtes Argument für aktiv gemanagte Fonds im Vergleich zu ETFs war schließlich der Verweis darauf, dass es den oder jenen aktiv gemanagten Fonds gab, der in der Vergangenheit deutlich besser lief als sein Vergleichsindex. Der Finanzberater zeigte dann gerne Charts, die die klare Outperformance des besagten Fonds belegte. Ferner behauptete der Berater, dass genau er das Wissen habe, solche besonders guten Investmentfonds herauszufiltern.

Diese Argumente haben sicherlich den einen oder anderen Privatanleger davon abgehalten, ETFs zu kaufen. Stattdessen haben sie sich mit den Investmentfonds, zu denen der Bankberater zudem wunderschöne Charts präsentieren konnte, wohl gefühlt.

Traurig nur, dass nur in den seltensten Fällen aktiv gemanagte Fonds tatsächlich besser waren als vergleichbare ETFs. Irgendwann merkt fast jeder Privatanleger, dass der Chart zwar bis zum Kaufzeitpunkt sehr schön aussah, merkwürdigerweise aber ziemlich genau danach der empfohlene Fonds nur noch unbefriedigend war.

Besonders fadenscheinig war schon immer das oben genannte dritte Argument. Denn eine gute vergangene Performance ist noch lange keine Garantie für eine künftige Outperformance. Tatsächlich ist es sehr leicht im Nachhinein einen Fonds zu finden, der seine Benchmark geschlagen hat. Sehr sehr schwer hingegen ist es, einen solchen Fonds im Vorhinein zu finden.

Hier ein Zitat aus dem Buch „Erfolgreich Investieren“ von David Swensen (S. 18):

„Es gibt keinen Zweifel, dass ein aktives Management von Vermögenswerten keine zufriedenstellenden Ergebnisse für Privatanleger hervorbringt:“

Vermögensverwaltung mit ETFs

Der eigentliche Grund, warum Bankberater bislang gerne gegen ETFs argumentiert haben, ist, dass die Bank an ETFs so gut wie nichts verdient. Das ist die schlichte Wahrheit. Mit aktiv gemanagten Fonds hingegen können Banken gutes Geld verdienen.

Dass man aber mit ETFs aber als Privatanleger besser fährt als mit herkömmlichen Investmentfonds, dieses Tatsache konnten sich auch die großen Finanzdienstleister nicht auf Dauer leugnen. Nur wie konnte man einerseits auf den Zug ETFs aufspringen und gleichzeitig noch, wie bisher, gutes Geld verdienen?

Die Antwort auf diese Frage ist: Vermögensverwaltung mit ETFs.

Und ich muss zugeben, dass die Idee für sich genommen nicht schlecht ist. Das ist immer noch besser als das, was es bis heute auch noch gibt, nämlich Vermögensverwaltung mit aktiv gemanagten Investmentfonds.

Die Grundidee ist ohne Frage gut. Die Frage ist nur, wie das Ganze umgesetzt wird.

Erstens.

Der Anleger sollte unbedingt auf die Kosten achten. Auf die Vermögensverwaltungsgebühr kommt noch die Mehrwertsteuer oben drauf. Und zudem gibt es in der Regel Depotführungsgebühren und Transaktionskosten. Nicht selten belaufen sich die Gesamtgebühren auf mehr als 1,5 Prozent pro Jahr. Das ist sicherlich zu viel.

Zweitens.

Wichtig ist ferner nach welchem Konzept ETFs ausgewählt werden. Das Typische ist, dass ein Manager auf der Basis von Research und letztlich Bauchgefühl seine aktiven Anlageentscheidungen trifft. Er hat Positives über Japan gelesen, also investiert er in einen japanischen ETF. Oder er ist der Überzeugung, dass Indien ein Wachstumsmarkt ist, also wird ein Indien-ETF erworben.

Genau besehen ist man damit genau wieder beim aktiven Management angelangt, von dem man ja eigentlich wissen müsste, dass es nur zu suboptimalen Ergebnissen führt.

Wichtig ist, stattdessen einen systematischen Ansatz zu wählen, bei dem aktive Anlageentscheidungen keine Rolle spielen.

Als Vermögensberater habe ich mit sehr vielen Anlegern zu tun. Und über viele Jahre hinweg wurde ich immer wieder von Anlegern gefragt, was ich von den P&R-Container-Investments halte. Hin und wieder habe ich dann für einen Kunden einer seiner Investments etwas genauer durchgerechnet.

Dabei ist mir aufgefallen, dass die P&R-Container vor allem psychologisch gut konzipiert waren. Sagen wir, ein Anleger wollte 20.000 Euro investieren, dann bekam er quartalsweise Ausschüttungen, die sich aufs Jahr hochgerechnet auf (zumeist etwa) 5% der eingezahlten Summe aufaddierten.

Psychologisch gut hierbei sind schon mal drei Dinge. Erstens, dass der Anleger alle drei Monate Geld überwiesen bekam. Zweitens suggerierten die regelmäßigen Auszahlungen, dass es sich um eine Art Anleihe oder Rentenpapier handeln würde. Drittens sieht so eine Zahl wie 5% eigentlich ganz ordentlich aus.

Ich fange mal mit dem dritten Punkt an. Es war nämlich immer so konzipiert, dass der Anleger am Ende nicht die volle Investitionssumme zurückbekommt. Nehmen wir beispielsweise wieder den genannten Anleger, der 20.000 Euro investieren wollte und dann jährlich in Summe 4 x 250 = 1000 Euro ausgeschüttet bekommt. Am Ende durfte er nicht die Rückzahlung der investierten 20.000 Euro erwarten, sondern nur (beispielsweise) 15.000 Euro. Also deutlich weniger, als der eingezahlte Anfangsbetrag.

Hier sollte – rein rational betrachtet – eigentlich schon klar sein, dass die Rendite nicht 5% p.a. sein kann, wie die regelmäßigen Auszahlungen suggerieren, sondern deutlich weniger. Finanzmathematisch kam ich in der Regel auf solche Renditen von etwa 3,5 % p.a.

In einer Niedrigzinsphase, wie wir sie derzeit erleben, sind natürlich 3,5% gar nicht so schlecht. Jetzt komme ich aber zu dem zweiten Punkt, den ich oben genannt habe: dass die regelmäßigen Auszahlungen das Gefühl von Sicherheit vermittelten. Das war natürlich ganz offensichtlich ein Schein, der nichts mit den Tatsachen zu tun hatte. Jedem Anleger musste bei den P&R-Containern klar sein, dass es sich eben nicht um sichere Anleihen, sondern um eine mit hohen Risiken behaftete unternehmerische Beteiligung handelte.

Und wenn einem das klar war, dann war die in Aussicht gestellte Rendite von 3,5% eigentlich zu niedrig.

Bei der Geldanlage sollten immer Rendite und Risiko in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Man kann schon Risiken eingehen, wenn man will, es muss aber auch eine Chance auf entsprechend hohe Renditen bestehen. Wer nur hohe Risiken eingeht, ohne durch eine angemessene Renditeerwartung entlohnt zu werden, handelt nicht rational.

Und mir erschien eine Rendite von etwa 3,5 % p.a. nicht im richtigen Verhältnis zu stehen zu den unternehmerischen Risiken, die mit den P&R-Containern verbunden waren.

Das Problem an dieser Stelle ist, wie so oft im Finanzbereich, dass man sich fehlerhafterweise auf die Vergangenheit beruft. Wenn ich nämlich Anlegern diese Überlegungen mitteilte, stieß ich bemerkenswert häufig auf Unverständnis. Das Argument war immer: „Bisher ist doch auch immer alles gut gegangen, und das immerhin schon seit 40 Jahren, – ALSO wird künftig auch alles gut gehen. Und 3,5% Rendite ist für eine, naja ziemlich sichere Geldanlage, doch gar nicht schlecht …“

Risiko bezieht sich naturgemäß nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die Zukunft. Das, was bisher geschah, ist im Bereich Geldanlage, leider nur ein sehr schlechter Indikator für das, was künftig alles möglich ist. Und die Anleger tappen immer und immer wieder in dieselbe Falle: Sie schließen von der Vergangenheit auf die Zukunft. Und das ist schon so manchem teuer zu stehen gekommen. Jetzt hat es leider auch die P&R-Container erwischt.

 

Derzeit gibt es einen neuen Trend in der Finanzbranche. Immer wieder werden neue sogenannte Computerfonds neu aufgelegt. In der Zeitschrift Euro am Sonntag (Nummer 32) konnte man auf Seite 17 lesen:

„Hinter solchen Strategien steht eine faszinierende Idee: dass die chaotischen Finanzmärkte durch mathematische Berechnungen zu bändigen sind …

Jede Information kann wichtig sein: Makroökonomische Daten wie Zinsentwicklung und Wirtschaftsleistung; Bilanz- und Bewertungskennziffern; historische Kursmuster; selbst Wetterberichte können Hinweise geben, wohin sich die Notierungen künftig bewegen. Das Ganze ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Wer aus dem Datenwust die richtigen Formeln herauswühlt, kann das Risiko seines Portfolios reduzieren und überdurchschnittliche Renditen erzielen.“

Was ich in jedem Fall an quantitativen Methoden gut finde, ist, dass Emotionen ausgeschaltet werden. Mit der größte Feind des Anlegers sind seine Emotionen. Kaum rutschen die Kurse, wird der eine oder andere von Panik erfasst. Legendäre Fehlentscheidungen wurden letztes Jahr unmittelbar nach der Brexit-Wahl und nach des US-Präsidentschaftswahl getroffen. Und warum ließ sich ein Anleger nach der Wahl Trumps zum Verkauf verleiten? Weil die Person Trumps bei dem Anleger emotional negativ belegt war.

Dass man aber mit mathematischen Formeln ein Chance hat, die Entwicklung an den Börsen vorwegzunehmen, das halte ich für ein unhaltbares Märchen. Direkt von naiv ist der Glaube, man müssen nur genug Daten zur Verfügung haben und die richtige Formel – und schon steht einem der Blick in die Zukunft offen. Recht betrachtet hat das stark etwas von Astrologie. Auch Astrologie ist sehr mathematisch, das ist aber noch keine Garantie für deren Richtigkeit.

Außerdem ist die Idee, mit geeigneten mathematischen Modellen die Aktienkurse in den Griff zu bekommen, sehr alt. Im wissenschaftlichen Bereich beschäftigt man sich damit schon mindestens ein halbes Jahrhundert. Man hat es mit statistischen Methoden versucht, mit Fuzzy-Logik, mit Chaostheorie, mit Extremwerttheorie, ich weiß nicht mit was alles. Meines Wissens ist bis heute nichts wirklich Handfestes dabei herausgekommen.

Die Hoffnung, mittels Mathematik einen Wissensvorsprung an der Börse zu haben, halte ich für sehr illusionär. Und immerhin bin ich selbst Mathematiker. Überhaupt ist mein Gefühl, dass, je weniger Ahnung jemand von Mathematik hat, umso eher sich jemand dazu verführen lässt, Mathematik für die Heilsbringerin bei Finanzprognosen zu halten.

Aus meiner Sicht ist klar, dass Computerfonds und deren quantitativen Modelle vor allem eines sind: ein Marketing-Instrument, um Kundengelder anzulocken. Eine Mode, wie es sie immer wieder im Finanzbereich gibt. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere: vor etwa 15 Jahren galten Hedgefonds als die große Erleuchtung. Heute redet niemand mehr davon.

Normalerweise gehen Entwickler quantitativer Modelle so vor. Es wird ein Pool von Vergangenheitsdaten hergenommen, der einige Jahre zurückreicht. Auf dieser Basis wird versucht, eine mathematische Formel zu finden, in die man als Input bestimmte Vergangenheitsdaten eingibt und dann die Aktienkurse als Output erhält. Die Formel wird so lange verbessert, bis die Vergangenheitsdaten möglichst gut die historischen Börsenverläufe modellieren.

Haben die Entwickler endlich eine solche Formel, dann sind sie zuversichtlich, sie auch auf neue Datensätze anzuwenden. Das ist dann sozusagen die Nagelprobe. Man nimmt also beispielsweise die aktuellen Wirtschaftszahlen etc., steckt sie in die Formel und sieht zu, was das Modell über die künftige Aktienkursentwicklung sagt. Wenn die Entwickler Glück haben, dann erhalten sie tatsächlich eine zutreffende Prognose. In diesem Fall ist der Jubel groß und man glaubt, wirklich ein gutes mathematisches Modell gefunden zu haben.

Oft genug stimmt die Prognose aber nicht. Dann machen sich die Entwickler wieder an die Arbeit, verbessern ihre Formel, damit jetzt auch die neuesten Datensätze das richtige Ergebnis liefern. Und dann kommt wieder der nächste Test anhand aktueller Daten. Und wieder haben die Entwickler entweder Glück oder Pech. In letzterem Fall wird die Formel einfach „weiterentwickelt“. Die Hoffnung ist, so eine immer bessere Annäherung an die „Wahrheit“ zu bekommen.

Die traurige Erkenntnis wird aber über kurz oder lang kommen: So sehr sie sich auch bemühen und immer wieder ihre Formel weiter anpassen, die Prognosegüte ihres mathematischen Modells wird jedes Mal aufs Neue nicht viel höher sein als 50%. Und dann könnte man sich diese ganze Arbeit auch sparen.

Ich erlebe es immer wieder, dass Anleger einfach nur nach einem guten Investment fragen. Naja, was ist denn ein „gutes Investment“. Die erste Idee könnte ja sein, und wahrscheinlich meinen das die meisten genau so: eine Geldanlage, die erstens möglichst sicher ist und zweitens möglichst viel Rendite bringt. Das ist sozusagen die perfekte Geldanlage. Maximale Rendite und Null Risiko.

Und offenbar glauben bis heute genügend Menschen, dass es so etwas tatsächlich gibt. Vielleicht besteht auch die Auffassung, dass das gerade einen guten Anlageberater auszeichnet: Geldanlagen zu kennen, die mit Sicherheit viel bringen. Oder dass es so etwas wie Geheimtipps gibt, zu denen man nur Zugang bekommen muss, und schon gehört man zu dem auserwählten Kreis derjenigen, die hohe Renditen erzielen aber kein Risiko mehr zu tragen haben.

Wenn man darüber nachdenkt, dann müsste eigentlich klar sein, dass es so etwa nicht gibt. Es ist eine ganz banale Binsenweisheit, dass bei der Geldanlage Rendite und Risiko immer zusammen sind. Wer hohe Renditen will, muss auch hohe Risiken in Kauf nehmen. Und wer Sicherheit will, muss sich mit niedrigen Renditen zufrieden geben. Gans schlicht und einfach.

Und es gibt noch eine einfache Wahrheit. Risiko bedeutet immer auch Verlustrisiko. Wenn ich bereit bin, Risiken einzugehen, bekomme ich nicht unbedingt und in jedem Fall hohe Gewinne zurück. Es kommt auch vor, dass jemand Risiken eingegangen ist und am Ende nicht belohnt wird, d.h. am Ende mit Verlusten aussteigt.

Es gibt nicht die besagten geheimen Anlagetipps. Vielmehr kann man fast mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein Anlageberater, der einem hohe Renditen bei minimalen Risiken verspricht, entweder selbst keine Ahnung hat (was oft genug vorkommt) oder in irgendeiner Form den Anleger belügt. Beides ist nicht sehr erfreulich. Und als Anleger täte man am besten, so schnell wie möglich das Weite zu suchen.

Die traurige Wahrheit ist aber leider, dass die Anleger oft genug betrogen werden wollen. Eben genau das ist dieses Fragen nach einem „guten Investment“. Wenn ich dem Anleger sage, dass ich ihm einen Anlagevorschlag machen kann, bei dem hohe Renditen möglich sind, er sich aber der entsprechenden Risiken bewusst sein muss, – dann ernte ich nicht selten: Enttäuschung.

Dann heißt es: „Der andere Berater hat mir aber … empfohlen und behauptet, dass das absolut sicher ist und Renditen von 5% oder mehr bringen wird.“ Tja, was soll ich da machen? Soll ich den Anleger dann, so wie es der andere Berater getan hat, belügen, nur um ihn als Kunden zu gewinnen? Oder soll ich bei der Wahrheit bleiben auf die Gefahr hin, einen potenziellen Kunden zu verlieren?

Für mich ist die Antwort natürlich eindeutig. Ich werde immer bei der Wahrheit bleiben und ich werde immer so beraten, dass ich hinterher noch in den Spiegel schauen kann. Interessant finde ich hierbei, wie gesagt, vor allem die Tatsache, wie leicht Anlegern die Unwahrheit anzudrehen ist. Ja, wie erfolgreich (zumindest für die Kundengewinnung) die Unwahrheit bzw. die Ahnungslosigkeit ist.  Das ist wirklich interessant. Sozusagen, wenn man eine philosophische Perspektive einnimmt.

Langfristig, davon bin ich fest überzeugt, führt die Unwahrheit natürlich ins Desaster. Und zwar zuerst den Anleger, zweitens aber auch den falsch beratenden Berater.

Zum Schluss noch ein Wort, wie man die Güte eines Investments – meiner Meinung nach – korrekt beurteilen kann. Das Kriterium hierfür liefern immer die Anlageziele des Anlegers. Ein bestimmter Fonds beispielsweise kann für den einen Anleger gut und geeignet sein, nicht aber für einen anderen Anleger. Je nachdem eben, welche Anlageziele die beiden Anleger verfolgen. Darüber werde ich aber vielleicht in einem späteren Beitrag noch schreiben.