Honorarberatung versus Provisionen

Ich bin seit über 15 Jahren in der Vermögensberatung in München tätig. Ich stelle immer wieder fest, wie schwierig es für normale Anleger ist, zu erkennen, ob sie wirklich unabhängig beraten werden oder nicht. Sehr viele Finanzberater behaupten von sich, neutral und unabhängig zu beraten. Aber stimmt das wirklich? Wie kann man das als Laie überprüfen?

Zunächst müsste jedem klar sein: eine kostenlose Beratung kann es nicht geben. In irgendeiner Form muss ein Berater verdienen.

Ich möchte vorneweg einen Vergleich aus dem medizinischen Bereich bringen. Stellen wir uns vor, jemand geht wegen eines bestimmten Leidens zu einem Arzt. Der Patient erwartet eine kompetente Untersuchung, an deren Ende ihm gesagt wird, was er gegen sein Leiden tun könne. Nehmen wir nun an, dass der Arzt in erster Linie mittels der hinterher verschriebenen Medikamente verdienen würde oder mittels der nachfolgend empfohlenen Therapie: Der Patient könnte doch niemals mit einer wirklich neutralen Untersuchung rechnen, nicht wahr?

Genau aus diesem Grunde ist in Deutschland ja der Medikamentenverkauf den Apothekern vorbehalten. Bei diesen kann man dann auch eine „kostenlose“ Beratung erhalten, wobei natürlich klar ist, dass ein Apotheker letztlich ein Interesse hat, Medikamente zu verkaufen. Ein solches Interesse, hofft man, bei Ärzten ausschließen zu können.

Vermögensberatung, auch Honorarberatung ist oft nicht unabhängig

Finanziert sich ein Finanzberater über eine Vermittlungs- oder Abschlussprovision, so ist von vorneherein die Unabhängigkeit fraglich. Ein gewisser Interessenkonflikt ist vorprogrammiert. Denn der Berater verdient ja nur dann, wenn es am Ende zu einem Abschluss kommt. Sei es, dass eine Versicherung oder ein Fonds erworben wird.

Eine Beratung, in deren Verlauf der Berater sagt: „In Ihrem Falle ist es das Beste, wenn Sie gar nichts machen“, ist hier so gut wie ausgeschlossen. Ebenso wird der Berater hier kaum sagen: „Das was Sie brauchen, können Sie leider nicht über mich beziehen, dazu müssen zu … gehen.“ Der Berater müsste schon über die Maßen selbstlos sein und bereit sein, Stunden zu investieren, nur um am Ende gar nichts verdient zu haben.

Berät ein Vermögensberater hingegen auf Honorarbasis, dann ist ein solcher Interessenkonflikt zumindest unwahrscheinlicher. Er ist deswegen aber auch nicht ganz auszuschließen. Denn es gibt Berater, die einerseits auf Honorarbasis beraten, andererseits aber auch noch eine Abschlussprovision vereinnahmen.

Ferner gibt es Honorarberater, die zwar keine Provisionen noch zusätzlich vereinnahmen. Dennoch aber nicht wirklich unabhängig sind. Dann nämlich, wenn sie ein Interesse daran haben, den Kunden langfristig an sich zu binden. Beispielsweise durch regelmäßige Honorarzahlungen. Das Abschlussinteresse eines solchen Honorarberaters besteht in diesem Fall darin, dem Kunden einen lang laufenden Dienstleistungsvertrag  zu „verkaufen“. Auch hier können nicht zu vernachlässigende Interessenkonflikte entstehen.

Die Formel „Honorarberatung = unabhängige Beratung“ greift meiner Auffassung zu kurz. Auch bei einem Honorarberater sollte der Kunde vorher genau hinschauen und prüfen. Ebensowenig ist eine provisionsorientierte Beratung per se schon die schlechtere.

Ein einfacher Test für unabhängige Vermögensberatung

Nachfolgend beschreibe ich eine Art Test, mit dem ein Anleger sehr effizient und schnell die Unabhängigkeit des Beraters überprüfen kann. Und zwar kann man den Finanzberater ganz am Anfang folgende Frage stellen:

  • „Können Sie mich bitte so beraten, dass ich am Ende all Ihre Vorschläge alleine ohne weitere Unterstützung durch Sie umsetzen kann?“

Ziert sich der Finanzberater und findet lauter Ausflüchte, warum es besser ist, am Ende nur über ihn abzuschließen oder nur mit ihm eine langfristige Kundenbeziehung einzugehen, dann sollten alle Alarmglocken anfangen zu läuten. Offenbar hat der Berater in irgendeiner Form ein Abschlussinteresse über das reine Beratungsgespräch hinaus.

Antwortet der Berater ohne Umschweife mit einem klaren Ja, dann ist das ein guter Indikator für eine gute, neutrale Vermögensberatung.

Im Rahmen einer solchen Finanzberatung hat man am Ende ein paar Vorschläge, die man gegebenenfalls  alleine ohne weitere Hilfe selbst umsetzen kann. Jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen, ob man das auf diese Weise wirklich tun möchte. Denn manchmal hat man durchaus handfeste Vorteile, wenn man es nicht alleine, sondern über einen betreuenden Finanzdienstleister macht. Beispielsweise:

  • Manchmal bekommt man über einen Finanzberater bessere Preiskonditionen als wenn man sich als Privatkunden direkt an eine Depotbank oder einen Produktanbieter wendet.
  • Ein Finanzdienstleister kann einem lästige Arbeit abnehmen, die man selbst nicht tun möchte (sei es aus Bequemlichkeit, aus Zeitgründen oder weil man es sich selbst einfach nicht zutraut).

Das sind aber alles Dinge, die man sich stellen kann, nachdem die Vorschläge eines Finanzberaters möglichst ohne weiteres Abschlussinteresse erstellt worden sind.

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