Warum Risikoklassen Unsinn sind

Heute habe ich in der Süddeutschen Zeitung den Artikel „Für immer ich“ gelesen (S. 16). Untertitel: „Menschen utnerschätzen chronisch, wie sehr sich Persönlichkeit und Vorlieben verändern“. Und genau das ist auch das Problem, wenn man bei Banken nach seiner Risikoneigung gefragt wird. In der Regel darf man dann zwische „A – sicherheitsorientiert“ bis „F – spekulativ“ irgendetwas ankreuzen.

Die meisten fühlen sich bei diesem Ankreuzen sehr unwohl. Schon deswegen, weil die meisten eher so denken: „Ein Teil meines Vermögens soll sehr sicher angelegt werden, ein anderer mit moderatem Risiko, und ein kleiner Teil darf ruhig spekulativ angelegt werden.“ Die meisten Menschen denken eher so. Die Idee, dass das gesamte Vermögen komplett sicher oder komplett spekulativ angelegt werden soll, ist fast allen Anlegern fremd.

Und dennoch soll man  sich bei diesen Bank-Befragungen festlegen. Gerechterweise muss ich natürlich erwähnen, dass nicht die Banken sich das ausgedacht haben. Vielmehr sind das Anforderungen, die sich unser Gesetzgber ausgedacht hat. Immerhin mit der guten Absicht, so etwas für den Anlegerschutz zu tun. Ich bezweifle eher, dass das etwas bringt.

Dazu kommt aber eben auch noch, dass sich Risikoneigungen eben auch im Laufe der Zeit ändern können. Heute ist mein Sinn nach Sicherheit, morgen schon habe ich nichts gegen gewisse Risiken und übermorgen will ich vielleicht sogar mit einem Teil meines Geldes spekulieren. Es ist doch absurd anzunehmen, dass ein Mensch einen einmal festgelegte „Risikopersönlichkeit“ ist und bleibt.

Und genau um dieses Sich-Ändern geht es in dem SZ-ARtikel. Zitat:

Menschen glauben, dass sich ihre Vorlieben, Einstellungen und ihre Persönlichkeit in Zukunft kaum ändern werden – obwohl sie wissen, dass sie sich in der Vergangenheit sehr wohl neu justiert haben.

Psychologen haben ihren Befund den Titel ‚Illusion vom Ende der Geschichte‘ verliehen. ‚Menschen betrachten die Gegenwart als einen Wendepunkt in ihrer Biografie, an dem sie endlich die Persönlichkeit geworden sind, die sie für den Rest ihres Lebens bleiben werden‘ …“

Meine Erfahrung im Zusammenhang mit Risikoneigungen ist folgende. Je mehr die Börsen gerade in den Minsubereich rutschen, umso mehr erkennen die Anleger ihren Wunsch nach Sicherheit. Je mehr die Börsen gerade postitiv verlaufen, umso mehr erkennen (dieselben) Menschen gerade ihre Freude am Risiko.

Das Problem dabei ist, dass auf diese Weise mit schöner Regelmäßigkeit gravierende Fehlentscheidungen zustande kommen. Besser ist es, seinen Risikoappetit danach auszurichten, welches Anlageziel man in der Zukunft erreichen will. Das tut in der Praxis aber leider fast keiner …

Ich selbst betreibe eine Vermögensverwaltung in München.

1 Kommentar
  1. Till
    Till sagte:

    Guter Artikel.

    Was ich noch anzumerken habe, dass man zwischen zwei verschiedenen Risikoklassifizierungen unterscheiden muss. Einmal die von dir hier beschriebene, die sich glaube ich auf das Depot bei der Bank selbst bezieht und einmal die von einzelnen Anlagen. Bei zweitem gibt es gerade bei Fonds natürlich schon die Abstufungen von “Ein Teil meines Vermögens soll sehr sicher angelegt werden, ein anderer mit moderatem Risiko, und ein kleiner Teil darf ruhig spekulativ angelegt werden.”.

    Was mich an der ersten Einstufung ein wenig stutzig gemacht hat, dass die Risikoklassen nicht logisch aufgebaut sind. So konnte ich in der 3ten oder 4ten Risikoklasse sichere Aktien aus grossen Indizes wie EUROStoxx, DAX etc. und unter anderem auch dem MDAX kaufen, nicht aber aus dem Dow Jones. Dieser ist nach meiner Empfindung aber mit sichereren Aktien bestückt. Danach habe ich mich auf die höchste Stufe stellen lassen, damit ich frei entscheiden kann und mein Risiko selbst bestimmen kann. Diese ist derzeit aber eher eine moderat, wenn auch mit vielen Dow Jones Aktien.

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