Volker Looman über Vermögensverwalter (die FAZ-Vermögensfrage)

Sehr gerne lese ich samstags die Beiträge von Volker Looman aus Reutlingen im Finanzteil der FAZ. Ich halte sehr viel von Volker Looman und kann ihm mit fast allem, was er sagt, zustimmen. Es gibt kaum einen Finanzanalytiker in Deutschland, den ich mehr schätze.

In seinen Artikeln schreibt er nur manchmal über Vermögensverwalter auf eine Weise, die ich nicht richtig finde….

Looman schreibt besipielsweise in dem Artikel „Wie soll man sich beim Geld beraten lassen?“ (vom 05.01.2013) folgendes:

„Warum beschäftigen Privatleute überhaupt Verwalter? Und warum lassen sich Anleger für die Pflege der Beziehung eine Gebühr in Rechnung stellen, für die es in der Regel keinen Gegenwert gibt? Die Antworten sind ernüchternd. Die meisten Privatleute haben einfach Angst, ihr Geld auf eigene Faust anzulegen. Gleichzeitig sind sie aber nur in Ausnahmefällen bereit, angemessene Honorare für neutrale Beratung zu bezahlen.“

Diese Aussage Loomans könnte man auf fast alle Dienstleistungen übertragen:

  • Warum brauchen wir einen Gärtner?
  • Warum gehen wir zum Reifenwechsel weg und machen es nicht selbst?
  • Warum engagieren wir eine Putzfrau?
  • Oder warum schneiden wir uns in einer Familie nicht gegenseitig die Haare, sondern gehen zum Friseur?

Jedes einzelne Mal könnten wir das auch selbst machen (sofern man ein echter Anhänger des „Do-it-yourself“ ist).

Bleiben wir mal beim Reifenwechsel. Natürlich könnte ich das selbst erledigen. Ich habe aber ehrlich gesagt keine Lust dazu. Also gehe ich in eine KFZ-Werkstatt und lass das von jemanden machen. Ich selbst beschäftige mich lieber mit anderen Dingen, und bin dafür bereit jemand anderes zu bezahlen. Ich bezahle jemanden dafür, dass er/sie mir Arbeit abnimmt, die ich zwar theoretisch auch selbst machen könnte, die ich aber nicht machen will,

  1. weil es mir vielleicht nicht Spaß macht oder
  2. weil ich Zweifel daran habe, dass ich es selbst wirklich gut könnte.

Wer einen Garten hat, kann theoretisch darin alles selbst machen. Manche Leute haben aber keine Lust dazu oder trauen es sich aus irgendwelchen Gründen nicht zu, naja, dann beauftragen sie halt einen Gärtner.

Und genauso ist es auch mit der Vermögensverwaltung. Natürlich kann jeder Mensch, wenn er/sie will, sich selbst um die eigenen Vermögensangelegenheiten kümmern. Aber manche Menschen macht das eben keinen Spaß. Oder (zweiter Grund), sie trauen es sich nicht zu. Und deswegen gehen sie zu jemanden, der ihnen diese Arbeit abnimmt. Insofern geht die rhetorische Frage von Volker Looman: „Und warum lassen sich Anleger für die Pflege der Bezieheung eine Gebühr in Rechnung stellen, für die es ind er Regel keinen Gegenwert gibt?“ an der wirklichen Sachlage vorbei.

Natürlich erhalten die Anleger durch die Arbeit eines Vermögensverwalters einen Gegenwert. Dieser Gegenwert muss nicht heißen: „Der Vermögensverwalter erwirtschaftet höhere Renditen als würde es der Anleger selbst machen.“ Das kann man so nicht sagen. Auch ich bin der Meinung, dass Vermögensverwalter wie alle anderen auch nur mit Wasser kochen, und mal richtig und ein andermal daneben liegen (wie jeder Privatanleger auch). Klar muss sein: Wer zu einem Vermögensverwalter geht, hat damit keine Garantie auf hohe Gewinne ohne Verlustrisiko.

Alles, was ein Vermögensverwalter kann und tut, kann theoretisch auch ein Privatanleger. Das ist aber nicht der Punkt. Der Punkt ist vielmehr, dass manche Anleger keine Lust haben, sich um ihre Vermögensangelegenheiten zu kümmern. Und manche fühlen sich dem einfach nicht gewachsen. Warum auch immer. Und für solche Menschen bietet ein Vermögensverwalter seine Dienste an.

Natürlich gibt es auch Privatanleger, die dafür kein Verständnis haben. Die vielmehr sagen: „Was hast du denn, da ist doch gar nichts dabei. So und so kannst du das auch selbst machen. Du brauchst doch gar keinen Vermögensverwalter. Warum bezahlst du so einen überhaupt?“ – Mit demselben Arguemnt könnte man sagen: „Warum engagierst du überhaupt einen Gärtner, das könntest du doch selbst genauso gut? Oder warum machst du den Reifenwechsel nicht selbst? Oder warum schmeißt du dein Geld zum Fenster raus und lässt eine Putzfrau putzen,  das könntest du auch selbst machen?“ Ja, das stimmt alles. Aber wie gesagt, so funktioniert eben unsere arbeitsteilige Gesellschaft: Fast alles könnte man auch irgendwie selbst machen, aber manchmal zahlt man eben auch gerne dafür, eine Arbeit zu delegieren.

Und manche Menschen delegieren nun mal gerne Ihre Vermögensangelegenheiten gerne an einen anderen Menschen. Das als prinzipiell absurd oder fragwürdig darzustellen, ist – meiner Meinung nach – nicht in Ordnung.

Ich habe tagtäglich mit Anleger zu tun, die mich kontaktieren, weil sie einen Rat in Finanz- und Vermägensdingen haben möchten. Meine Beratung läuft immer so ab, dass ich zunächst klar verstehen möchte, worum es dem Anleger letztlich geht. Also dessen Anlageziele und dergleichen. Interessanterweise fast allen Anlegern, mit denen ich rede, vor ihrem Gespräch mit mir nicht klar. Das ist tatsächlich ein wesentlicher Bestandteile einer guten Anlageberatung, dem Anleger dabei verstehen zu helfen, was er finanziell erreichen will.

Nachdem das geklärt ist, mache ich den Anlegern immer einen Anlagevorschlag, den sie, wenn sie möchten vollständig alleine, umsetzen können. Ich beschreibe detailliert, zu welcher Depotbank man gehen kann, wie man die richtigen Wertpapiere finden kann, gebe Literaturhinweise. Und ich sage jedem einzelnen Anleger: „So und so sollten Sie, meiner Meinung nach Ihr Geld anlegen. Und wissen Sie was, das ist eigentlich kein Hexenwerk. So schwierig ist das nicht….“ Ich erwähne aber auch, dass ich natürlich auch als Dienstleister zur Verfügung stehe, wenn der Anleger – warum auch immer -sich selbst nicht um die Geldanlage kümmern möchte.

Und ich weise klar auf die Vor- und Nachteile beider Wege hin. Wer sich durch mich betreuen lässt hat den Nachteil, dass er mich natürlich bezahlen muss. Logisch. Wer das nicht will, kein Problem, der soll es eben selber machen. Das hat aber auch ein paar Nachteile:

  • Der Privatanleger muss selbst Zeit für die Geldanlage aufbringen (entsprechend disponieren, das Vermögen überwachen, sich auf dem Laufenden halten, etc.)
  • Prvatpersonen haben fast immer schlechterer Konditionen bei Depotbanken im Vergleich zu den Konditionen, die ein Vermögensverwalter bei seinen Kunden hat.
  • Privatpersonen tun sich manchmal schwer, die richtigen Wertpapiere zu finden.
  • Privatpersonen fehlt sehr häufig die notwendige Disziplin, die einmal festgelegte Anlagestrategie konsequent umzusetzen (übrigens ist das auch ein verbreitetes Problem bei den sog. professionellen Anlegern)
  • Privatpersonen unterschätzen sehr häufig die Risiken, die mit bestimmten Anlageformen verbunden sind, weil ihnen die Erfahrung oder entsprechende Hintergründe fehlen.

Wie gesagt, wer diese Punkte gerne in Kauf nimmt und sich lieber das Honorar für einen Vermögensverwalter spart, der soll es machen. Aber manche Leute empfinden es durchaus als Gegenwert, dass sie diese Nachteile nicht haben, und sind dafür bereit, ein Vermögensverwaltungshonorar zu bezahlen.

Ich denke wir sollten so tolerant sein und beide Wege für annehmbar akzeptieren. Der eine geht den einen Weg nach der Do-it-yourself-Methode, der andere beauftragt eben einen Vermögensverwalter. Jeder, wie er es für richtig hält. Unschön aber finde ich es, wenn man den Weg des jeweils anderen schlechtredet.

Ein anderer Punkt ist natürlich: Was ist eine faire Bezahlung für den Vermögensverwalter? Hier bin ich wieder vollständig auf der Linie von Volker Looman. Dass nämlich so mancher Vermögensverwalter einfach zu teuer ist. Und sehr traurig ist es, wenn er sich durch verdeckte Provisionen finanziert. Dies ist aber seit einigen Jahren (mit der Umsetzung der sogenannten MiFID-Regeln in Deutschland) gesetzlich verboten. Jeder Vermögensverwalter in Deutschland ist gesetzlich verpflichtet, seine Kunden über Provisionen zu informieren. Wer das nicht macht, betreibt ein haftungsrechtliches Risikospiel.

Weitere Links: Vermögensverwaltung in München.

 

4 Kommentare
  1. ral
    ral sagte:

    Ihr Einwand ist richtig (für einen Friseur bezahlen wir, warum sollten wir nicht auch für Finanzberatung bezahlen?)- nur trifft er nicht auf Loomans Artikel zu! So wie ich Loomans Artikel (nicht nur diesen) verstanden habe, wendet er sich nicht dagegen, dass ein Finanzberater für seine Beratung Geld nimmt (das macht Looman übrigens auch).

    Was er kritisiert und wo ich persönlich ihm zustimme: Dass der Berater in unserem System nicht für die Beratung selbst Geld bekommt, sondern in der Regel für die Vermittlung des jeweiligen Finanzproduktes (das macht Looman übrigens nicht, soweit ich das beurteilen kann) – mit allen damit verbunden Nachteilen. Loomans Fokus lässt sich dem Titel des Artikels entnehmen: „Die Neutralität in der Finanzberatung bleibt ein frommer Wunsch“

    Ich stimme gern Ihrem vorletzten Absatz zu „Ich denke wir sollten so tolerant sein und beide Wege für annehmbar akzeptieren …“, sogar dem Satz „Unschön aber finde ich es, wenn man den Weg des jeweils anderen schlechtredet.“ Nur dass der letztere Satz nicht auf den von Ihnen zitierten Artikel zutrifft. Er redet ja nicht die Beratung schlecht, sondern die Verquickung von Beratung und Verkauf.

    Und so wie Ihre Vergleiche gut sind, sind die Vergleiche in Loomans Artikel gut: „Kein Bürger kommt auf die Idee, vom Finanzamt einen Steuerspartipp zu bekommen. Und kein Mensch erwartet vor Gericht irgendwelche Hilfe vom Staatsanwalt. Und ausgerechnet beim Geld sollen die Uhren anders laufen?“

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