Fonds-Anleger und der Herdentrieb

Ich habe mir einen Artikel aus der Süddeutschen Zeitung aufgehoben vom 10. September 2012. Der Titel: „Meistens zu spät dran“. Untertitel: „Fonds-Anleger folgen oft dem Herdentrieb – und verlieren so Rendite. Schuld ist der aggressive Vertrieb.“

In diesem Artikel heißt es:

„… Die meisten Anleger kaufen Fonds zum falschen Zeitpunkt – nämlich dann, wenn eine Phase guter Performance bereits abklingt oder gar schon vorbei ist. ‚Im Schnitt sind mehr Anleger bei den Abschwüngen eines Fonds dabei als bei den Aufchwüngen*, sagt Ali Masarwah vom Frankfurter Investment-Anaylsehaus Morningstar.

Masarwah hat das Phänomen am Beispiel mehrerer gut benoteter Fonds untersucht, die regelmäßig stark nachgefragt wurden. Ergebnis: Bei der deutlichen Mehrzahl der Fonds sind die Anleger zur Unzeit eingestiegen – und haben damit auf Rendite verzichtet….

Ein Grund dafür, dass die Anleger mit ihrem Timing häufig falsch leigen, ist der Herdentrieb. ‚Die Leute ssteigen ein, wenn alle eintstiegen‘, sagt experte Masarwah. Dann jedoch sei dein guter Teil des Aufschwungs schon vorbei. Dass die Investoren diesen Fehler zuhauf und immer wieder machen, hat aber nicht nur mit der Psyche zu tun. Schuld daran ist auch die Art, wie die Produkte hier zu Lande vertrieben werden … ‚Die Anleger werden dann von den Vertriebsleuten buchstäblich in die Fonds reinberaten – mit dem Argument vergangner Performance.‘

Mit Sprüchenwie ‚Dieser Fonds ist zuletzt suber gleaufen‘ oder ‚Das ist ein ganz großer Anlegerfavorit‘ machen sich die Berater dabei den Herdentrieb der Anleger zunutze. Wer ihm folgt, erlebt auch bei guten Fonds häufig eine eher bescheidene Renditeentwicklung. Aus Enttäuschung steigen viele Fondsanleger anschließend oft genau dann aus, wenn die Kurse im Keller sind – und realisieren damit eine schlechte Performance.“

Ja, ja, das ist das alte Leid des Geldanlegens. Die meisten Anleger rennen den Entwicklungen immer hinterher. Sie investieren mit Vorliebe in das, was gerade in der unmittelbaren Vergangenheit gut gelaufen ist. Natürlich kann man hier auch den Anlageberatern einen Vorwurf machen. Ich kann aber aus der Praxis erzählen, wie unglaublich schwierig es ist, gegen den Strom zu schwimmen.

Noch vor ein paar Jahren gab es viele Anleger, die mit ihren Schiffsbeteiligungen hoch zufrieden waren. Damals sagte ich jedem, der zu mir in die Beratung kam und eine Schiffsbeteiligung hatte: „Gehen Sie da schnellstmöglich raus. Jetzt können Sie am Zweitmarkt hervorragende Preise erzielen. Nutzen Sie das heute, wer weiß, was hier noch kommen wird …“ Der Leser rate mal, wie viele dieser Anleger damals auf mich gehört haben. – Es war tatsächlich kein einziger. Nicht einer.

Alle arguemntierten in etwa so: „Warum soll ich da jetzt aussteigen, das läuft doch gerade so gut.“

Erst als die Schiffe in den Minusbereich abrutschten, erinnerten sie sich daran, dass ich schon vorher zum Verkauf geraten habe. Nur jetzt war es zu spät. In der Regel konnte man nicht mal zu Niedrigstkrusen am Zweitmarkt mehr Käufer finden.

Ich erlebe das wirklich immer und immer wieder: Manchmal gibt es Phasen, in denen Anleger von bestimmten Anlageformen über die Maßen überzeugt sind. Und wenn man hier als Berater versucht dagegenzureden, dann hat man keine Chance. Aktuell ist das so  mit dem Thema Immobilien in Deutschland. Dabei ist es mehr als offensichtlich, dass hier das nächste Debakel droht. Warum? Schon alleine aus dem simplen Grund, weil heute so ein Ansturm auf diese Anlageklasse stattfindet. Das kann einfach nicht gut gehen.

So war es übrigens auch damals mit den Neuen-Markt-Aktien. Heute schon wieder fast vergessen. Aber auch damals machten das „fast alle“. Jeder, der damals nicht irgendwas mit Neuen-Markt-Aktien machte, galt ja schon fast als Außenseiter.

Oder, wieder ein aktuelles Thema, die Anlageform Gold. Auch das ein typisches Modeinvestment. Über Jahrzehnte hat sich niemand für dieses Edelmetall interessiert. Und plötzlich schmeißen sich die Anleger darauf, als wäre es der letzte Rettungsanker. Auch hier würde mich es eher wundern, wenn hier nicht noch viel Tränen fließen würden.

Das Hauptproblem ist immer, dass sich die Leute von bestimmten Modethemen mitreißen lassen. Da macht nicht nur der Vertrieb mit, das ist auch und vielleicht vor allem die Presse. Da gibt es eine bestimmte allgemeine Stimmungslage. Der Vertrieb nimmt das oft nur auf. Ein Anlageprodukt-Verkäufer will es sich natürlich leicht machen. Und nichts ist leichter, als eine allgemeien Stimmung aufgreifen und dafür das angeblich passende Produkt parat zu haben. Verkäufer mit Rückgrat verkaufen deutlich schlechter. So ist es halt leider.

Schon besser ist es natürlich, wenn sich ein Anleger nicht an einen Anlageprodukt-Verkäufer wendet, sondern zu einem echten Berater. Das kann dann natürlich nur auf Honorarbasis stattfinden. Ein solcher Berater kann dem Anleger dann auch gegebenenfalls unangenehme Wahrheiten sagen. Das ist vielleicht kurzfristig nicht so schön und ein wenig unbequem, langfristig aber sicher zielführender.

 

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