Wie soll eine Anlageberatung aussehen?

Der Gesetzgeber hat je bestimmte Vorstellungen, wie eine Anlageberatung auszusehen hat. Was vielen Anlegern nicht klar ist, ist, dass das sehr unterschiedlich sein kann, je nachdem um welche Art von Geldanlage es sich handelt. Und das hat nicht einmal etwas damit zu tun, wie sicher oder wie riskant die betreffende Geldanlage ist.

Nehmen wir einmal an Herr A geht zu seinem Finanzberater X, weil er mit dem Gedanken spielt, sich an einem geschlossenen Immobilienfonds zu beteiligen. Herr B ghet zu seinem Finanzberater Y, weil er sich überlegt, eine Bundesanleihe zu kaufen. Nachfolgend stelle ich dar, wie unterschiedlich – nach den Vorstellungen des Gesetzgebers – die Beratung aussehen soll…

X berät A mit bezug auf einen geschlossenen Immobilienfonds

Für die Beratung selbst braucht der Berater X keinerlei staatliche Erlaubnisse. Nur wenn e szum Abschluss kommt und X als Vermitteler für den geschlossenen Immobilienfonds auftritt, braucht X eine staatliche Erlaubnis. Nämlich die Erlaubnis nach § 34 c Gewerbeordnung (GewO). Diese Erlaubnis kann im Prinzip jeder erhalten, wenn er nur bei dem zuständigen Gewerbeamt ein Gewerbe als Abschlussvermittler anmeldet. Fachliche Qualifikationen oder dergleichen sind nicht Voraussetzung, um diese Erlaubnis zu bekommen.

Nehmen wir an, X hat diese Erlaubnis nach § 34 c GewO. In der Beratung muss X vor allem auf zwei Dinge achten:

  1. X muss A korrekt über alle Risiken aufklären, die mit dem geschlossenen Immobilienfonds verbunden sind.
  2. X muss A korrekt darüber aufklären, was er an der Vermittlung dieses Fonds verdient.

Diese zwei Punkte sind nicht explizit durch den Gesetzgeber vorgeschrieben. Aber es hat eine Reihe von Gerichtsurteilen gegeben. Und der Berater wäre sehr dumm, über diese beiden Punkte nicht gut aufzuklären. Denn tut er es nicht, kann X in enorme haftungsrechtliche Probleme geraten.

Was X aber nicht tun muss, ist folgendes:

  • Keine detaillierte Befragung des Kunden über seine Einkommens-/Vermögensverhältnisse, seine Risikoneigung oder seine bisherigen Erfahrungen und Kenntnisse mit Finanzprodukten.
  • X muss auch kein Beratungsprotokoll erstellen.

Diese beiden Dinge gilt es nur zu beachten, wenn es um Wertpapiere geht. Und geschlossene Immobilienfonds gelten dem Gesetzgeber (bisher) nicht als Wertpapiere.

Y berät B mit Bezug auf eine Bundesanleihe

Nehmen wir nun an, dass Herr B seinen Finanzberater Y aufsucht, weil er sich überlegt, eine Bundesanleihe zu kaufen.

Alleine für die Beratung benötigt der Berater Y eine staatliche Erlaubnis. Diesmal nicht nach § 34 c GewO, sondern nach § 32 KWG (Kreditwesengesetz). Diese Erlaubnis erteilt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin). Und sie zu bekommen, ist nicht ganz leist. Die Anforderungen dazu sind so hoch, dass es in ganz Deutschland nur etwa 750 Finanzdienstleister mit dieser Erlaubnis gibt. Das sind sehr, sehr wenige.

Wenn Y diese Erlaubnis nicht besitzt, dennoch aber mit bezug auf eine bestimmte Bundesanleihe berät, dann begeht er eine Straftat. In diesem Falle müsste Y Herrn B sagen: „Tut mir leid, ich darf Sie zum Thema Bundesanleihen nicht beraten.“ So offen machen es die meisten Finanzberater jedoch nicht. Da Investmentfonds unter die leichtere Erlaubnis fallen, lenken die meisten Berater dann sehr geschickt auf Fonds ab: „Naja, wenn schon, dann würde ich an Ihrer Stelle den Fonds … kaufen.“

Nehmen wir nun an Y besitzt diese Erlaubnis nach § 32 KWG. Dann hat der Gesetzgeber folgendes Procedere gesetzlich festgelegt.

Erstens muss Y Herrn B unbedingt den WpHG-Fragebogen vorlegen. Hierbei muss B unter anderem  folgende Frgen beantworten:

  • Welche Schulausbildung hat B? (möglicherweise muss man ja annehmen, dass er zu doof ist, ein bestimmtes Wertpapier zu verstehen)
  • Welchen Beruf übt B aus?
  • Wie sehen die Einkommens- und Vermögensverhätnisse von B aus?
  • Welche Risikoneigung hat B?
  • Welche Kenntnisse und Erfahrungen hat B bereits mit Wertpapieren und Finanzdienstleistungen?

Bemerkenswert ist, wie gesagt, dass diese Fragen nicht zu beantworten sind, wenn es um einen geschlossenen Immobilienfonds geht. Geht es aber besipielsweise um einen Bundesanleihe, so muss der Berater die Beratung abbrechen, falls sich der Anleger weigert, all diese Fraten zu beantworten.

Zweitens muss Y bei der Beratung ein paar vorgeschriebene Punkte beachten und protokollieren:

  • Welche Anlageziele verfolgt B mit seiner Geldanlage?
  • Und wenn er mehrere Anlageziele verfolgt: Wie priorisiert er diese Anlageziele? Was ist ihm wichtiger, was weniger wichtig?
  • Wer genau hat das Beratungsgespräch initiiert?
  • Wie lange hat das Beratungsgespräch gedauert?
  • Welche Empfehlung hat der Berater am Schluss gegeben? und mit welcher Begründung?

Auch das sind alles Punkte, die mit Bezug auf geschlossene Immobilienfonds, nach den Vorstellungen des Gestzgebers, keine Rolle spielen. Wohl aber bei einer Bundesanleihe.

Drittens und zu guter Letzt muss B das Beratungsgespräch protokollieren. Das schriftliches Protokoll muss Y unterschreiben und Herrn B übergeben. Ganz egal, ob Herr B am Ende die Anleihe kaufen will oder nicht. Sollte Herr B nach dem Beratungsgespräch kaufen wollen, dann schreibt der Gesetzgeber vor, dass das nur geschehen darf, nachdem Herr B das Protokoll asugehändigt bekommen hat. Also erst Protokoll in der Hand, dann kaufen.

Auch das ist bei einem geschlossenen Immobilienfonds keine gesetzliche Vorschrift. Mit bezug aur eine Anleihe beispielsweise würde der Berater gegen geltendes Recht verstoßen.

Zwei Maßstäbe sind unsinnig

Diese Unterscheidung, je nachdem um welche Art von Anlageprodukt es sich handelt, ist meiner Meinung nach widersinnig. Zumal sie offensichtlich nichts damit zu tun hat, wie riskant eine Anlageform ist.

Eine Bundesanleihe ist ohne Zweifel um vieles sicherer als ein geschlossener Immobilienfonds. Dennoch sind die gesetzlichen Anforderungen an die Beratung mit bezug auf eine sichere Anleihe um viele höher als mit behug auf einen (möglicherweise dubiosen) Immobilienfonds. Seltsam oder?

Ein normaler Anleger kann eine solche Unterscheidung sowieso nicht nachvollziehen. Die wenigsten haben überhaupt je von diesen unterschiedlichen Erlaubnissen gehört. einmal nach § 34 c Gewo, andermal nach § 32 KWG . Dass auch sehr unterschiedlich beraten werden muss: Wer soll das verstehen?

Von dem her ist absolut nachvollziehbar, warum Minister Schäuble darauf drängte, dass geschlossene Fonds künftig wie Wertpapiere zu behandeln sind. Dieser Vorstoß ist jüngst am Widerstand der FDP gescheitert. Schade.

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