Martin D. Weiss: Krisenpropheten und kein Ende

Wer derzeit in einen Buchladen geht und in die Abteilung Wirtschafts- und Börsenliteratur schaut, hat eine große Auswahl von Büchern, die alle die schlimmsten Krisenszenarien behandeln. Man könnte jetzt das Gefühl bekommen: „Naja, wenn so viele Autoren einer Meinung sind, dass alles noch viel, viel schlimmer wird, dann wird daran wohl ein Körnchen Wahrheit sein.“

Wenn man aber genauer hinsieht, kann man aber folgendes feststellen: Vordergründig sprechen die verschiedensten Autoren einheitlich von einer Krise. Im Detail unterscheiden sie sich aber häufig sehr stark, bis hin zu absolut entgegengesetzten Krisenentwürfen.

Beispielsweise ist sich ein Großteil der aktuellen Krisenliteratur einig darin, dass es zu einer hohen Inflation, vielleicht sogar zu einer Hyperinflation oder Währungsreform kommen wird. Der Rat ist dann fast einhellig: Um sein Vermögen zu schützen sollte man in Immobilien oder Gold, eben Sachwerte, investieren.

Es gibt aber auch Bücher, die das Gegenteil beschwören, nämlich das Horrorszenario einer anhaltenden Deflation. In der Samstagsausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 17./18. Juli habe ich die Rezension eines solchen Buches gelesen …

Inflation oder Deflation?

Der US-amerikanische Finanzexperte  Martin D. Weiss hat bereits 2002 ein Buch geschrieben mit dem Titel „The Ultimate Safe Money Guide: How Everyone 50 & over Can Protect, Save And Grow Their Money“ (deutsch etwa: Der ultimative Führer, sein Geld zu sichern: Wie jeder über 50 sein Geld schützen, ansparen und vermehren kann.“ Dieses Buch war in Amerika schnell ein Bestseller. Seit dieser Zeit gibt Martin D. Weiss seinen Börsenbrief „Sicheres Geld“ heraus.

Jetzt hat Martin D. Weiss ein zweites Buch geschrieben, das in Deutschland unter dem Titel Das ultimative Überlebenshandbuch für die wirtschaftliche Depression zu haben ist.

Dieses Buch reiht sich ein in die vielen Bücher, die es derzeit zum Thema Wirtschaftskrise gibt. Das Besondere daran: Hier wird einmal nicht Angst vor Hyperinflation und Währungsreform gemacht  – in dieses Horn stoßen auch die Crash-Propheten Max Otte und Mark Faber – , sondern hier heißt das Schreckgespenst Deflation.

Martin D. Weiss befürchtet also nicht, dass unser Geld immer weniger wert wird und wir unser Vermögen daher mit Sachwerten sichern können. Martin D. Weiss meint viel mehr, dass unser Geld im Laufe der nächsten Jahre immer wertvoller wird und stattdessen Sachwerte immer weiter verlieren werden. Immerhin, das kann man Weiss zugute halten, entspricht dieses Szenario ein wenig mehr der Realität der vergangenen zwei Krisenjahre. In den vergangenen zwei Krisenjahren erlebten wir ja faktisch das Gegenteil einer Inflation. Sachwerte haben auf breiter Front verloren.

Alle, die das Horrorszenario der Hyperinflation an die Wand malen, müssen gestehen, dass dieses Szenario mit der derzeitigen Realität nicht übereinstimmt. Die Inflations-Gäubigen sprechen denn auch von der Zukunft, nicht von der Gegenwart. Nur: Die Zukunft vorherzusagen ist ein fast unmögliches Unterfangen. Zumindest gibt es auch kluge Leute, die mit ihren Analysen zu dem exakt gegenteiligen Ergebnis kommen, und zu diesen gehört Martin D. Weiss.

Martin D. Weiss rät folgendes, um sein Vermögen zu sichern:

  • raus aus allen Schulden,
  • man sollte Bargeld horten,
  • Sachwerte, wie beispielsweise Immobilien, Gold und Aktien, schnellstmöglich verkaufen.

All diese Ratschläge sind das so ziemlich genau das Gegenteil dessen, was die Inflations-Propheten raten.

Was soll ein Anleger tun wenn sich „Experten“ widersprechen?

Für den Anleger stellt sich nun folgendes Problem. Martin D. Weiss gilt ebenso als anerkannter Experte wie beispielsweise die Inflations-Propheten Max Otte und Mark Faber. Weiss rät das eine, Max Otte und Mark Faber das Gegenteil: Woran soll man sich als Anleger nun halten?

Bevor ich auf diese Frage eingehe, ist ja zunächst interessant, dass kluge, anerkannte (angebliche) Experten zu exakt gegenteiligen Ergebnissen kommen. Beide Seiten sind sicher nicht dumm, beide Seiten haben sicher stichhaltige Argumente.

Meiner Meinung nach liegt es doch offensichtlich auf der Hand: Keiner kann wissen, was die Zukunft bringen wird. Wir können so viel nachdenken wie wir wollen, über Geldmenge, Inflation, Deflation etc. Wir können so viele schlaue Argumente sammeln wie wir wollen: Am Ende müssen wir doch zugegen, dass wir nicht den Hauch einer Ahnung haben. Sorry, niemand von uns, auch keine vermeintlichen „Experten“, wissen wohin die Reise geht. Wer das erkannt hat, ist tatsächlich ein wenig schlauer geworden. Um mit Sokrates zu reden: Er ist zu dem Wissen gekommen, dass er nichts weiß.

Wer zu diesem Wissen gelangt ist, kann sich zunächst einmal kaputtlachen über solche „Experten“ wie Martin D. Weiss, Max Otte, Mark Faber und wie sie alle heißen. Sie haben mal recht, und sich haben mal unrecht – ziemlich genau nach dem Zufallsprinzip verteilt. Darauf kommt es aber für sie nicht an. Für sie geht es darum, mit ihren Prophezeiungen Geld zu verdienen. Insofern sind sie nicht anders als Jahremarkts-Wahrsagerinnen, Kaffesssatz-Leser, Astrologen und ähnliche. Ja, es ist nichts anderes als ein Geschäft, Leuten die Zukunft vorherzusagen.

Zukunftsprognosen wecken einen gefährlichen Schein von Sicherheit

Die Menschen brauchen das wohl irgendwie: Gewissheit über die Zukunft. Bzw. eben jemanden, der ihnen mit starken Selbstvertrauen etwas über die Zukunft erzählt. Und gerne sind die Leute für dieses gute Gefühl bereit, Geld zu bezahlen. Auch Martin D. Weiss, Max Otte und Mark Faber tun nichts anderes als dieses Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit zu bedienen.

Gefährlich wird es nur dann, wenn die Menschen sich in einer falschen Sicherheit wiegen. Wenn es nur um dieses Bedürfnis ginge, würde ich sagen: „OK, liebe Crash-Propheten verdient euer Geld wie ihr wollt.“ Es geht aber auch darum, dass solche Propheten ganze Existenzen zersören können. Und deswegen halte ich es für wichtig, solche Scharlatane zu entlarven.

Ich rate also allen Anlegern dringendst: Lassen Sie sich nicht durch Crash-Propheten verunsichern! Lassen Sie sich nicht zu einseitigen Anlageentscheidungen verführen!

Damit komme ich zu der Frage: Woran soll man sich als Anleger halten? Die Antwort ist nämlich direkt banal: Ein kluger Anleger diversifiziert. Er legt einen Teil seines Geldes so an, wie es ein Martin D. Weiss empfiehlt, und er legt einen Teil seines Vermögens so an, wie es ein Max Otte oder ein Mark Faber empfiehlt.

Diversifikation ist nämlich exakt die Strategie, die dem Rechnung trägt, dass wir keine Ahnung davon haben, was die Zukunft bringen wird.

5 Kommentare
  1. Otto Normal Anleger
    Otto Normal Anleger sagte:

    Sehr geehrter Herr Dr. Petereins,

    in Zeiten ausufernder Staatsverschuldung und von der Politik manipulierter Märkten vertraue ich seit Jahren den Argumenten von Ihnen spöttisch in Anführungsstrichelchen gesetzten Experten Martin Weiss, Dr. Faber , Jens Ehrhardt, Claus Vogt, Jim Rogers, Felix Zulauf. Jedenfalls mehr als angestellten „Beratern“ bzw. provisonsgesteuerten Analysten von UBS, Commerzbank und lobbyhörigen Politiker/Innen.

    Faber, Ehrhardt, Martin Weiss Copartner Claus Vogt, Jim Rogers und Max Otte empfehlen seit Jahren Gold als Inflationsschutz und Währungsersatz. Und sie sind, mit Ausnahme von Herrn Otte, momentan skeptisch gegenüber Aktien.

    Durch rechtzeitiges Investion in Gold und den (jetzt überbewerteten) Schweizer Franken habe ich zwei Crashs gut umschifft.

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  2. Weiss Sepp
    Weiss Sepp sagte:

    Diesem Dr. Martin Weiß, „verdanke“ ich, dass ich seit 202 die Hände von Aktien und Fonds gelassen habe- und
    so nichts gewonnen habe. Ohne diesen „Experten, hätte ich mindestens das doppelte Geld!
    Alle Börsenbrief- Schreiber bringen nichts zustande. Beredtes Beispiel ist der „Börsenpfarrer“ Uwe Lang, mit seinen beiden Fonds…

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    • Johannes
      Johannes sagte:

      Der Börsenpfarrer soll mit seinen 71 Jahren aufhören. Der schreibt „Analysen“. Aber in seinen beiden Fonds hängt er weit hinten. Vom „hl. Geist“ wurde der noch nie „erleuchtet“. Bestenfalls ein Theoretiker- genügt ja auch um seinen Börsenbrief zu verkaufen!

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