Scheinbar kostenlose Finanzberatung kommt Anleger teuer zu stehen

Heute habe ich einmal in meinem Archiv gekramt und ein zwei SZ-Artikel gefunden, die schon über ein Jahr alt sind. Dennoch interessant. Am 11. März 2009 standen gleich zwei Artikel in der Süddeutschen Zeitung über die schlechte Qualität der Finanzberatung in Deutschland (Wirtschaftsteil S. 17 und S. 26).

Dort wird zum Beispiel die Geschichte des Herrn H. erzählt:

„Er wollte 100 Prozent Sicherheit für sein Geld … Seit 30 Jahren ist er Kunde bei der örtlichten Raiffeisenbank, seit Jahren bei der gleichen Beraterin … Und nun? Nut hat Herr H. 40.000 Euro verloren.“

Geschädigte Anleger gibt es zuhauf. Anleger, die Ihrem Bank- oder Finanzberater vertraut haben, und heute schwer enttäuscht sind. In der Süddeutschen Zeitung wird auch der Versuch unternommen, die Ursache des Problems zu benennen:

„Derzeit werden solche Berater belohnt, die möglichst viele Produkte verkaufen. Die einen bekommen unmittelbar eine Provision, die anderen erfüllen damit die Zielvorgabe vom Chef, und wieder andere erhalten am Jahresende einen Bonus.“

Weiter heißt es in dem SZ-Artikel: „Für Verbraucherschützer Nauhauser ist das Anreizsystem die Wurzel des Übels. ‚Der Banker wird von den Herstellern der Produkte bezahlt, nicht vom Kunden – er verkauft, womit er verdient.’ … Für Nauhauser ist gute kundenorientierte Beratung eine Seltenheit, sowohl bei Banken als au bei Finanzvertrieben wie MLP oder AWD, die mit unabhängiger Beratung werben. ‚Unabhängig heißt hier nur, dass der Berater nicht an ein einzelnes Unternehmen gebunden ist, er wird trotzdem seine Provisionen maximieren… Am besten wäre es Provisionen für Finanzprodukte komplett zu verbieten.’ …“

Ich selbst biete eine Vermögensberatung auf Honorarbasis an und kann aus meiner Sicht von eigenen Erfahrungen berichten. Ein Teil des Problems sind nämlich auch die Kunden selbst, die für eine qualifizierte Beratung nicht bereit sind, ein Honorar zu bezahlen. Wenn man als Berater keine Provisionen kassiert, wovon soll man denn dann leben? Offensichtlich kann eine provisionsfreie Beratung nur funktionieren, wenn der Kunde bereit ist, dafür zu bezahlen. Viele Anleger sind es aber gewohnt, für eine Finanzberatung – vordergründig – kein Geld auszugeben. Dass dann hintenrum Geld fließt, wird dann entweder nicht gewusst oder einfach verdrängt.

Hier eines meiner Erlebnisse: Eine Dame mittleren Alters hat letztes Jahr Kontakt zu mir aufgenommen. Während unseres ersten Gesprächs war sie fast den Tränen nahe. Über einen sogenannten unabhängigen Finanzberater hat sie sich auf eine zweifelhafte Finanzierung ihrer Wohnung eingelassen. Getilgt sollte über eine Anlageform werden, die inzwischen einen massiven Wertverlust hinnehmen musste.

Die Dame war verzweifelt und suchte Hilfe bei mir. Ich sagte ihr, dass ich dazu gerne bereit bin und auch schon eine Idee für die Lösung ihres Problems hätte. Für eine genauere Analyse würde ich in ihrem Fall nur zwei Arbeitsstunden veranschlagen, wofür sie mir ein Honorar bezahlen müsste.

End vom Lied: Sie lehnte eine Beratung durch mich ab, mit der Begründung, dass sie bisher noch nie für eine Finanzberatung bezahlt hätte. Die Dame wurde durch einen vordergründig kostenlosen Berater in eine brenzlige Situation gebracht. Und sie verharrt lieber in dieser verzweifelten Situation, als ein paar Hundert Euro für eine gute und wirklich zielführende Beratung auszugeben.

Derartige Geschichten könnte ich dutzendweise erzählen. Und was sagt uns das? Dass es schön und gut ist, die gewöhnliche, provisionsgetriebene Finanzberatung zu geißeln. Am Anfang müsste aber ein Bewusstseinswandel bei den Anlegern stehen. Man kann nicht auf der eine nichts bezahlen wollen, und auf der anderen Seite sich beschweren, wenn man dann keine gute Qualität bekommt. Das passt einfach nicht zusammen. Wer eine qualifizierte, gute Beratung will, sollte dafür auch bereit sein, ein Honorar zu bezahlen.

Weiterführend verweise ist auf einen Artikel von Volker Looman: „Richter fordern die Offenlegung der Provisionen“.

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