Glück, Zufall und Anlageerfolg

Ich habe gestern einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung gelesen mit der Überschrift „Glück ist der wichtigste Anlagefaktor – Fondsmanager haben nur selten wirklich Erfolg. Und wenn doch, hat das wenig mit Können zu tun, seit eine neue Studie.“ (S. 25, Autor Markus Zydra).

Darin wird Bezug genommen auf eine aktuelle Studie des amerikanische Ökonomen Eugene Fama, der 3156 Investmentfonds zwischen 1984 und 2006 untersuchte. Das Fazit wird so zitiert: „Es ist unmöglich zu sagen, ob die gute Leistung eines Fondsmanagers nur pures Glück oder reife Leistung ist.“

Interessant fand ich vor allem folgende Zeilen im SZ-Artikel:

„Nun ist es aber nachweislich so, dass mancher Fondsmanager die eigentlich unmögliche Leistung erbringt, immer wieder. Der US-Investor Warren Buffet ist der bekannteste Vertreter dieser ewig erfolgreichen. Alles Fortuna, über 30 Jahre lang nur auf diesen einen Mann konzentriert? Nein, der Eindruck ist, dass es geniale Investoren gibt, die regelmäßig dem Markt eine Nasenlänge voraus sind.“

Nachfolgend erörtere ich, warum diese Zeilen sehr naiv sind…

Nehmen wir einmal an, ein Fondsmanager A hätte 10 Mal hintereinander seinen Vergelichsindex geschlagen. Viele Menschen glauben, dass das ein Beleg für sein Können ist. Denn rein aufgrund von Glück und Zufall 10 Mal hintereinander besser als der Markt zu sein, halten sie für sehr unwahrscheinlich. Manche vergleichen das mit dem Münzwurf und behaupten:

„Dass der Fondsmanager A 10 Mal hintereinander rein zufällig sehr gut abschneidet, entspricht etwa der Wahrscheinlichkeit, dass man 10 Mal hintereinander eine Münze wirft und jedesmal ‚Zahl‘ bekommt. Und das geschieht mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5^10, ist gleich 0,10 Prozent. Also sehr unwahrscheinlich.“

Dieser Vergleich ist aber nicht korrekt. Denn wir haben den Manager A ja erst hinterher identifiziert – nach seiner phänomenalen Erfolgsserie. Bevor er seine Erfolgsserie hatte, also vor 10 Jahren, war er einer von sehr, sehr vielen Fondsmanagern oder Vermögensverwaltern. Damals hatten wir keinen Hinweis darauf, dass er sich für die nächsten 10 Jahre von seinen Mitstreitern abheben würde.

Nehmen wir einmal an, dass er vor 10 Jahren in Konkurrenz stand zu weltweit 20.000 anderen Fondsmanagern und Vermögensverwaltern.

Will man wieder einen Vergleich zum Münzwurf nehmen, dann ist folgendes Modell passend.

Man stelle sich 20.000 Menschen beispielsweise in einem Fußballstadion vor. Jeder dieser Menschen hat eine Münze. Dann lässt man diese 20.000 Personen 10 Mal hintereinander ihre Münze werfen. Wie wahrscheinlich ist es, dass mindestens einer dieser 20.000 am Ende 10 Mal hintereinander (rein zufällig) ‚Zahl‘ geworfen hat?

Das ist das richtige Modell und nicht das oben geschilderte, von dem viele Privatanleger fälschlicherweise ausgehen. Und das ist schon einmal voneweg klar: Die Wahrscheinlichkeit, dass wir von den 20.000 Personen – im Nachhinein – eine finden, die 10 Mal hintereinander Glück hatte, ist beträchtlich höher als mit einer Münze alleine 10 Mal hintereinader einen Treffer zu haben.

Als Mathematiker kann man die Wahrscheinlichkeit berechnen, dass von 20.000 Peronen mindestens einer rein zufällig 10 Mal hintereinander ‚Zahl‘ wirft. Die Wahrscheinlichkeit ist exakt 100 Prozent!

Oder anders fomuliert: Wenn es tatsächlich weltweit 20.000 Fondsmanager und Vermögensverwalter gibt (was locker hinkommt), dann wäre es extrem erstaunlich, wenn wir nicht mindestens einen finden könnten, der 10 Jahre hintereinander besser als alle anderen waren – aber nur deswegen weil er über eine lange Zeit hinweg nur Glück hatte.

So sehen übrigens die Wahrscheinlichkeiten bei längeren Zeiträumen aus:

  • Nach 12 Jahren: 99,2%
  • Nach 15 Jahren: 45,7%
  • Nach 20 Jahren: 1,9%

Also beispielsweise: dass wir einen Fondsmanager (im weltweiten Vergleich) finden, der seit 15 Jahren jedes Jahr besser als seine Benchmark war – und zwar rein zufälligerweise – die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei 45,7%. Eigentlich eine recht hohe Wahrscheinlichkeit.

Der SZ-Autor spricht von einer „eigentlich unmöglichen Leistung“. Faktisch ist gibt es sogar eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir selbst nach 15 Jahren mindestens einen Asset-Manager finden, der jedes Jahr rein zufälligerweise die richtigen Entscheidungen getroffen hat.

Fazit

Eine gute vergangene Performance – selbst über einen langen Zeitraum hinweg – ist kein Garant für Können. Und heute stehen wir exakt vor demselben Problem wie beispielsweise vor 10 Jahren: Wir wissen heute nicht, welcher Fonds-Manager für die kommenden 10 Jahren die besten Ergebnisse bringen wird. Das werden wir erst wieder nach 10 Jahren rückblickend wissen, aber nicht im vorhinein. Und hierfür sind Vergangenheitsdaten noch nicht einmal hilfreich.

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