Gold war nicht immer „die“ Währung

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Es gibt einige Menschen, die zum Gold ein direkt ideologisches Verhältnis haben. Solche Leute behaupten dann solche Dinge wie: „Gold war schon immer das Zahlungsmittel schlechthin.“ Unterstrichen wird das manchmal durch die Behauptung: „Im alten Rom konnte man für eine Unze Gold eine Toga kaufen, vor 100 Jahren konnte man für eine Unze Gold einen guten Anzug kaufen, und der Gegenwert eines Anzugs heute entpspricht auch in etwa dem Wert einer Unze Gold.“

Leider versäumen es solche Leute, ins Geschichtsbuch zu schauen. Im europäischen Mittelalter war Gold beispielsweise die meiste Zeit alles andere als eine gängige Währung …

Sehr gut und lesenswert ist das Buch von Michael North „Kleine Geschichte des Geldes“. Darin kann man nachlesen, dass Karl der Große um das Jahr 800 n.Chr. eine Münzreform einleitete.

Die Grundeinheit waren silberne Pfennigmünzen, auch Denare genannt (1,7 g Silber). 12 Pfennige waren ein Schilling, auch Solidus genannt. Und 240 Pfennige (= 20 Schillinge) waren ein Pfund.

Während die Silberpfennige echte Münzen waren, waren der Schilling und das Pfund die meiste Zeit nur eine Rechnungseinheit. 24 Pfennigmünzen konnte man eben auch einfach als „2 Schillinge“ bezeichnen.

Diese Geldwährung hielt sich in Europa mindestens 500 Jahren und war eine reine Silberwährung – KEINE Goldwährung. Denn Gold war im Europa des Mittelalters sehr, sehr selten. Silberminen hingegen gab es gerade in Deutschland und Böhmen.

Südeuropa (beispielsweise Italien) hatte keine eigenen Silbervorkommen, gelangte aber durch Handel an das edle Metall. Italienische Kaufleute hatten Leder (insbesonder Ziegenleder), sowie Gewürze (Safran, Muskat, Ingwer, Zimt, Anis) und Zucker. Diese Waren tauschten sie gegen Tuche aus Flandern und Brabant.

Die flämischen Kaufleute kauften von den Italienern mehr. Die Differenz erhielten die Italiener in Form von Silber. Die flämischen Kaufleute wiederum bekamen das Silber durch ihren Handel mit Deutschen und Böhmen.

D.h. Silber bzw. Silbermünzen wurden für den Fernhandel verwendet. Michael North schreibt (S. 13):

„Dagegen lief der Binnenhandel [im Mittelalter] … weitgehend münzgeldlos, d.h. auf Tausch- oder Verrechnungsbasis. Für Transaktionen des täglichen Bedarfs schließlich waren die Denare viel zu groß. Entsprechend sind auch im Inland, verglichen mit dem europäischen NOrden und Osten, verhältnismäßig wenig Münzfunde überliefert.

… troz aller Spekulationen lässt sich einMünzgeldumlauf in den Gebieten östlich des Rheins bis ins 11. Jahrhundert nicht nachwiesen. Es ist sogar wahrscheinlich, dass der Rückgang der Silberförderung im Harz nach 1040 nicht nur das Silberangebot für den Fernhandel …, sondern auch für einen binnenländischen Geldverkehr verringerte.“

Die Europäer im Mittelalter hatten also zwar Silbermünzen, aber sicher keine Goldmünzen. Und nicht einmal die Silbermünzen wurden damals für den alltäglichen Einkauf verwendet. Von einer Geldwährung, so wie wir das heute verstehen, kann man also in dieser Zeit nicht sprechen.

Definitiv jedenfalls war Gold im europäischen Mittelalter von ca. 800 bis 1250 kein gängiges Zahlungsmittel. Erst um das Jahr 1250 prägten man in Genua und in Florenz die ersten europäischen Goldmünzen. An das Gold kamen die italienischen Kaufleute durch ihren Handel mit den Moslems.

Denn in Nordafrika und im Nahen und Mittleren Osten gab es viel Gold. Silber war hier übrigens selten. Deshalb war Silber den Muslimen wertvoller als Gold.

Michael North schreibt weiter (S. 26 f.):

„In Westeuropa waren die Versuche der Goldprägung in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts am Rohstoffmangel gescheitert. Weder dem goldenen Penny Heinrichs II. von 1257 noch dem Ecu Ludwigs des Heiligen von 1270 war eine Zukunft beschieden.“

In Deutschland wurden die ersten Goldmünzen erst etwa um 1350 geprägt, damals als sog. rheinischer Gulden.

Wenn man also in die Geschichte schaut, kann keine Rede davon sein, dass Gold „schon immer“ das Zahlungsmittel schlechthin war. Während des europäischen Mittelalters war Gold für ca. 500 Jahre sicher kein gängiges Zahlungsmittel.

2 Kommentare
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Danke für Ihren Kommentar. Ich halte es für definitiv unmöglich, wieder zum Goldstandard zurückzukehren. Es sei denn, wir fallen wieder zurück in mittelalterlich Wirtschaftsformen. Aber in unserer modernen Industriegesellschaft ist der Goldstandard vollkommen inadäquat.

      Nach dem Ersten Weltkrieg war u.a. in Großbritannien der Goldstandard ausgesetzt. In den 1920er Jahren wollte Churchill den Goldstandard unbedingt wieder einführen. John Maynard Keynes warnte dringend davor. Keynes befürchtete, dass Großbritannien durch die Wiedereinführung des Goldstandards in eine wirtschaftliche Krise geraten würde. Trotz seiner Warnungen stellte Großbritannien wieder auf den Goldstandard um. Und es kam genauso wie Keynes vorhergesehen hatte: Großbritannien schlitterte bereits Jahre vor der Wltwirtschaftskrise – bedingt durch den Godlstandard – in eine schwere wirtschaftliche Krise.

      Ich halte die Idee, durch den Goldstandard könnten Finanzkrisen verhindert werden, für direkt absurd. In der Zeit, als der Goldstandard Gesetz war (also im 19. Jahrhundert) gab es ungefähr alle 10 Jahre schwerste Finanz- und Wirtschaftskrisen. Heute weiß man, dass der Goldstandard diese Kirsen verschäfrte. Siehe auch meinen Blog-Beitrag: Viele absurde Theorien zum Gold.

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