De Bono und rückblickend sind wir immer klug

Ich habe mich ja in letzter Zeit ein wenig mit Edward De Bonos neuer Denkschule beschäftigt. Wenn ich abends von der Arbeit nach Hause komme, fragt mich mein Sohn schon, ob wir wieder eine De Bono-Übung machen wollen. Gerade Kinder, denke ich, können an De Bono viel Freude haben.

Mir macht es aber auch Freude. Zumal ich in seinem Buch immer wieder Passagen finde, die man wunderbar mit dem Thema Geldanlage und Börse in Beziehung setzen kann…

So schreibt Edward De Bono auf Seite 82:

„…Rückblickend ist jede schöpferische Idee vernünftig – andernfalls würden wir sie nicht für nützlich halten. Es wäre jedoch falsch zu glauben, wir hätten durch logisches Denken auf diese Idee kommen können, nur weil sie uns in der Rückschau vernünftig vorkommt…“

Diesen Satz könnte ich wie folgt auf das Thema Geldanlage / Börse übersetzen:

„…Rückblickend ist jede gute Anlageidee vernünftig – andernfalls würden wir sie nicht für nützlich halten. Es wäre jedoch falsch zu glauben, wir hätten durch logisches Denken auf diese Idee kommen können, nur weil sie uns in der Rückschau vernünftig vorkommt…“

Dieser Fehler wird fast ständig gemacht. Leute glauben, man könne durch logisches Denken zu richtigen Anlageentscheidungen gelangen. Die gesamte Wirtschaftspresse und -berichterstattung ist von diesem Fehler durchdrungen.

Fast alle glauben: Man müsse nur eine gute, schlüssige Argumentationskette haben, schon winkt der Anlageerfolg.

Hier ein paar Beispiele:

  • „Weil sich China entwickelt wie kaum eine andere Volkswirtschaft, werden chinesische Aktien steigen.“
  • „Weil Öl knapper wird, wird es teurer werden.“
  • „Weil die Staatsverschuldung in den USA ansteigt, wird der Dollar an Wert verlieren.“
  • etc.

Das sind alles logisch klingende Argumente betreffend künftige Entwicklungen. Und basierend darauf machen sehr viele Menschen ihre Anlageentscheidungen. Sie machen das, weil wir ständig solche Begründungen hören mit Bezug auf vergangene Entwicklungen:

  • „Die Aktienkurse sind gefallen, weil die Marktteilnehmer Angst vor einer Zerschlagung der Banken haben.“
  • „Weil die FED die Leitzinsen nicht erhöht hat, haben die Märkte freundlich eröffnet.“
  • „Weil viele Angst vor einer Geldentwertung haben, ist heute vormittag der Goldpreis gestiegen.“

All diese Aussagen sind rückblickende Erklärungsversuche, die sich logisch und vernünftig anhören.

Ich vermute sogar, dass sie größtenteils gar nicht stimmen. Die Aktien steigen oder fallen, der Goldpreis steigt oder fällt im Tagesverlauf, etc. und letztlich weiß niemand genau, warum es an einem bestimmten Tag zu einer betimmten Entwicklung gekommen ist. Wir Menschen sind aber eben so veranlagt, dass wir für jedes Geschehnis einen Grund brauchen. Ohne Grund oder Erklärungsversuch fühlen wir uns unwohl.

In der Wissenschaft spricht man übrigens auch vom Rückschaufehler oder Hindsight-Bias.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert