Was bedeutet die demografische Entwicklung für Anleger?

Nach einer aktuellen Berechnung des Statistischen Bundesamtes vergreist die Bevölkerung in Deutschland und wird weniger. Heute leben etwa 82 Mio Menschen in Deutschland. Im Jahre 2060 werden es voraussichtlich nur noch 65 bis 70 Mio Menschen sein. Das sind zwischen 15 und 20 Prozent weniger als heute.

Die Bevölkerung wird nicht nur weniger, sie wird auch älter. Im Jahr 2060 wird wahrscheinlich jeder dritte Bundesbürger älter als 65 Jahre sein. Derzeit sind etwa 50 Mio Deutsche im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahren, in 2060 werden es 27 bis 34 Prozent weniger sein.

Diese Zahlen sind – recht bedacht – erschreckend und haben sicherlich Konsequenzen für Anleger…

In Folge der skizzierten demografischen Entwicklung sehe ich vor allem zwei kritische Punkte.

(1) Wer heute nicht privat vorsorgt, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in der Altersarmut landen

Leider gehen zu viele Deutsche zu sorglos mit dem Thema Altersvorsorge um. Und wenn sie etwas tun, dann machen sie es mit extrem teuren, ineffizienten Anlageformen. Eines ist zumindest mehr als wahrscheinlich: Dass die staatlichen Versorgungssysteme, so wie wir sie heute kennen, werden in 50 Jahren nicht mehr funktionieren.

Wenn auf jeden Erwerbstätigen in Deutschland 1,6 bis zwei Rentner kommen, dann ist kaum vorstellbar, diese Rentner dann ein solches staatliches Rentenniveau genießen können, wie wir es heute gewohnt sind.

Wer also die demografischen Hochrechnungen ernst nimmt, kommt nicht daran vorbei, sich ernsthaft privat um seine spätere Altersvorsorge zu kümmern.

Ferner kann ich mir kaum vorstellen, dass man in ein paar Jahrzehnten bereits mit 65 in den Ruhestand gehen kann. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden Menschen bis 70 oder darüber hinaus arbeiten müssen.

(2) Immobilien werden tendenziell an Wert verlieren

Das ist eine sehr schlichte Logik: Weniger Menschen brauchen weniger Wohnungen. Und sinkende Bevölkerungszahlen bedeuten fallende Immobilienpreise. Meiner Meinung ist das ziemlich auf der Hand liegend. Gleichwohl gebe ich zu, dass es trotzdem Sonderentwicklungen geben kann. Beispielsweise in attraktiven Großstädten wie München oder Hamburg.

Im FocusMoney wurde ein Interview mit dem Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg veröffentlicht (Link dorthin). Darin sagt er:

Birg: Die demografische Entwicklung wird dazu führen, dass manche Regionen in Deutschland regelrecht veröden .Diese Entwicklung hat bereits begonnen: Die neuen Länder sind besonders stark betroffen. Aber auch das nördliche Ruhrgebiet, Nordbayern, das Saarland sowie Teile Hssens und Baden-Württembergs sieht die Zukunft düster aus. Wer hier eine Immobilie besitzt, wird sich schwer tun, einen Käufer zu finden, der einen adäquaten Preis bezahlt. In manchen Regionen Ostdeutschlands ist man heute schon so weit, Häuser zu verschenken.

Focus Online: Gibt es auch Gewinner-Regionen?

Birg: Ja. Vor allem die großen Wirtschaftsmetropolen wie zum Beispiel München oder Stuttgart profitieren und verzeichnen gegen den Trend soagr steigende Einwohnerzahlen. Das dürfte auch in Zukunft so beliben…“

In den 1950er bis 1960er-Jahren herrschte in Deutschland Wohnungsknappheit. Daher waren in dieser Zeit Immobilien ein gutes Investment. Wer heute noch deutsche Immobilien – unbesehen und allgemein gesprochen – für eine gute Geldanlage hält, sollte den sehr sicheren langfristigen Bevölkerungsschwund in Deutschland berücksichtigen.

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Hand

6 Kommentare
  1. Handundstein
    Handundstein sagte:

    Sicher ein großes Problem. Was die Entwicklung der Immobilienpreise angeht: Da scheint es zumindest auch eine gegenläufige Entwicklung zu geben – nämlich, dass zwar die Einwohnerzahl abnimmt, dafür aber der Wohnraum je Einwohner zunimmt. Also: weniger Menschen, aber trotzdem gleicher oder sogar etwas größerer Bedarf an Wohnraum. Fraglich ist natürlich, inwieweit sich ein solcher Trend über Jahrzehnte fortschreiben lässt. Und persönlich frage ich mich immer, ob die demographische Entwicklung nicht jetzt schon in irgendeiner Form von den Immobilienpreisen reflektiert wird. Oder traue ich dem Markt da zu viel zu?

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    • peterreins
      peterreins sagte:

      Das ist ein beliebtes Argument von Leuten, die auf Immobilien als Geldanlage schwören: Die Menschen werden zwar weniger, beanspruchen aber mehr Wohnraum für sich. Mir kommt dieses Argument sehr dürftig vor. Ich habe das Gefühl, dass sich da Leute an einen sehr mikrigen Strohhalm festhalten.

      Fakt ist, dass man das Gemeinde-Sterben bereits heute beobachten kann. Nämlich in Ost-Deutschland. Es kommen hier übrigens ganz schnell technische Probleme. Beispielsweise müssen öffentliche Abflussrohre eine gewisse Mindestmenge an ständigen Ablauf haben, damit sie sinnvoll betrieben werden können. Auch Straßen und andere Infrastruktur lohnt sich nur dann, aufrecht erhalten zu werden, wenn eine gewisse Anzahl von Menschen in der Region wohnt. Also einfach zu sagen: „Hier haben wir eine Kleinstadt von derzeit 50.000 Einwohnern. Und in 60 Jahren werden dort vielleicht nur noch 25.000 Menschen leben, die dann eben doppelt so viel Platz haben, als die Menschen heute“ funktioniert schlicht nicht aus Gründen der Infrastrutkur.

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  2. Klaus
    Klaus sagte:

    Solche langfristigen demographischen Entwicklungen sind äußerst komplex, da verschiedene Einflussfaktoren zusammenkommen. Neben der absolut sinkenden Bevölkerungszahl ist das vor allem die Verlagerung von Bevölkerung (diese Effekte spüren seit Jahren viele ostdeutsche Gemeinden). Als Reaktion darauf werden dann unter Umständen auch ganze Straßenzüge oder Stadtviertel aufgegeben.

    Es gibt allerdings auch Trends, die dem Rückgang der Bevölkerungszahl entgegen wirken, allen voran die Invidualisierung, die dazu führt, dass es immer mehr Haushalte gibt. Immer mehr Haushalte, in denen immer häufiger nur eine Person wohnt, führen natürlich zu ganz anderen Nachfragemustern auf dem Immobilienmarkt.

    Vor diesem Hintergrund würde ich es als sinnvoll einschätzen, in kleinere Wohnungen (2-3 Zimmer) zu investieren. Denn hier dürfte die Nachfrage (besonders in wirtschaftlich starken Regionen) auch langfristig hoch bleiben, wenn nicht sogar noch weiter steigen.

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    • peterreins
      peterreins sagte:

      Dass die Bevölkerungszahl in Deutschland sinken wird, ist eine an Sicherheit grenzende Gewissheit. Ich gebe Ihnen auch recht, dass es -bislang- einen Trend zu kleineren Wohneinheiten gab. Ob dieser Trend sich auch noch über die nächsten Dekaden hin weiter fortsetzen wird, das kann sein – muss aber nicht. Es könnte z.B. auch aus irgendwelchen Gründen zu gegenläufigen Entwicklungen kommen, vielleicht wieder hin zur Großfamilie oder zu Wohngemeinschaften. Vielleicht sogar aus wirtschaftlichen oder aus praktischen Gründen? Niemand von uns besitzt eine Glaskugel. Und es ist sehr, sehr gefährlich einen bestehenden Trend einfach so in die Zukunft verlängern zu wollen (1910 gab es beispielsweise einen Trend zu immer mehr Pferden, der dann ab den 1920er Jahren einen starken Knick bekam. Oder bis in die 1960er Jahre gab es einen Trend zu vielen Kindern. Oder von 1996 bis 2006 sind US-Immobilien jedes Jahr um etwa 10% wertvoller geworden). Insofern halte ich Ihre Einschätzung, dass kleinere Wohnungen in Zukunft besser gehen werden als große, für eine gewagte Spekulation.

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  3. Mex Silver
    Mex Silver sagte:

    Man weiß nicht, ob in Zukunft eher große oder kleine Wohnungen besser gefragt sind.

    Aufgrund der Globalisierung und der Arbeitsmarktdynamik könnte davon ausgegangenen werden, dass der Trend zu Großfamilien sich eher schwieriger gestaltet. Großfamilien würden dann wahrscheinlich eher in Häusern am Stadtrand wohnen. Im Stadtzentrum sind Wohnungen/Häuser für Großfamilien aus Kostengründen kaum erwerbbar, da die Preise pro qm wesentlich höher sind.

    Was man vielleicht sicher sagen kann: Ca. 2060 werden ca. 65 Mio. Menschen in Deutschland sein. Und diese Leute müssen irgendwo leben…….

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    • peterreins
      peterreins sagte:

      Danke für den Kommentar. Das mit den Trends ist immer so eine Sache. Ich habe heute mit meiner Frau in einem sehr schönen kleinen Obstladen eingekauft. Dieser Laden läuft offensichtlich sehr gut. Jetzt denken wir mal 20 Jahre zurück. Damals hieß es, dass solche kleine Läden keine Zukunft mehr haben und alle auf kurz oder lang aussterben werden (erinnern Sie sich noch?). Das war damals ein klarer Trend: weg von kleinen „Tante-Emma-Läden“, hin zu Supermärkten. Und heute schon stimmt dieser Trend nicht mehr.

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