Grundsätze soliden Investierens

Heute (16.09.09 )habe ich in der Süddeutschen Zeitung (S. 34) den einen Artikel gelesen mit der Überschrift „Große allgemeine Verunsicherung“. Darin heißt es unter anderem:

„Sie [die Anleger] sind verunsichert, ratlos, ängstlich. Aber gelernt haben sie nichts – die deutschen Anleger. Schon seit zehn Jahrn nimmt das Vertrauen in Banken und Versicherungen ab, das zeigen Untersuchungen für Konsumforschung (GfK).“

Auch in anderen Medienberichten wird bemängelt, dass den meisten Anlegern so etwas wie eine finanzielle Allgemeinbildung fehlt. Die Frage ist natürlich, was sind die grundlegenden Dinge, die man als Privatanleger wissen sollte. Genau das habe ich in meinem Buch „Grundsätze soliden Investierens“ zu beantworten versucht.

Meiner Meinung gibt es 10 gut einprägsame Grundsätze für die Geldanlage. Wenn man die beherzigt, ist man bereits vor den schlimmsten Fehlern geschützt. Nachfolgend beschreibe ich diese Grundsätze kurz ..

In kaum einem Bereich liegen fundierte theoretische Erkenntnis und gelebte Praxis weiter auseinander als im Bereich der Geldanlage. Auf der einen Seite ist die wissenschaftliche Forschung, die zu sehr interessanten und erhellenden Ergebnissen gekommen ist. Auf der anderen Seite ist das Heer der Privatanleger, Anlageberater und Fonds-Manager, die von den Ergebnissen der Wissenschaft offenbar keine Notiz nehmen und vielmehr fröhlich weiter Dinge behaupten, die eigentlich schon längst bestens widerlegt sind.

Vor diesem Hintergrund habe ich zehn „Grundsätze soliden Investierens“ zusammengestellt. Diese Grundsätze sind zum Teil sehr einfach udn einprägsam. Vor allem sind sie aber eines: sie entsprechen dem aktuellen Stand der Finanzmarktforschung.

1. Anlageziele.

Überlegen Sie sich, welche Absicht, Zwecke oder Ziele Sie mit Ihrer Geldanlage verfolgen. Setzen Sie sich Ziele. Aber bleiben Sie gerade mit Ihren Renditeerwartungen realistisch. Der schnellste Weg ins finanzielle Desaster führt über zu hoch gesetzte Renditeziele.

2. Minimieren Sie Ihr Risiko.

Suchen Sie nach Wegen, Ihre Anlageziele mit dem geringst möglichen Risiko zu erreichen. Die aller erste Frage sollte immer sein, ob man seine Ziele vielleicht ganz einfach mittels Fest- oder Tagesgeld erreichen kann. Jede Anlageform, die mehr Rendite als Tagesgeld verspricht, ist mehr oder weniger risikobehaftet. Und Risiko ist keine abstrakte Zahl, sondern sie bedeutet ganz konkret: möglicherweise Verluste oder eine geringere Rendite als erwartet.

3. Vergangenheitsdaten und Charts sind bei der Geldanlage wertlos, häufig sogar gefährlich.

Wir Menschen neigen dazu, Muster erkennen zu wollen, wo tatsächlich nur Chaos und Zufall herrscht. Wenn ein Fonds oder ein bestimmtes Segment zwei Jahre hintereinander sehr gute Ergebnisse erzielt hat, glauben die meisten Anleger bereits an einen „Trend“. Die Börsengeschichte ist voll von tragischen Helden, die über zwei, drei oder mehr Jahre exorbitante Gewinne erzielten, um dann am Schluss in gigantischem Ausmaß Vermögenswerte zu vernichten.

4. Kapitalmarkt-Prognosen sind wertlos, häufig sogar gefährlich.

Machen Sie keine, hören Sie auf keine!Legen Sie Ihr Geld an, möglichst ohne von konkreten Prognosen abhängig zu sein.Wenn Sie glauben, mehr als andere fähig zu sein, richtige Prognosen zu stellen, so unterliegen Sie, wie fast alle Men-schen, einem „übersteigerten Selbstvertrauen“ (overconfidence bias).Wenn Sie jemanden kennen, der behauptet, mehr als andere fähig zu sein, richtige Prognosen zu stellen, so können Sie ziemlich sicher sein, dass diese Person einem „übersteigerten Selbstvertrauen“ unterliegt. Das gilt auch für Anlage-Profis.

5. Sie können nicht erwarten, langfristig den Markt zu schlagen.

6. Minimieren Sie Gebühren.

Das wichtigste Kriterium zur Beurteilung z.B. von Investmentfonds oder geschlossenen Beteiligungsfonds sind die Gebühren. Die netten Geschichten in den Hochglanzprospekten sind größtenteils vollkommen irrelevant, nachdem man sich die Kosten näher angesehen hat.

7. Risikostreuung.

Das wichtigste Kriterium bei der Strukturierung eines Gesamtvermögens ist die Risikostreuung. Übergewichten Sie nicht eine Anlageklasse über die Maßen! Vermeiden Sie es, eine bestimmte Region oder eine bestimmte Branche über die Maßen zu bevorzugen („Home Bias“).

Viele neigen diejenige Anlageklasse überzugewichten, mit der sie sich auszukennen glauben oder mit der sie bereits gute Erfahrungen gemacht haben. Das ist mit der schnellste Weg zu einem schlecht diversifizierten Gesamtvermögen.

Ein weiterer großer Feind der Diversifikation ist die Selbstüberschätzung der Anleger. Viele Privatanleger überschätzen ihre Fähigkeit, Kapitalmarktprgnosen zu erstellen. Und wer glaubt, etwas sicher über künftige Entwicklungen zu wissen, neigt zu einseitigen Wetten und vernachlässigt die Risikostreuung.

8. Anlagehorizont.

Das wichtigste Kriterium für die Auswahl der richtigen Anlageprodukte und Anlagestrategien ist der persönliche Anla-gehorizont des Investors. Sehr häufig haben Anleger mehrere Anlagehorizonte gleichzeitig. Dann muss z.B. ein Teil des Vermögens kurzfristig als Liquiditätsreserve angelegt werden, ein anderer Teil mittelfristig und ein weiterer Teil langfris-tig. Wählen Sie diejenigen Anlageformen, die zu dem jeweiligen Anlagehorizont passen.

9. Risiko-Management.

Die meisten Anleger kaufen sich einfach ein paar Fonds oder Wertpapiere zusammen, machen sich aber keine Gedanken darüber, was zu tun ist, wenn etwas schief läuft. Dafür gibt es verschiedene vernünftige Strategien. Wichtig ist, dass man sich diese Strategien vorher überlegt, am besten strikt quantitativ festlegt und dann konsequent umsetzt.

Legen Sie unbedingt vernünftige „Feuerwehr-Strategien“ fest, und zwar bevor etwas passiert. Und wenn es brennt, setzen Sie diese Strategien automatisch und ohne nachzudenken um.

Meiner Meinung nach besteht der eigentliche Mehrwert, den ein Anlageprofi bringen kann darin, ein gutes Risikomanagement aufzusetzen.

10. Wahren Sie eine innere Distanz.

Bewahren Sie gerade in kritischen Situationen die Nerven. Ständiges Beobachten von Börsenkursen ist nicht nur nervenaufreibend, sondern verleitet nachweislich zu Fehlentscheidungen. Investieren Sie niemals aufgrund einer übertriebenen Gewinnerwartung heraus! Verkaufen Sie nie in Panik! Versuchen Sie den Herdentrieb auszuschalten!

Die meisten kaufen nämlich dann, nachdem die Kurse bereits gestiegen sind. Und die meisten verkaufen dann, nachdem die Kurse drastisch gefallen sind. Ohne klare Strategie und zwar weil sie sich von der allgemeinen Stimmungslage verleiten lassen. Es gibt kaum einen Zweifel, dass ein solches emotionales, unstrukturiertes Vorgehen Anlegern sehr viel Geld (und Nerven) kostet.

Bemerkungen zu Rezensionen zu meinem Buch

 Im Internet gibt es ein paar Rezensionen zu meinem Buch. Von diesen möchte auf zwei hinweisen. Einmal bei amazon von „Bloron“ mit dem Titel „Schwierig zu bewerten„, andermal von dem Privatanleger-Blogger „Buchbesprechung: Grudnsätze soliden Investierens„. Beide haben meinen Buch gegenüber einen Kritikpunkt: dass ich nämlich behaupte, dass ein Anlegergut daran tut, sich in Fragen der Gedlanlage und Finanzen Rat von einem kompetenten Profi einzuholen.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich betonen, dass mein Buch durchaus als „Do-it-yourself“-Buch gedacht war. Ich versuche für Laien verständlich und leicht umsetzbar das zu beschreiben, was ich „Grundsätze soliden Investierens“ nenne.  Der zweite Teil (den ich „Kleines Lexikon der Geldanlage“ genannt habe) erörtere ich eine ganze Reihe von Anlageformen ganz konkret und nachvollziehbar. Sozusagen um die Grundsätze an konrketen Einzelfällen anzuwenden, so dass gerade auch der Laie sehen kann, dass es sich nicht nur um abstrakte Ideen handelt.

Ich mache aber auch keinen Hehl daraus (weder in hier in meinem Blog noch in dem Buch), dass ich der Meinung bin, dass Privatanleger normalerweise in Fragen der Geldanlage sehr schnell an ihre Grenzen kommen. Typische Fallstricke sind:

  • Finanzmathematik. Meiner Erfahrung nach kennen sich die wenigsten Anleger mit Finanzmathematik hinreichend gut aus (übrigens ja leider auch viele sogenannte „Anlageberater“)
  • Die eigene Psyche. Der Bereich der Geldanlage ist voller „optischer Täuschungen“ und Emotionen, die einen in die Irre leiten und Anlegern regelmäßig sehr viel Geld kosten. Ein wirklich professioneller Berater kann hier gegensteuern und ist damit Gold wert.

Das mag man mir glauben oder nicht, das steht jedem frei. Meine Position ist klar: Ein Anleger kümmert sich lieber selbst um seine Finanzen als einem schlechten „Berater“ auf den Leim zu gehen; noch besser, als es alleine zu versuchen, besteht – meiner Meinung nach unzweifelhalf t – darin, mit einem wirklich guten und professionellen Vermögensberater zusammenzuarbeiten.

Es selbst versuchen ist gut, Zusammenarbeit mit einem kompetenten Profi ist besser

Mein Buch ist etwa so gedacht, wie wenn ein Schreinermeister ein Buch schreibt, worauf jemand achten sollte, wenn er vorhat, ein Möbel alleine zu bauen. Da gibt es einige wichtige Punkte, die der Fachmann einem Laien mit auf den Weg geben kann. Und mancher Laie wird vielleicht auch sehr weit kommen. Dennoch ist der Verweis berechtigt, dass – ganz allgemein gesprochen – der Fachmann Erfahrungen und Kenntnisse hat, die nicht so ohne Weiteres durch ein Buch vermittelbar sind.

Genauso ist es bei meinen „Grundsätzen soliden Investierens“. Ein Anleger wird damit sehr, sehr weit kommen können und sich vor allem wappnen können gegen die Scheinargumente und den Unsinn, den viele Finanzvertriebe verzapfen. Ich würde aber direkt einen Fehler begehen, wenn ich behaupten würde: „Anleger, du kannst alles ganz alleine“. In der Regel stimmt das einfach nicht.

Hier zum Abschluss ein kleines Beispiel. Der Finanztest schreibt „Immobilien lohnen sich“ und stellt in einem seiner Artikel eine „Modellrechnung“ auf. Der typische, normale Privatanleger wird sich sagen: „Naja, wenn das der Finanztest schreibt, dann wird es auch stimmen.“

Kaum einer rechnet nach oder setzt sich kritisch mit den Berechnungen des Finanztest auseinander.  So entstehen sehr schnell schlimme Fehlentscheidungen. Ich habe nachgerechnet und die Annahmen des Finanztest kritisch beleuchtet. Auf dieser Basis kann ein Anleger dann – kompetent und professionell vorbereitet – seine eigene Entscheidung treffen.

7 Kommentare
  1. Michal Broska
    Michal Broska sagte:

    Sehr geehter Herr Dr. Peterreins,

    ich halte das sinkende Vertrauen der Verbraucher in Finanzinstitutionen fuer eine langfristige Konsequenz ihrer kurzfristigen Sales-Mentalität. Vielleicht werden unabhängige Vermoegensberater an Vertrauen gewinnen. Dabei druecke ich Ihnen die Daumen.

    MB

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  2. Handundstein
    Handundstein sagte:

    Hallo Dr. Peterreins,

    ich wollte Ihre Empfehlung, sich am besten einen Berater zu suchen, gar nicht unbedingt kritisieren (und in keinem Fall so scharf wie in der Amazon-Rezension). Aber ich bleibe dabei, dass es bessere „Selbsthilfe“-Bücher gibt – obwohl ich Ihr Buch für die grundsätzliche Beschäftigung mit Geldanlage und Anlageformen hervorragend finde, zum einen wegen der reflektierten Darstellung der Materie, zum anderen wegen der Verweise auf weiterführende Literatur an Stellen, wo Sie sich eher kurz fassen.

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  3. Handundstein
    Handundstein sagte:

    Ich finde Kommers „Souverän investieren“ gut, auch wenn es im Vergleich zu Ihren „Grundsätzen soliden Investierens“ nicht viele originelle Gedanken enthält und sehr auf eine einzelne Strategie ausgerichtet ist. Aber die setzt Kommer dann eben konsequent um. Ansonsten finde ich zwei amerikanische Bücher vom Aufbau her sehr gut: Bernsteins „The Intelligent Asset Allocator“ und Malkiels „A Random Walk Down Wall Street“ (dem Kommers Buch stellenweise verdächtig ähnlich ist…). Die haben als Anleitung für deutsche Investoren aber natürlich einen beschränkten Nutzen. „Genial einfach investieren“ kenne ich nicht. Aber Sie haben es gelesen, oder?

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    • peterreins
      peterreins sagte:

      Von den genannten Büchern kenne ich nur „Genial einfach investieren“. Die anderen werde ich mir mal bei Gelegenheit anschauen. Danke für die Hinweise.

      Was Prof. Webers „Genial einfach investieren“ betrifft: Ich bin der Meinung, dass mein Buch erstens umfassender und zweitens konkreter ist. Weber behandelt nur den langfristig orientierten Anleger, die kurze oder mittelfristige Perspektive wird nicht behandelt. Hier kann man nämlich ETFs (meiner Meinung nach) nur begrenzt einsetzen.

      Ich sehe auch bei Prof. Weber das Thema Anlageziele behandelt, das meiner Meinung nach bei der Geldanlage eine Schlüsselfunktion hat. Dann nämlich wenn man Geldanlage nicht von der akademischen Perspektive aus angeht, sondern von der Praxis her, wie ich es in meinem Buch versucht habe.

      Prof. Weber diskutiert zwar Anlagestrategien wie Value-Strategie oder Small-Caps. Aber von der großen Bedeutung von Risikomanagement-Strategien erfährt man bei Weber auch nichts. Auch das ein Thema aus der Praxis.

      In diesen Punkten, denke ich, ist mein Buch um vieles umfassender.

      Konkreter ist mein Buch, weil ich so konkrete Themen behandle wie:
      * Lebensversicherungen
      * Zertifikate
      * Wie finde ich einen guten Vermögensberater?
      * Fallen der Anlagebetrüger
      * etc.

      Ich finde das Buch „Genial einfach investieren“ hervorragend. Aber ich kann die Behauptung wirklich nicht nachvollziehen, dass dieses Buch ein besseres „Selbsthilfe“-Buch als meines sein soll. Was bei Weber steht, steht bei mir auch, bei mir aber noch viel, viel mehr, und vor allem mehr aus der lebendigen Praxis gegriffen.

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      • Handundstein
        Handundstein sagte:

        Wie gesagt: „Genial einfach investieren“ habe ich nicht gelesen. Der Titel klang für mich nur nach Selbsthilfe-Buch, deshalb habe ich den Namen noch in die Diskussion geworfen.

        Wenn man Ihr Buch mit dem von Kommer vergleicht, dann fällt aber auf, dass dieser sich nicht lange mit Differenzierungen und Relativierungen aufhält, sondern eine Anlagestrategie (passives Indexing) vorstellt, begründet, warum sie die einzig wahre ist, und dann einen konkreten Vorschlag zur Umsetzung macht. Das ist m. E. zugleich die Stärke und die Schwäche des Buches: Wer entschieden hat, dass ein diversifiziertes ETF-Portfolio für ihn taugt, dem hilft Kommer auch sehr konkret bei der Umsetzung. Andererseits erweckt er damit aber den Eindruck, dass Geldanlage im Grunde eine enorm einfache Sache ist. Das gelingt ihm aber nur, weil er sich eben nicht eingehend mit verschiedenen Anlagehorizonten oder der Risikotragfähigkeit von Anlegern befasst. Und weil er eben auch fast alle Nicht-Index-Anlagen mit einem Handstreich abtut.

        „Grundsätze soliden Investierens“ finde in dieser Hinsicht viel besser, weil es eben zeigt, dass eine ganze Menge mehr zum Anlageprozess gehört. Und weil tatsächlich viele verschiedene Anlageprodukte mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt werden. Insofern bietet es auch sehr viel mehr Anknüpfungspunkte für eigene Gedanken. Aber es lässt einen eben auch etwas unsicherer zurück. Nicht nur, weil es keine genaue Anleitung zum Aufbau eines nach Bruttoinlandsprodukt gewichteten Portfolios gibt. Man wird einfach auch viel stärker aufgefordert, sich eine Meinung über viele verschiedene Produkte zu bilden, was nicht immer leicht fällt. Als erstes Beispiel fallen mir da immer die Hedgefonds ein.

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        • peterreins
          peterreins sagte:

          Das ist wahrscheinlich exakt der Punkt. Und ich glaube Sie jetzt zu verstehen. Mein Buch gibt keine einfache „Gebrauchsanleitung“ und lässt insofern einiges offen. Ich sage nicht: So und so MUSS es sein. Ich bespreche eben das, was ich die Grundsätze soliden Investierens nenne. Und innerhalb dessen ist der Anleger frei das zu machen, was ihm persönlich verünftig erscheint.

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