Finanzkrise Teil 9: Zweckgesellschaften und Hedgefonds
Gerade was die Bankenkrise in Deutschland betrifft, spielten sogenannte Zweckgesellschaften (auch conduits genannt) eine sehr ungute Rolle. Immerhin wurden Zweckgesellschaften der Sachsen LB, der WestLB, der BayernLB sowie der IKB und Hypo Real Estate zum Verhängnis. Zweckgesellschaften erlaubten es, den Banken ein größeres Rad zu drehen und höhere Risiken einzugehen als es ihnen aufsichtsrechtlich eigentlich erlaubt gewesen wäre.
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Eine deutsche Bank B gründete eine Zweckgesellschaft Z aus Steuerspargründen zumeist im Ausland (häufig in Irland). Ihr Geschäftsmodell bestand in folgendem:
- Z setzt so wenig Eigenkapital wie möglich ein, das von der Mutterbank B zur Verfügung gestellt wird.
- Z investiert langfristig in amerikanische CDOs und MBS-Wertpapiere, deren Verzinsung relativ hoch ist.
- Z refinanziert sich kurzfristig über den Interbanken-Geldmarkt, wobei die Zinsen hier relativ niedrig sind.
- Damit Z überhaupt kreditwürdig war, musste die Mutterbank B für ihre Geschäfte bürgen.
Wegen des hohen Fremdkapital-Hebels und solange CDOs und MBS-Wertpapiere das zu halten schienen, was sie versprachen, waren Zweckgesellschaften regelrechte Gelddruck-Maschinen. Sie kamen aber sehr schnell in große Schwierigkeiten, als sich die hohen Ausfälle bei eben diesen Wertpapieren abzeichneten.
Dann liefen nämlich die kurzfristigen Finanzierungen aus, und niemand wollte stattdessen dafür einspringen. Die Zweckgesellschaften waren also langfristig gebunden, bekamen nun aber nicht mehr die notwendigen kurzfristigen Refinanzierungen zusammen. Das führte notwendigerweise dazu, dass die Zweckgesellschaften amerikanische Hypothekenpapiere auf den Markt schmeißen mussten, was die Kurse noch weiter fallen ließ.
Schließlich brach der Markt für CDOs und MBS-Wertpapiere ganz zusammen, so dass die Mutterbanken in die Pflicht genommen wurden. Das führte dazu, dass die deutschen Banken mit einem Schlag vor ungeheuerlichen Abschreibungen standen, die weit über ihre Eigenkapital-Einlagen bei der jeweiligen Zweckgesellschaft hinaus gingen.
Ein klarer aufsichtsrechtlicher Fehler bestand darin, dass die Geschäftsvolumina der Zweckgesellschaften bei ihren Mutterbanken bisher nicht bilanziert werden mussten.
Übrigens: Was die Zweckgesellschaften in Deutschland waren, waren im angelsächsischen Raum vor allem Hedgefonds. Auch viele Hedgefonds hatten eine ähnliches Geschäftsmodell, wie die oben beschriebene Zweckgesellschaft Z.
Eine Lehre, um künftig ähnliche Krisen zu vermeiden sollte deswegen sein: Wenn eine Mutterbank für eine Zweckgesellschaft oder einen Hedgefonds bürgt, dann müssen die entsprechenden Geschäftsvolumina in der Bilanz der Muttergesellschaft adäquat berücksichtigt werden.
Links zu früheren Blog-Beiträgen zum Thema Finanzkrise:
- Teil 1: US-Hypotheken sind regressfrei
- Teil 2: Der Community Reinvestment Act
- Teil 3: Die Bloos-Regel („Blood out of a stone“)
- Teil 4: Kritik an Prof. Sinns Erklärungen
- Teil 5: Mortgage-Backed Securities
- Teil 6: Collaterized Debt Obligations (CDOs)
- Teil 7: Bilanzierungsregeln – Marktwert- oder Niederswertprinip?
- Teil 8: Eigenkapitalregeln und wie sie die Krise verstärkten
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