Risiken bei Zertifikaten

Nach einem Bericht des Handelsblattes sind Zinszertifikate gerade auf dem Vormarsch. Auch Matthias Kintoff von der DZ-Bank hält nach der Absatzdelle im Herbst 2008 Zertifikate wieder für sehr gefragt (Link zum Interview).

Inzwischen weiß fast jeder Anleger um das Emittentenrisiko, das mit Zertifikaten verbunden ist. Das heißt wenn die emittierende Bank pleite gehen sollte, sieht der Anleger eventuell in die Röhre. Daneben gibt es aber noch andere Risiken …

Bei Zertifikaten muss man in einfach strukturierte und komplex strukturierte Produkte unterscheiden. Einfach strukturiert sind beispielsweise:

  • Index-Zertifikaten (sofern es sich um einen sog. Performance-Index handelt: ähnlich wie ETFs)
  • Discountzertifikate (= Geldmarkt + short Put; siehe auch meine ausführlichen Erläuterungen hierzu)

Wenn man so will, sind das die „guten“ Zertifikate. Daneben gibt es noch die „schlechten“, weil kompliziert gestalteten Zertifikate, wie beispielsweise:

  • Bonus-Zertifikate
  • Expresszertifikate
  • Sprint-Zertifkate
  • Basket-/Strategie-Zertifikate

Warum bezeichne ich diese Zertifikate als „schlecht“? Weil ein normaler Privatanleger sie nicht wirklich verstehen kann. Ganz einfach. Und mit „verstehen“ meine ich, dass man die finanzmathematische Bewertungsformel kennt.

Manche Anleger meinen, sie würden ein komplexes Zertifikat verstehen, weil ihnen der Bankberater erklärt hat, was zum Laufzeitende geschieht. „Wenn der DAX 20% gestiegen ist, aber nicht mehr als 50%, und außerdem der Goldpreis gleichgeblieben ist, dann kann der Anleger eine Rendite von 5% p.a. erwarten, ansonsten …“ Wer will so etwas wirklich verstehen?

Das böse Erwachen kommt dann meistens, wenn sich ein Parameter, von dem der Kunde möglicherweise noch nicht einmal wusste, dass er eine Rolle spielt, darmatisch verändert. Das könnte beispiel die Volatiliät sein, oder das Rating des Emittenten oder eine Veränderung der Tagesgeldzinsen. All das wüsste man, wenn man die finanzmathematische Bewertungsformel bekommt (und nicht nur die Berechnung für den Wert des Zertfikates zum Laufzeitende).

Diese Formeln hüten die Bank aber wie ein Staatsgeheimnis. Denn wenn man die Formel hat, dann könnte der Anleger auch den momentan fairen Preis berechnen. Und auf diese Weise die versteckten Kosten erschließen. Eins ist klar: Wegen der hohen Intransparenz machen professionelle Anleger einen weiten Bogen um kompliziert strukturierte Zertifikate.

Und genau diese Intransparenz macht komplexe Zertifikate auch so riskant. Der Privatanleger kennt erstens in der Regel die relevanten Parameter nicht und kann zweitens nicht abschätzen, wie sich hier eine Veränderung für das Zertifikat auswirkt. Genau das mussten letztes Jahr vor allem Inhaber von Bonuszertifikaten bitter miterleben.

Und wenn Privatanleger schon Zertifikate erwerben, dann vergessen sie zumeist das Wichtigste: nämlich eine vernünftige Risikomamangement-Strategie. Die könnte beispielsweise darin bestehen, dass man sich Stop-Loss-Limits setzt. Auch die Bankberater sind hier in der Regel nicht behilflich. Vielmehr wird hier nach dem Motto angelegt und beraten: „Da wird schon nichts passieren“.  Dieses Motto aber ist die beste Voraussetzung für unerwartet hohe Verluste. Auch das haben Zertifikate-Inhaber letztes Jahr leidvoll erleben dürfen.

Mein dringender Rat an Privatanleger:

  1. Finger weg von komplexen Anlageprodukten, auch wenn ein Berater sie als „ganz sicher“ empfiehlt.
  2. Und wenn man schon kauft, dann unbedingt eine Risiko-Begrenzungs-Strategie vestlegen, und zwar vorher, bevor etwas schief läuft.
1 Kommentar
  1. Michal Broska
    Michal Broska sagte:

    Ich habe mir bereits viele Werbebanner mit allen moeglichen Zertifikaten angeschaut und bei den komplexen einfach aufgegeben, da ich nicht durchblicken kann. Indexzertifikate, die Sie mir empfahlen sind einfach zu verstehen, streuen das Risiko breit und sind dazu auch kosteneffizient.

    Ich bin derzeit auf der Suche nach einem Hypothekendarlehen, da ich eine Wohnung kaufen will. In diesem Zusammenhang gibt es ebenfalls ein sehr gut gehuetetes Bankgeheimnis: die Formel zur Berechnung des Zinssatzes. Die Banken verweisen alibistisch auf Euribor, Bonität des Klienten, Marktentwicklung und ähnliches. Von 10 Banken hat nur eine ihre Formel groesstenteils transparent gemacht, indem sie diese direkt vom Euribor ableitet.

    In der Praxis funktioniert es dann so, dass die Kudnen mit niedrigen Zinssätzen reingeholt werden, um sie dann die geheimen Formeln zu Gunsten der Bank anpassen zu koennen 🙁

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