Rentenversicherung beitragsfrei stellen?

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j0433740Frau C. ist 42 Jahre alt, alleinstehend und hat vor vielen Jahren eine Rentenversicherung abgeschlossen. Sie zahlt derzeit jeden Monat 231,80 Euro ein. Dieser Beitrag erhöht sich jedes Jahr um 3% (man spricht hier von einer Beitrags-Dynamik). Ab dem 1.1.2027 verspricht ihr die Versicherungsgesellschaft eine Rente von 484 Euro. Die garantierte Rente ist deutlich niedriger.

Frau C. kam zu mir mit der Frage, ob es sich für sie lohnt, diese Rentenversicherung beitragsfrei zu stellen. Hier meine Antwort …

Frau C. fragt sich, welche der beiden folgenden Alternativen für sie besser ist:

  1. Die Rentenversicherunge (RV) wird unverändert weitergeführt, oder
  2. die RV wird beitragsfrei gestellt.

Beide Alternativen lassen sich als sogenannte Zahlungsströme darstellen:

RV-Beide-Alternativen

Warum habe ich hier bis 2050 gerechnet? Weil nach der Sterbetafel eine 42-jährige Frau erwarten darf, 83 Jahre alt zu werden.

Die Frage ist jetzt, welcher der beiden Zahlungsströme für Frau C. lukrativer ist. Das zu beurteilen ist nicht leicht, denn auf der einen Seite erhält sie bei der ersten Alternative deutlich mehr Rente, sie muss aber über eine lange Zeit Monat für Monat einzahlen.

Eine finanzmathematische Entscheidungsgrundlage liefert die sogenannte Barwertmethode.  Dabei nimmt man zunächst einen Zinssatz an, sagen wir, für unser Beispiel 3%. Dann kann man zunächst jede einzelne Ein- und Auszahlung eines Zahlungsstroms mit diesem Zinssatz „abzinsen“.

Nehmen wir beispielsweise die Beitragszahlung von 238,75 Euro, die Frau C. genau in einem Jahr zahlen müsste, wenn sie die Alternative 1 beibehält. Diesen Beitrag auf heute abgezinst ergibt:

238,75 / 1,03 = 231,80 Euro 

Und die Rente von 484 Euro, die Frau C. in 19 Jahren bekommt ist heute 276,02 Euro wert (= 484 / 1,03^19).

All diese Ein- und Auszahlungen, die man mit 3% abzinst, kann man schließlich aufsummieren. Und die Summe nennt man den Barwert des Zahlungsstroms zum Zinssatz 3%.

Wenn man das für Frau C. so durchrechnet, dann ergibt sich folgendes:

  1. Barwert der Alternative 1 bei 3% = 3.070 Euro
  2. Barwert der Alternative 2 bei 3% = 12.259 Euro

Was bedeutet das? Wenn es Frau C. für realistisch ansieht, langfristig mit einem anderen Sparplan eine Rendite von 3% zu bekommen, dann ist die Alternative 1 für sie heute 3.070 Euro wert, und die Alternative 2 (Beitragsfreistellung) ist für sie 12.259 Euro wert. Also wäre für sie, so gerechnet,  die Beitragsfreistellung über 9.000 Euro mehr wert als die Fortführung der Versicherung.

Die Crux ist, dass diese Rechnung stark von dem gewählten Zinssatz abhängt. Nachfolgend eine Tabelle, welche Barwerte herauskommen, wenn man andere Zinssätze hernimmt:

Barwerte

Wenn z.B. Frau C. davon ausgeht, selbst nur maximal eine Rendite von 1,5% zu erhalten, wenn sie andere Sparformen wählen würde, dann lohnt sich für sie die Weiterführung der Versicherung.

Sollte Sie aber davon ausgehen, dass sie mehr Rendite als 2% beispielsweise mit einem Fonds-Sparplan bekommen könnte, dann lohnt es sich für sie, ihre Rentenversicherung beitragsfrei zu stellen.

Allerdings ist hierbei ein Aspekt nicht berücksichtigt. Nämlich das, was in der Versicherungssprache „Langlebigkeitsrisiko“ genannt wird. Sollte Frau C. damit rechnen, über die Statistik hinaus sehr alt zu werden, dann kann sich wieder die Beibehalung der Rentenversicherung mehr lohnen.

Quelle der in diesem Beitrag verwendeten Bilder: http://office.microsoft.com/de-de/clipart

16 Kommentare
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Sehr geehrte Frau Hesedenz,
      je länger Frau C. lebt, um so länger muss die Versicherungsgesellschaft zahlen. Gur für Frau C., schlecht für die Versicherung.
      Umgekehrtes gilt, wenn Frau C. früh das Zeitliche segnet, sagen wir mal mit 60. Dann hat sie ihr Leben lang eingezahlt und nie etwas zurückbekommen. Dann wäre es für sie klüger gewesen, wenn sie mehr konsumiert hätte als in die RV einzuzahlen. Sehr schlecht für Frau C., sehr gut für die Versicherungsgesellschaft.
      Der Punkt ist natürlich: Kein Mensch weiß (normalweise), wann einem das letzte Stündchen schlagen wird. Das sind nur Wahrscheinlichkeiten. Bei einer RV trägt die Versicherung das Risiko, dass sie möglicherweise sehr lange zahlen muss.

      Antworten
      • Michal Broska
        Michal Broska sagte:

        Das Risiko einer geringeren Lebenserwartung als die Statistiken uns sagen wird natuerlich in irgendeiner Form abgedeckt. Dies hat wiederum sehr oft Auswirkung auf den Beitragszahler.

        Antworten
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Sehr geehrte Frau Hesedenz,
      je länger Frau C. lebt, um so länger muss die Versicherungsgesellschaft zahlen. Gur für Frau C., schlecht für die Versicherung.
      Umgekehrtes gilt, wenn Frau C. früh das Zeitliche segnet, sagen wir mal mit 60. Dann hat sie ihr Leben lang eingezahlt und nie etwas zurückbekommen. Dann wäre es für sie klüger gewesen, wenn sie mehr konsumiert hätte als in die RV einzuzahlen. Sehr schlecht für Frau C., sehr gut für die Versicherungsgesellschaft.
      Der Punkt ist natürlich: Kein Mensch weiß (normalweise), wann einem das letzte Stündchen schlagen wird. Das sind nur Wahrscheinlichkeiten. Bei einer RV trägt die Versicherung das Risiko, dass sie möglicherweise sehr lange zahlen muss.

      Antworten
      • Michal Broska
        Michal Broska sagte:

        Das Risiko einer geringeren Lebenserwartung als die Statistiken uns sagen wird natuerlich in irgendeiner Form abgedeckt. Dies hat wiederum sehr oft Auswirkung auf den Beitragszahler.

        Antworten
  1. Michal Broska
    Michal Broska sagte:

    Sehr spannend Herr Dr. Peterreins. Solche Informationen bekommt man kaum von einer „Beraterbank“.

    Fällt unter diese finanzmathematische Logik auch eine Direktversicherung?

    Gruesse aus Bratislava

    Antworten
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Ja, Herr Broska, dieselbe Logik gilt bei einer Direktversicherung (DV). Auch hier kann man die Barwertmethode sehr gut anwenden. Die Rechnung wird nur etwas schwieriger, weil man noch folgende Faktoren berücksichtigen muss:
      1. Durch eine DV spart man (in der Regel) Sozialabgaben. Das vermindert während der Einzahlungsphase die Netto-Einzahlungen und verbessert die Rendite der DV.
      2. Man spart durch eine DV Steuern. Auch das mindert die Netto-Einzahlungen.
      3. Am Ende muss aber die Rente bzw. das einmalig ausgezahlte Kapital versteuert werde. Das mindert die Netto-Rendite der DV.
      Meine Erfahrung ist, dass sich die meisten herkömmlichen Lebens- und Rentenversicherungen nicht lohnen, wohl aber DVen. Aber es ist eigentlich nicht statthaft solche Allgemeinaussagen zu machen, man muss immer den konkreten Fall durchrechnen.
      Übrigens habe ich gestern für eine Kundin eine Riester-Rentenversicherung durchgerechnet. Die Rendite liegt hier, MIT den staatlichen Förderungen, bei 1,2%!!!

      Antworten
  2. Michal Broska
    Michal Broska sagte:

    Sehr spannend Herr Dr. Peterreins. Solche Informationen bekommt man kaum von einer „Beraterbank“.

    Fällt unter diese finanzmathematische Logik auch eine Direktversicherung?

    Gruesse aus Bratislava

    Antworten
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Ja, Herr Broska, dieselbe Logik gilt bei einer Direktversicherung (DV). Auch hier kann man die Barwertmethode sehr gut anwenden. Die Rechnung wird nur etwas schwieriger, weil man noch folgende Faktoren berücksichtigen muss:
      1. Durch eine DV spart man (in der Regel) Sozialabgaben. Das vermindert während der Einzahlungsphase die Netto-Einzahlungen und verbessert die Rendite der DV.
      2. Man spart durch eine DV Steuern. Auch das mindert die Netto-Einzahlungen.
      3. Am Ende muss aber die Rente bzw. das einmalig ausgezahlte Kapital versteuert werde. Das mindert die Netto-Rendite der DV.
      Meine Erfahrung ist, dass sich die meisten herkömmlichen Lebens- und Rentenversicherungen nicht lohnen, wohl aber DVen. Aber es ist eigentlich nicht statthaft solche Allgemeinaussagen zu machen, man muss immer den konkreten Fall durchrechnen.
      Übrigens habe ich gestern für eine Kundin eine Riester-Rentenversicherung durchgerechnet. Die Rendite liegt hier, MIT den staatlichen Förderungen, bei 1,2%!!!

      Antworten
  3. Mex
    Mex sagte:

    Ihr Schlußsatz ist gut….

    Jedoch sollte mit einem Auge auch die Inflation berücksichtigt werden. Obwohl das Finanzmathematisch zur Beantwortung Ihrer aufgestellten Hypothesen keinen unterschied machen würde. So wie ich das erkennen kann.

    Aufgrund der Inflation bin ich nicht so sehr ein Freund von Rentenversicherung. Zudem ist im Todesfall das Geld meistens weg (evtl. max. 10 Jahre Zahlung). In einer Rentenversicherung ist nämlich die Verzinsung mehr oder weniger festgelegt. Sollte jedoch eine andere Anlageform gefählt werden, kann ich auch noch dynamisch dies anpassen und darauf reagieren.

    Ein Beispiel:
    Im Jahre 2028 erhält Frau C. ihre Rente. Sollte z.B. 2028-2048 die durchschnittliche Inflation bei 8% liegen (wie gesagt, sie könnte auch bei -8% liegen) und die Zinsen fürs Tagesgeld würden auch um die 8% liegen, könnte Frau C. hierauf nicht mehr reagieren. Im Falle eines Fonds-Sparplan könnte Sie darauf flexibler reagieren.

    In diesem Zusammenhang stelle ich mal eine Frage in den Raum.
    Sollte sich Frau C. entscheiden den monatlichen Betrag bis 2028 einzuzahlen. Was ist für Sie dann besser? Eine monatliche Rente oder eine Einmalzahlung?

    Meine Antwort ist: Abhängig von Ihrem Sterbedatum. Wie sehen dies die anderen?

    Antworten
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Vorneweg kann ich schon mal sagen, die Kaptialoption ist fast immer für den Sparer besser als die Rentenoption. Warum? Weil die Versicherungsgesellschaft natürlich auch während der Rentenauszahlungsphase ihre Gebühren weiter abkassiert. Wohingegen bei eine Kapitalabfindung damit erst mal vorbei ist. Aus dieser Überlegung heraus, kann man schon mal erwarten, dass bei der Kapitaloption mehr herausspringt als bei der Rentenoption.

      Jetzt kenne ich den Betrag, den die Versicherung in 2028 in Aussicht stellt, nämlich 109.496 Euro. Wenn man das druchrechnet, ergibt das dann eine Rendite von ca. 2,9% p.a. Zur Erinnerung: die Rentenoption bringt eine Rendite von schätzungsweise 2% p.a. In 2028 ist es also klüger, sich den Betrag einmalig auszahlen zu lassen.

      Eine Rendite von 2,9% p.a., würde ich sagen, geht so grade noch. Jetzt muss man aber noch wissen, dass es ja der in Aussicht gestellte Betrag PLUS Überschussbeteiligung ist. Der garantierte Betrag liegt deutlich darunter. Das ist also das was im wohl besten Fall herauskommt.

      Und dann, sehr geehrter „Mex“, haben Sie natürlich recht. Wie sich für Frau C. die RV rentiert hängt wesentlich von dem Alter ab, das sie erreichen wird. Wird sie sehr alt, ist die RV ein gutes Geschäft für sie und die Kapitaloption wäre schlecht. Wird sie nicht so alt, ist definitiv die Rente schlecht, die Kapitaloption hingegen gut.

      Das Problem ist nur: In der Regel weiß man nicht im Vorhinein, welches Lebensalter genau man erreichen wird.

      Antworten
  4. Mex
    Mex sagte:

    Ihr Schlußsatz ist gut….

    Jedoch sollte mit einem Auge auch die Inflation berücksichtigt werden. Obwohl das Finanzmathematisch zur Beantwortung Ihrer aufgestellten Hypothesen keinen unterschied machen würde. So wie ich das erkennen kann.

    Aufgrund der Inflation bin ich nicht so sehr ein Freund von Rentenversicherung. Zudem ist im Todesfall das Geld meistens weg (evtl. max. 10 Jahre Zahlung). In einer Rentenversicherung ist nämlich die Verzinsung mehr oder weniger festgelegt. Sollte jedoch eine andere Anlageform gefählt werden, kann ich auch noch dynamisch dies anpassen und darauf reagieren.

    Ein Beispiel:
    Im Jahre 2028 erhält Frau C. ihre Rente. Sollte z.B. 2028-2048 die durchschnittliche Inflation bei 8% liegen (wie gesagt, sie könnte auch bei -8% liegen) und die Zinsen fürs Tagesgeld würden auch um die 8% liegen, könnte Frau C. hierauf nicht mehr reagieren. Im Falle eines Fonds-Sparplan könnte Sie darauf flexibler reagieren.

    In diesem Zusammenhang stelle ich mal eine Frage in den Raum.
    Sollte sich Frau C. entscheiden den monatlichen Betrag bis 2028 einzuzahlen. Was ist für Sie dann besser? Eine monatliche Rente oder eine Einmalzahlung?

    Meine Antwort ist: Abhängig von Ihrem Sterbedatum. Wie sehen dies die anderen?

    Antworten
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Vorneweg kann ich schon mal sagen, die Kaptialoption ist fast immer für den Sparer besser als die Rentenoption. Warum? Weil die Versicherungsgesellschaft natürlich auch während der Rentenauszahlungsphase ihre Gebühren weiter abkassiert. Wohingegen bei eine Kapitalabfindung damit erst mal vorbei ist. Aus dieser Überlegung heraus, kann man schon mal erwarten, dass bei der Kapitaloption mehr herausspringt als bei der Rentenoption.

      Jetzt kenne ich den Betrag, den die Versicherung in 2028 in Aussicht stellt, nämlich 109.496 Euro. Wenn man das druchrechnet, ergibt das dann eine Rendite von ca. 2,9% p.a. Zur Erinnerung: die Rentenoption bringt eine Rendite von schätzungsweise 2% p.a. In 2028 ist es also klüger, sich den Betrag einmalig auszahlen zu lassen.

      Eine Rendite von 2,9% p.a., würde ich sagen, geht so grade noch. Jetzt muss man aber noch wissen, dass es ja der in Aussicht gestellte Betrag PLUS Überschussbeteiligung ist. Der garantierte Betrag liegt deutlich darunter. Das ist also das was im wohl besten Fall herauskommt.

      Und dann, sehr geehrter „Mex“, haben Sie natürlich recht. Wie sich für Frau C. die RV rentiert hängt wesentlich von dem Alter ab, das sie erreichen wird. Wird sie sehr alt, ist die RV ein gutes Geschäft für sie und die Kapitaloption wäre schlecht. Wird sie nicht so alt, ist definitiv die Rente schlecht, die Kapitaloption hingegen gut.

      Das Problem ist nur: In der Regel weiß man nicht im Vorhinein, welches Lebensalter genau man erreichen wird.

      Antworten
  5. Mex
    Mex sagte:

    Das Problem ist nur: In der Regel weiß man nicht im Vorhinein, welches Lebensalter genau man erreichen wird.

    …und deswegen nehme ich Abstand von einer RV!

    Antworten
  6. Mex
    Mex sagte:

    Das Problem ist nur: In der Regel weiß man nicht im Vorhinein, welches Lebensalter genau man erreichen wird.

    …und deswegen nehme ich Abstand von einer RV!

    Antworten

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