Wer nur isst, was er kennt, ernährt sich vielleicht zu einseitig

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42-17371203Menschen haben ihre Vorlieben. Der Volksmund sagt: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.“ Ebenso haben die meisten Privatanleger ihre Vorlieben und Neigungen der Geldanlage. Der eine schwört auf Immobilien, der andere legt all sein Geld in Aktien an, ein Dritter denkt wegen der aktuellen Krise darüber nach, einen Großteil seines Vermögens in Gold zu investieren.

Investiert wird regelmäßig in das, womit der Anleger entweder gute Erfahrungen gemacht hat oder von dem er glaubt, dass es eine große Zukunft vor sich hätte, oder eben in das, was er besonders gut zu kennen glaubt …


Allerdings: Wer nur frisst, was er kennt, ernährt sich vielleicht zu einseitig. Und das ist erstens langweilig und zweitens ungesund. So wie unsere Ernährungsweise möglichst ausgewogen und vielseitig sein sollte, so sollte auch unser Vermögen optimal ausbalanciert sein. Die Schlüsselbegriffe hier sind Vielseitigkeit und Ausgewogenheit, sodass keine Mangelerscheinungen auftreten können. Im Anlagebereich nennt man das Risikostreuung oder Diversifikation.

Man kann ein optimal strukturiertes Vermögen auch mit einem schönen Gemälde vergleichen, bei dem die einzelnen Teile und die Farben gut miteinander harmonieren. Leider kennen viele Privatanleger nur ein oder zwei Farben und von schönen Proportionen oder Komplementärfarben haben sie keine Ahnung.

Wie wichtig Risikostreuung ist, weiß man spätestens seit den Arbeiten von Markowitz in den 1950er-Jahren. Dafür bekam er später sogar den Nobelpreis. Die Erkenntnis lässt sich auf zwei Hauptpunkte zusammenfassen:

  1. Optimal strukturierte Vermögen sind bei gleichem Risiko rentabler, während einseitig angelegte Vermögen unnötig riskant sind.
  2. Um ein Vermögen optimal zu strukturieren, sollten solche Anlageformen kombiniert werden, deren Wertverläufe möglichst gegenläufig oder unabhängig voneinander sind.

Fast jeder hat schon einmal von dem Prinzip der Risikostreuung gehört. In der Praxis aber wird es häufig entweder völlig ignoriert oder so falsch verstanden, dass einfach viele Investments kombiniert werden, ohne auf das zu achten, was wirklich wichtig ist, nämlich die Korrelation zwischen den gewählten Investments.
Wer beispielsweise sein Vermögen auf 10 verschiedene europäische Aktienfonds aufteilt, hat zwar viele Fonds im Depot, aber keine wirkliche Risikostreuung. Denn wenn europäische Aktien in den Keller gehen, werden tendenziell all seine Fonds Verluste machen. Diese Erfahrung haben im letzten Jahr viele gemacht.

Man spricht hier von einer Schein-Diversifikation. Man glaubt diversifiziert zu sein, ist es aber nicht wirklich. Echte Risikostreuung hat man dann, wenn man solche Anlageformen kombiniert, deren Wertentwicklungen möglichst unabhängig voneinander oder sogar gegenläufig sind.

Ein kluger Investor stellt solche Anlageformen zusammen, die möglichst gering oder sogar negativ korreliert sind. Was er auf diese Weise bekommt, ist ein optimal strukturiertes Vermögen. Und das Schöne an einem solchen Vermögen ist, dass es bei gleicher Renditeerwartung sicherer ist als ein einseitig ausgerichtetes Vermögen.
Die große Mehrzahl der Vermögen von Privatanlegern, die ich mir in meiner Beratungspraxis ansehe, sind schlecht strukturiert. Persönliche Vorlieben sind sehr gut erkennbar. Und interessanterweise erlebe ich es momentan gerade in der Krise verstärkt, dass Anleger sich zu sehr einseitigen Anlageentscheidungen hinreißen lassen. Manch einer steckt einen Großteil seines Vermögens in Gold, weil er meint, dass das das Richtige sei, wenn sich die Finanzkrise noch weiter verschärft. Andere stecken ihr gesamtes Vermögen in Immobilien.

Das Problem bei solch einseitigen Entscheidungen ist: Vielleicht haben sie recht, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist beispielsweise Gold eine gute Wahl, vielleicht stürzt der Goldpreis aber wieder ins Bodenlose. Vielleicht ist mit Immobilien das Vermögen geschützt, vielleicht aber hat die demografische Entwicklung einen drastischen Wertverfall zur Folge.

In jedem Fall geht ein Anleger, der übermäßig viel auf eine Karte setzt, unnötig hohe Risiken ein.
Mehr zu diesem Thema in meinem Buch „Grundsätze soliden Investierens“ erschienen im Gabler-Verlag 2008.j03034111

Das Thema „Risiko-Diversifikation“ wird bei Gelegenheit fortgesetzt.

 

 

Quelle der in diesem Beitrag verwendeten Bilder: http://office.microsoft.com/de-de/clipart

4 Kommentare
  1. Marko
    Marko sagte:

    Warum eigentlich so viel Arbeit machen?

    Die Korrelation der Märkte sind doch schon so stark, dass es eigentlich reicht über die Anlageklassen (Gold, Immobilien, Aktien, Anleihen, …) zu diversifizieren und bei Aktien z.B. nur noch einen ETF auf den Stoxx 50 zu kaufen…

    ODER!????

    Herzliche Grüße,
    Marko

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    • peterreins
      peterreins sagte:

      Ich gebe Ihnen Recht, dass der Gleichlauf der Aktienmaerkte (derzeit) sehr hoch ist. Zwei Argumente, warum ich denke, dass es dennoch sinnvoll ist, weltweit zu streuen und auch beispielsweise MidCaps und SmallCaps nicht zu vernachlaessigen.
      Erstens wenn derzeit die Korrelation recht hoch ist, muss das noch nicht heissen, dass das auch in einem Jahr noch so ist. (Bitte nicht von der juengeren Vergangenheit auf die Zukunft schliessen!).
      Zweitens: Selbst wenn die Korrelation hoch ist, so macht es doch einen Unterschied, ob ein Markt 2% oder 10% Plus gemacht hat (beisplielsweise). Beide Maerkte sind zwar gestiegen, also Gleichlauf, aber unterschiedlich hoch. Und genau das hatten wir auch in der juengsten Vergangenheit. Im Zeitraum 1.1.09 bis 30.6.09 war der DAX etwa bei olus/minus Null. der EuroStoxx50 bei +2,4%. Mittlere europaeische Unternehmen bei plus 12,4% und der Nikkei bei plus 4,4%, die Emerging Markets bei ueber 30%.
      Wenn man dann nur auf den DAX gesetzt haette, nach dem Motto „Die Aktienmaerkte entwickeln sich ja doch alle gleich“ hat man viel Rendite in diesen 6 Monaten verloren.

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  2. Marko
    Marko sagte:

    Vielen Dank für Einschätzung!
    Zu Zweitens – kurzfristig (hier in einem 6 monatigen Zeitraum) unterscheiden sich die Korrelationen – aber das gilt langfristig nicht – oder?

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    • peterreins
      peterreins sagte:

      Kein Mensch weiß, wie die Korrelationen in der Zukunft sein werden, weder langfristig noch kurzfristig. Vgl. z.B. den japanischen Aktienmarkt seit 1990 bis heute mit dem amerikanischen. Wer kann mit Sicherheit sagen, ob nicht beispielsweise in den nächsten 10 Jahren Amerika stagnieren wird und der japanische Aktienmarkt boomen wird? Und deswegen, weil das kein Mensch wissen kann, muss man verschiedene Anlageklassen und verschieden Märkte kombinieren. Diversifikation vernachlässigen nur jene, die etwas ganz genau zu wissen glauben. Das sind aber auch genau diejenigen, die immer wieder sehr viel Geld verlieren.

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