Derzeit finden viele Theorien Anklang, die die große Mehrheit noch vor eineinhalb Jahren für absurde Spinnerei abgetan hätte. Ein Beispiel dafür ist Gold. Einige selbsternannte Experten behaupten, dass ein Teil unseres Problems heute darin besteht, dass wir seit den 1970er Jahren den sogenannten Goldstandard abgeschafft haben. Damit ist gemeint, dass früher der Wert einer Währung durch Goldreserven gedeckt war, die die Zentralbank hielt.

Nachfolgend ein paar kritische Gedanken dazu…

Heute ist es einigen unheimlich, dass beispielsweise die EZB – wie es scheint- nach Belieben die Notenpresse anschmeißen kann. Dass hier tatsächlich keine Beliebigkeit am Werke ist, sondern die Maßnahmen sehr wohl überlegt sind, entgeht vielen.

Wer behauptet, dass der Goldstandard eine Lösung für die derzeitige Krise darstellt, kennt offenbar die Wirtschaftsgeschichte nicht. Während des gesamten 19. Jahrhunderts hatte der Goldstandard in den europäischen Staaten und in Amerika Gültigkeit. Damals gab es viel häufiger und in der Regel noch dramatischere Finanzkrisen, als wie sie momentan erleben. Hier ein paar Zitate von Betroffenen, die ich aus dem Buch von Charles Kindleberger entnommen habe („Manien, Paniken Crashs“):

1825. Großbritannien: „Die Öffentlichkeit wurde von einer nie da gewesenen Panik erfasst.“
1837. USA: „Einer der zerstörerischsten Ausbrüche der Panik, die diese Nation je erlebt hat.“
1847. Großbritannien: „Man kann mit gutem Gewissen behaupten, dass die City (London) seit dem Sturz Napoleons nicht mehr so aufgeregt war.“
1857. Großbritannien: „Die Krise des Jahres 1857 war die schwerste, die England oder eine andere Nation je erlebt hat.“
1857. Hamburg: „Eine so vollständige und klassische Panik hat Hamburg nie zuvor erlebt.“
1866. Großbritannien: „Die Krise des Jahres 1866 war die schwerste der Neuzeit.“
1873. Deutschland: „Die langwierigste Krise seit 56 Jahren.“
1882. Frankreich: „Noch nie habe ich eine solche Katastrophe erlebt.“

Während der Zeiten des Goldstandards gab es ungefähr alle 10 Jahre eine schwerwiegende Finanzkrise. Interessant ist auch, dass die Betroffenen jedes Mal glaubten, gerade die schlimmste Finanzkrise zu durchleben, die es je gegeben hat. Und irgendwie ging es doch immer wieder weiter. Wir heute haben den Großteil dieser Krisen sogar schlicht vergessen, nur noch der Historiker weiß noch von ihnen.

Zurück zum Goldstandard. Während des ersten Weltkrieges haben fast alle europäischen Staaten den Goldstandard ihrer Währungen aufgehoben. Etwa ab 1925 haben viele Staaten, darunter auch Deutschland, den Goldstandard wieder eingeführt. Aus heutiger Sicht ist es ziemlich klar, dass der Goldstandard eine große Mitschuld an der schweren Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren hatte. Und eines der ersten wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die die Nazis in Deutschland nach der Machtergreifung unternahmen, bestand darin, den Goldstandard wieder aufzuheben. Mit einer dramatisch positiven Wirkung auf die deutsche Wirtschaft.

Aus diesen historischen Daten heraus halte ich es für eine geradehin absurde Forderung, wir sollten wieder zurück zum Goldstandard. Als wenn dadurch nur irgendein Problem gelöst würde.

Noch eine Bemerkung zum Gold als Gegenstand der Geldanlage. Jeremy J. Siegel stellt in einem sehr langfristig angelegten Vergleich die drei Anlageformen: Aktien, Staatsanleihen und Gold gegenüber (in seinem Buch „Stocks for the Long Run“, auf deutsch „Langfristig investieren„). Hier das Ergebnis:

Wer um 1802 einen US-Dollar (hypothetisch) in den amerikanischen Aktienmarkt gesteckt hätte, und alle Dividenden über die Jahre reinvestiert hätte, der hätte so im Jahre 1992 über 3 Mio USD erreicht.

Wer um 1802 einen US-Dollar in amerikanische Staatsanleihen investiert hätte, und alle Zinserträge wieder in Staatsanleihen reinvestiert hätte, der hätte 1992 ein Vermögen von 6620 USD erreicht.

Wer aber um 1802 einen US-Dollar in Gold investiert hätte, der hätte in 1992 so ein Vermögen von sage und schreibe 13 USD erreicht.

Wer Gold als lohnendes Investment beschreibt, weiß von solchen Zahlen offenbar nichts. Aus Gründen der Risiko-Diversifikation halte ich eine Beimischung der Anlageklasse Rohstoffe für sinnvoll, aber darunter fallen auch andere Edelmetalle, Industriemetalle, Agrarrohstoffe etc. Und alle zusammen sollten sinnvollerweise nicht mehr als 10% des Gesamtvermögens ausmachen.

Vielleicht noch eine Bemerkung zu der Aussage, dass Gold ein sicherer Hafen ist. Diese Aussage stimmt in keinster Weise mit der Realität überein. Kaum ein Investment ist so schankungsreich wie Gold. Noch vor ein paar Wochen über 1000 USD, heute bereits wieder bei ca. 920 USD. Das ist eine kurzfristige Wertveränderung von 7%. Von Sicherheit oder Stabilität also keine Spur.

Wie kommt es dann, dass dass die Aussage vom Gold als sicheren Hafen überhaupt umgeht?

Ich vermute, dass in der kollektiven Erinnerung nicht mehr zwischen „Gold“ und „Geld“ unterscheidet (was ja früher wegen des Goldstandards im Prinzip dasselbe war). Und das ist natürlich eine korrekte (ja direkt triviale) Aussage, wenn man sagt, dass Geld ein sicherer Hafen ist, gerade in Krisenzeiten. Aber heute ist nun mal der Rohstoff Gold was anderes als Geld. Und Gold gehört zu den absolut spekulativen Anlageformen, vom „sicheren Hafen“ keine Spur.
 
Noch eine letzte Bemerkung zu Gold als Zahlungsmittel in Krisenzeiten. Ich frage mich, während welcher historischen Krisenzeit das der Fall gewesen sein soll.  Also in der schlechten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise sicher nicht. Damals waren Zigaretten und Damenstrümpfe gängige Zahlungsmittel, aber nicht Gold. Gold war damals schon deswegen als Zahlungsmittel ungeeignet, weil die Werteinheiten viel zu groß sind. Man versuche einmal mit einer Goldmünze deren Wert, sagen wir, 200 Euro ist, Brot einkaufen zu gehen.  Der Bäcker wird sich freuen mit dem Verweis, dass er gerade nicht genügend Wechselgeld da hat.

4 Kommentare
  1. Konstantin
    Konstantin sagte:

    Hallo

    Danke für diesen interessanten Artikel! Ich habe schon oft hier Beiträge gelesen und freue mich immer wieder über die gleichbleibend gute Qualität.

    Was das Thema selbst angeht:

    Ich würde ja sagen, Gerüchte hin oder her, man darf Gold als Anlage nicht unterschätzen. Wie heißt es so schön? Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast 😉 Über längere Zeit wird sich der Preis so oder so wieder stabilisieren – so war es schon immer und so wird es auch immer bleiben

    Gruß, Konstantin

    Antworten
  2. Frank
    Frank sagte:

    Hallo,

    der Artikel ist sehr interessant, auch nach einem Jahr.

    Was allerdings die Hypothese angeht, gebe ich zu bedenken, dass, wer 2007 1.000, 10.000 oder 100.000 € im Aktienmarkt angelegt hatte, die grosse Chance besaß, 50%, 75% oder alles zu verlieren.

    Gruß, Frank

    Antworten
  3. H.Wurseler
    H.Wurseler sagte:

    Hallo,
    ich kann Ihnen nicht zustimmen.
    Ich bezweifle die genannte Wertentwicklung bei Gold.Haben Sie die Inflation mit einbezogen?
    Die Entwicklung von Aktien mag über so einen langen Zeitraum stimmen, ich bezweifle aber, daß das so weitergehen kann. Seit ca. dem Jahr 2000 tut sich nicht mehr viel. Wer damals in einen Fond investierte, ist jetzt noch im Minus.
    Auch haben Sie bei den genannten Finanzkrisen nicht erwähnt, daß man im schlimmsten Fall halt eine Währungsreform gemacht hat mit den bekannten Folgen.
    Gold als Wertaufbewahrungsmittel ist davon nicht betroffen.
    Zum Einkaufen nach dem großen Knall ist Gold in der Tat zu schade, dafür gibt es ja Silber !

    Mfg
    H.W.

    Antworten
    • peterreins
      peterreins sagte:

      Hallo Herr W.,
      die Wertentwciklung stimmt wohl und ich werde nächste Woche noch einmal einen Artikel zum Thema Gold auf diesem Weblog veröffentlichen. In diesem Zusammenhang habe ich mir noch einmal die Entwicklung des Goldpreises seit August 1980 bis heute angesehen. Wer damals in Gold investiert hat, hat nominal ewa 2% pro Jahr erzielt. Zieht man die Inflation ab, dann liegt ein Goldinvestor für diesen Zeutraum (knapp 30 Jahre) bestenfalls bei plus/minus Null, eher bei einem Minus.

      Noch etwas zum Thema Währungsreform. Ja, in diesem Falle würde Gold gut sein. Aber ich weiß nicht, warum manche Leute hier so fixiert auf Edelmetalle sind. Im Falle einer Währungsreform, wären ALLE Sachwerte gut. Und zu Sachwerten gehören: Rohstoffe, Immobilien UND AUCH Aktien, sowie andere Formen von Unternehmensbeteiligungen.

      Selbst wenn man Angst vor einer Währungsreform hat, besteht kein Grund, einseitig auf Gold oder Silber zu wetten. Vielmehr gilt hier wie immer das Prinzip der Risiko-Diversifikation. Und da stellen Edelmetalle einen Teil des Ganzen dar, neben Immobilien und Aktien. Und da niemand von uns 100%ig weiß, ob wirklich eine Währungsreform kommt und wie genau sie aussehen wird (es könnte ja auch beispielsweise so kommen, dass das Eigentum an Gold konfisziert wird (nur als denkbares Szenario)), sollte man auch einen Teil seines Geldes so anlegen, dass man für das Gegenteil einer Währungsreform (also einer Deflation) gut gewappnet ist.

      Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert